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Worum es bei #vonhier eigentlich geht

Illustration: Federico Delfrati

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In den sozialen Netzwerken wird derzeit wieder viel über die Begriffe Heimat und Herkunft diskutiert, oft unter dem Hashtag #vonhier. Am Anfang dieser Debatte stand kurioserweise Dieter Bohlen. Genau, der stets solariumsgebräunte Musikmogul aus Tötensen, der offenbar immer noch im Privatfernsehen Supertalente sucht. Hätte man ja auch nicht gedacht, dass gerade der eine derart vielschichtige Diskussion auslösen kann. Hat er aber, wenn auch unfreiwillig. Eine Rekonstruktion der Ereignisse:

23. November 2018

Die fünfjährige Melissa Malandrino tritt in der Sendung „Das Supertalent“ mit einem thailändischen Tanz auf. Im Anschluss an ihre Performance fragt sie Dieter Bohlen, wo sie denn herkomme. Das Mädchen antwortet wahrheitsgemäß „aus Herne“.

Bohlen reicht diese Antwort offenbar nicht, er fragt: „Mama und Papa, wo kommt ihr her, Philippinen oder?“ Das Mädchen versteht offenkundig die Frage nicht und sagt, ihre Eltern seien auch aus Herne. Bohlen hakt erneut nach „Kommt ihr irgendwie, wo kommt ihr her, aus welchem Land, gebürtig?“, worauf die mittlerweile offensichtlich nervöse Melissa keine Antwort hat. Daraufhin wendet Bohlen sich direkt an die Eltern, die die Frage endlich zu seiner Zufriedenheit beantworten: Die Familie hat thailändische Wurzeln.

18. Februar 2019

Die ganze Sache wäre vermutlich im Nachrichtenstrom untergegangen, hätte nicht Mitte Februar der BR-Journalist Malcolm Ohanwe den Clip getwittert. 

Tatsächlich löst Malcoms Kommentar ein großes Echo aus. Die Berliner Staatssekretärin Sawsan Chebli verbreitet den Tweet weiter und kritisiert, dass einem automatisch das Deutschsein abgesprochen werde, nur weil man anders aussehe. 

23. Februar 2019

Unter dem Tweet wird zwar diskutiert, richtig groß wird das Thema aber erst eine knappe Woche später durch eine Kolumne der Journalistin Ferda Ataman auf Spiegel Online. Darin schreibt sie über den Bohlen-Vorfall: „Verstehen Sie mich bitte nicht falsch: Natürlich kann man nach der Herkunft fragen, das mache ich auch manchmal. Aber man sollte die Antwort annehmen, egal wie sie ausfällt, auch, wenn sie Wurzeldetektive nicht zufrieden stellt. Noch galanter wäre, man lässt den nationalistischen Smalltalk weg und kommt gleich zum Wetter.“

In den sozialen Netzwerken beginnen die ersten ihre eigenen Erfahrungen mit der Frage „Woher kommst du wirklich?“ zu teilen. Ataman erzählt daraufhin ihre eigene Geschichte unter dem Hashtag #vonhier, viele andere tun es ihr gleich.

25. Februar 2019

Die ARD kündigt seine aktuelle „Hart aber fair“ -Sendung mit dem Titel „Heimat Deutschland – offen für alle oder nur für Deutsche?“ an und löst damit eine Kontroverse aus. Wer definiert eigentlich, was für jemanden Heimat ist und wer dazugehört? Dabei wird auch wieder der Hashtag #metwo verwendet, der auf die Diskriminierung von Menschen mit Migrationshintergrund hinweist. 

Heute

Zahlreiche Menschen mit und ohne Migrationshintergrund haben sich mittlerweile zu #vonhier geäußert. Manche reagieren auf die Frage nach der Herkunft genervt, andere finden, sie habe ihre Berechtigung, wieder andere sagen, die Frage sei zwar in Ordnung, es müsse dann aber halt akzeptiert werden, wenn das Gegenüber nicht darüber sprechen möchte. Aber auch Rechtspopulisten haben den Hashtag für sich gekapert und werfen den Diskutierenden eine Opferhaltung vor. Sogar im Ausland wird #vonhier diskutiert: 

chha

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