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„Nacktheit ist der beste Styling-Tipp“

Lizzos Song „Truth Hurts“ hat es auf Platz 1 der „Billboard“-Charts geschafft.
Foto: AFP/Theo Wargo

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Die Rapperin, Sängerin und Aktivistin Melissa Jefferson alias Lizzo ist innerhalb kurzer Zeit zum Weltstar geworden. Mit ihrem dritten Album „Cuz I Love You“ und der Single „Truth Hurts“ steht sie seit Wochen auf Platz 1 der US-Charts. Aber nicht nur für ihre Musik, auch für ihr Engagement beim Thema „Bodypositivity“ wird die 31-Jährige aus Detroit, die inzwischen in Los Angeles lebt, gefeiert. Mit jetzt hat sie darüber gesprochen, wieso sie ihre Karriere vor zwei Jahren fast beendet hätte und warum sie Valentinstage am liebsten mit sich selbst verbringt.

jetzt: Lizzo, wie mutig hat es sich angefühlt, vollkommen nackt auf dem Cover deines Albums „Cuz I Love You“ zu posieren?

Lizzo: Mutig? Pah. Das war nicht mutig. Sondern für mich total normal. Nacktheit ist der beste Styling-Tipp überhaupt. Wenn es nach mir ginge, würde ich mich noch viel häufiger in der Öffentlichkeit ausziehen.

Und siehst du dich auch gerne nackt an?

Hey, mein Körper ist cool, oder findest du nicht? Ich finde mich schön. Ich bin eine klassische Erscheinung, ich bin eine Ikone.

Warst du immer so selbstbewusst?

Ach Gott, nein, ganz bestimmt nicht. In der Schule wurde ich als fettärschiges Mädchen beschimpft und von den anderen gemobbt. Für ein Kind ist das schlimm. Ich war noch zu jung und zu ängstlich, um mich wirklich zu wehren. Aber nach und nach stiegen in mir die Lust und der überlebenswichtige Wunsch auf, mich zu mögen. Ich war es so leid, meinen Körper zu hassen. Meine Songs spiegeln diese Geschichte und meine Entwicklung wider, meine Musik ist das Manifest meiner Stärke.

„Wir schwarzen Frauen übernehmen“

Stimmt es, dass du deine Karriere vor zwei Jahren beinahe hingeschmissen hättest, weil dein Song „Truth Hurts“ kein Erfolg wurde?

Ja, das ist wahr. Für mich war „Truth Hurts“ die stärkste Nummer, die ich bis dahin geschrieben hatte. Aber es sah so aus, als wäre ich so gut wie alleine mit der Ansicht, dass der Song ein Hit ist. Ich war total am Boden. Doch dann drehte sich alles. „Truth Hurts“ landete in der Netflix-Komödie „Someone Great“, mehr und mehr Menschen interessierten sich für mich und mein Album, ich wurde auf Festivals wie das „Coachella“ eingeladen und auf die coole „Met Gala“ in New York. Tja, mein Lieber. Und jetzt sitzen wir hier.

Inzwischen rappst du außerdem mit der „Heldin deines Lebens“, wie du sie nennst: Missy Elliott.

Voll das Klischee, oder? Der Traum des dicken Mädchens wird wahr. Aber so ist es. Missy war eine Sternschnuppe für uns alle. Sie hat uns gezeigt, dass es für eine schwarze Frau möglich ist, im Rap etwas zu bewegen. Das war noch lange vor Nicky Minaj oder Cardi B. Ich weiß auch nicht, wie es mir gelungen ist, sie für mein Album zu bekommen. Wir sind bei derselben Plattenfirma, das hat wohl geholfen. Dann waren wir zur gleichen Zeit in Atlanta, sie hatte Lust, mit mir ins Studio zu gehen, fertig. Das war einer der glücklichsten Tage meines Lebens.

Wie erklärst du dir deinen Erfolg?

Der Trend zum individuellen Ausdruck, zur individuellen Schönheit kommt mir entgegen. Ich bin dick, schwarz und eine Frau. Das sind keine K.O.-Kriterien mehr für eine Pop-Karriere. Ich sage dir jetzt: Wir schwarzen Frauen übernehmen. Lange genug sind wir gegängelt, bevormundet und nicht ernst genommen worden.

„Ich war in diesem Moment stolz auf mich, die Angst überwunden zu haben und zu springen“

Viele nennen dich eine Aktivistin für Themen wie Gleichberechtigung und Body Positivity. Siehst du dich auch als eine?

Fuck, ja, ich bin auf einer Mission. Eine faire, nicht diskriminierende Gesellschaft ist so wichtig wie das Recht zu atmen. Ich arbeite in einem Umfeld, in dem dicke schwarze Frauen kaum sichtbar sind. Aber ich mache den Mund auf, erkämpfe mir einen Platz in der Welt – und stelle fest, dass wir mehr und mehr akzeptiert werden. Ich bin als schwarze Frau geboren und ich bin stolz darauf.

Im Video zu deiner Single „Juice“ zeigst du deine Power: Du machst Aerobic.

Ich wollte zeigen, wie viel Kraft und wie viel Saft in mir steckt. In dem Universum von „Juice“ ist die schwarze Frau die Königin. Sie übernimmt die Regie in allen Belangen. Alle wollen von ihrem Saft probieren. Doch keine Sorge: Es ist genug Saft für alle da.

Im souligen Titelsong „Cuz I Love You“, der an Aretha Franklin oder Amy Winehouse erinnert, klingst du dagegen total verletzlich.

Ich liebe dieses Lied. Eine echte Powerballade. Für mich ist das einer der gefühlvollsten und epischsten Songs, die ich je geschrieben habe. Und so ehrlich. Denn es geht um diesen kurzen Augenblick, in dem du irre genug bist, deine Hemmungen fallen zu lassen, und der anderen Person sagst, was du für sie empfindest. Ich war in diesem Moment stolz auf mich, die Angst überwunden zu haben und zu springen.

„Mir passiert es immer wieder, dass ich mich in jemanden verliebe, ohne dass diese Liebe erwidert wird“

Und wie hat dein Gegenüber reagiert?

Tja, nicht so wie erhofft. Mir passiert es immer wieder, dass ich mich in jemanden verliebe, ohne dass diese Liebe erwidert wird. Aber das ist nicht schlimm. Ich bin trotzdem glücklich, dass ich mich getraut habe, zu meinen Gefühlen zu stehen.

In „Soulmate“ geht es dagegen um die Liebe zu sich selbst, oder?

Ganz richtig. „Soulmate“ habe ich am Valentinstag 2018 geschrieben. Valentinstag war für mich als Mitglied des „Noch-nie-in-einer-richtigen-Beziehungen-gewesen“-Clubs sonst immer ein Kacktag. Aber dieses Mal war der erste, an dem ich mich nicht wertlos, verzweifelt und einsam gefühlt habe. Denn ich hatte beschlossen, dass mir der Tag am Arsch vorbeigeht.

Wie hast du den Valentinstag 2018 dann verbracht?

Bei einem wundervoll romantischen Date mit mir selbst. Ich habe mir etwas Leckeres gekocht, ein Bad genommen, überall Kerzen angezündet und mir richtig viel Zeit genommen für eine lustvolle Masturbation.

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