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Horror-Date: Die Denglische

Illustration: jetzt

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Dating-Situation: erstes Date, kennengelernt auf einer Online-Dating-Plattform

Geschlecht und Alter des Dates: weiblich, 29

Horror-Stufe: 3 von 10

Ich benutze manchmal englische Wörter in deutschen Sätzen. Zum Beispiel: location. Oder: fuck. Was ich eher selten bis gar nicht mache, ist deutsche mit englischen Wörtern zu einem denglischen Satz zusammenpuzzeln. Ich weiß aber, dass für andere Denglisch zum Alltag gehört. Unter anderem für mein Date. Das hatte ich online kennen gelernt, und schon in den ersten Nachrichten gab sie üppige Kostproben. Ihre Idee für unser erstes Treffen etwa schrieb sie folgendermaßen: „Wir könnten einfach zum Späti, uns zwei drinks graben und an der Straße chillen.“ 

Es war ein schöner Frühsommerabend, wir konnten tatsächlich draußen sitzen und trinken und uns von uns erzählen. Sie zuerst. In der elften Klasse sei sie in Amerika gewesen, was sie „ziemlich amazing“ fand, also auch „aus today’s point of view“, als Jugendliche würde man ja gar nicht zu schätzen wissen, „wie derbe privileged“ man war. Oha, dachte ich. Aber es kam noch denglischer. Heute sei sie „in einer company“ angestellt, deren „priorities im coffee business“ lägen, und zwar „dem coffee business in South America“. Sie sei „office manager der company“. Ich nahm mir vor, mich darauf zu konzentrieren, wie viele ihrer Sätze kein englisches Wort enthielten. Für die kommende halbe Stunde reichten zwei Hände zum Zählen. 

Sie hatte eine Rückfrage: Wie hieß noch gleich „die small town“, aus der ich kam?

Vielleicht musste ich das Date drehen, dachte ich, vielleicht musste ich einfach mal eine ganze Weile sprechen und dabei ausschließlich deutsche Wörter benutzen. Dann würde sie sich meiner Sprache annehmen, die ja eigentlich auch ihre war, und alles wäre gut. Also erzählte ich und sie hörte zu. So etwa eine Minute lang. Dann hatte sie eine Rückfrage: Wie hieß noch gleich „die small town“, aus der ich kam? Und noch eine: Ob meine Schule auch „so viel Wert auf sports“ gelegt hätte wie ihre? Basketball (von ihr gesprochen mit „ääh“ zu Beginn und „aaw“ zum Schluss) sei ja „voll my thing“ gewesen. Ich weiß gar nicht, was ich peinlicher fand: Das bis zum Äußersten getriebene Denglisch an sich oder die Tatsache, dass sie beim Denglischsprechen ernst bis gelangweilt guckte, als gäbe es nichts Normaleres. 

Jedenfalls wurde klar, dass ich an dem Blödsinn nichts würde ändern können, und das bedeutete: Das war’s mit ihr. Ein zweites Date würde es nicht geben. Und es war eben diese Tatsache, dass es nichts mehr zu gewinnen oder zu verlieren gab, die mich ermutigte, einfach mal nachzuhorchen, warum mein Gegenüber sich dem Denglischen so sehr verschrieben hatte. „Du sprichst gerne Denglisch, oder?“, fragte ich grinsend. Und sie: „Findest du?“ Sie sah mich fragend an und schien gleichzeitig zu überlegen: „Vielleicht bin ich nur nervös.“ Das fand ich dann fast schon wieder süß.

*Der Autor dieses Textes hat darum gebeten, anonym bleiben zu dürfen. Er ist der Redaktion aber bekannt.

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