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Der Hipster-Saftpresse wird der Saft abgedreht

Bild: screenshot

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Als Erfinder Doug Evans seine Idee eines hübsch aussehenden, mit dem Internet verbunden Entsafters vorstellte, der nicht schmutzt, raunte es durch das gesamte Silicon Valley.  Eilig wurden von Investoren wie Google die Millionen zusammengeharkt, um beim wichtigsten Trend des Jahres dabei zu sein: frisch gepresstem Saft. Am Ende hatte Doug Evans 120 Millionen Dollar eingesammelt und der Juicero ging in Serie.

Billig würde das Vergnügen nicht sein, das war von Anfang an klar:

700 Dollar sollte das Gerät kosten, erst als Ende vergangenen Jahres ein neuer CEO geholt wurde, wurde der Preis für das Gerät auf 400 Dollar gesenkt.

Doch zu dem Preis bekam man dann immerhin ein weiß schimmerndes, durchdesigntes Küchengerät, das die mitgelieferten Safttüten auspresst. Dafür ist nach Angaben des Herstellers so viel Kraft nötig, dass man damit auch zwei Teslas in die Luft heben könnte, wenn man denn wollte. Die ebenfalls von Juicero vertriebenen Safttüten kosten zwischen vier und sieben Dollar und enthalten zerschreddertes Biogemüse und Obst. 

Wer jetzt kurz den Taschenrechner zückt und nachrechnet, wie viel Geld man am Ende für einen Becher Saft bezahlt hat, wird vermutlich zu dem Ergebnis kommen, dass dagegen sogar Till Schweigers Hamburger Leitungswasser zu 4,20 Euro pro Liter fast ein Schnäppchen ist. Andererseits: Normale Entsafter haben ja auch keinen Internet-Anschluss, so das Totschlag-Argument der Juicero-Fans.

Doch dann machten sich zwei Reporterinnen von „Bloomberg“ an die investigative Saft-Recherche und stellten Erschreckendes fest: Um den Saftsack zu entleeren braucht es gar keine 400 Dollar-Presse, man kann sie auch mit der Hand ausdrücken. Das geht genauso schnell wie mit der Maschine (zum Teil sogar schneller) und am Ende ist genauso viel Saft im Glas wie bei der Maschine. Schluck.

Das konnte Jeff Dunn, CEO des Unternehmens, so natürlich nicht auf sich sitzen lassen und schrieb auf „Medium“, warum es eben doch genau diese Maschine braucht, um die Saftsäcke zu entsaften. Dabei hatte er viele Argumente:

- Dass zum Beispiel der WLAN-Anschluss des Geräts sicherstellen könne, dass die Entsafter nicht aus Versehen einen schon abgelaufenen Sack entsaften würde (das Mindesthaltbarkeitsdatum steht allerdings auf dem Sack).

- Dass Juicero nur mit dem Original Entsafter in Echtzeit garantieren könne, dass man jetzt nicht aus Versehen eine Packung entsafte, in der aus Versehen schlechter Spinat enthalten sei. Das könne nur die Maschine erkennen, die die Informationen druckfrisch vom Unternehmen erhalte – Stichwort WLAN.

- Dass überhaupt nur der gleichmäßige Druck der Maschine dafür garantieren könne, dass der gute Saft auch wirklich gleichmäßig entsaftet werde.

- Dass man halt einfach bitte, bitte keinesfalls den Sack per Hand ausdrücken solle, weil: halt. 

Ob sich die Verbraucher daran halten werden, bleibt abzuwarten. Jeff Dunn hat versprochen, Kunden die 400 Dollar für den Entsafter zu erstatten, sollten sie unzufrieden sein. Und alle anderen haben das gute Gefühl, mit ihrem gesunden Menschenverstand eine Menge Geld gespart zu haben. 

Und wie immer haben die "Simpsons" schon vor Jahren die Juicero-Geschichte vorhergesehen: 

chwa

 

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