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Trump absorbiert jede Form von Humor

Foto: Kevin Lamarque, Reuters / Collage: Daniela Rudolf

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Kleine Hände, orangefarbene Haut, gelbe Haare, so true, huuuge – lacht hier noch jemand? Ein Jahr nach Donald Trumps Amtsantritt, welcher der Satire angeblich ein „goldenes Zeitalter“ bescheren sollte, hat sich der Trump-Witz in einer Niveau-Schlammgrube aus mittelguten Imitatoren und etwa fünf immergleichen Angriffspunkten festgefahren.

Von deutschen „Comedians“ dabei irgendetwas einfallsreiches zu erwarten, ist ja sowieso illusorisch, aber selbst die amerikanische Humor-Oberklasse scheint schon nach einem Jahr Trump vollkommen resignativ, einfallslos oder humorlos belehrend.

Dass Trumpwitze mittlerweile so seltsam unlustig daherkommen, hat mehrere Gründe. Und die liegen weniger bei den Comedians selbst, sondern bei Trump: Dieser Mann, sein Mitarbeiterstab und seine Auftritte sind imstande, jeglichen Humor zu absorbieren.

Da wäre zunächst einmal ein ziemlich banales Grundproblem: Keiner mag Trump – zumindest keiner der Konsumenten der tendenziell liberal gesinnten Comedysendungen oder Medien. Der Gag auf Trumps Kosten, egal ob platt oder geistreich, wirkt immer anbiedernd. Jeder Mensch, der irgendwo eine Bühne betritt, egal ob amerikanischer Comedian oder deutscher D-Promi, konnte sich lange sicher sein, dass er mit zwei hingerotzen Sätzen gegen den US-Präsidenten Standing Ovations und Ehrenmedaillen der Weltgesellschaft aufrechter Demokraten erwarten kann. Trump zum Opfer seiner Scherze zu machen, war frei von Risiko. Denn Trump, den mochte keiner. Trump, den musste man lächerlich machen. Tausende haben sich diese dankbare Chance auf Lacher mittlerweile zu Nutzen gemacht, was das Niveau insgesamt natürlich weiter zum Sinken brachte. Und jetzt, nach einem Jahr Trump im Weißen Haus, ist der Markt für schnelle Trumpwitze maximal übersättigt.

Trump ist pointentechnisch jedem Komiker dieser Welt meilenweit voraus

Was machen also die Politsatiriker mit Niveau? Sie setzen sich nach oben ab, wollen smarter als der Flachwitz sein, kritischer, aktivistischer. Den John Olivers dieser Welt werden deswegen direkt investigativ-journalistische Fähigkeiten zugeschrieben – der deckt, der weckt auf, der hinterfragt, bildet die Menschen! Das ist ehrenwert, aber mal ehrlich: Zum Schreien komisch ist er dabei nur selten. Bei „Last Week Tonight“ übernimmt nie das herzhafte Lachen aus dem Bauch heraus, es wird vielmehr affirmativ geklatscht und extra laut gekichert. Ein Phänomen, das in den USA als „Clapter“ bekannt ist, sozusagen der humorlose kleine Stiefbruder des echten Lachens – nicht die Lachmuskeln reagieren, sondern das gute Gewissen, auf der richtigen Seite der Geschichte zu stehen. Recht hat er, jawoll! Gut gegeben!

Wenn also sowohl die platten Comedians als auch die intellektuellen Polit-Satiriker versagen, wer hat dann im vergangenen Jahr überhaupt für gute Lacher über Trump gesorgt? Die Antwort ist einfach, aber eben leider auch nicht zufriedenstellend: Es sind Trump und seine Administration selbst, die pointentechnisch jedem Komiker dieser Welt meilenweit voraus sind.

Wer im ersten Trump-Jahr das Gefühl hatte, selbst nicht direkt unter seiner Politik zu leiden, konnte sich über all die schrägen Pressekonferenzen, die Atomknopfschwanzvergleiche und New Yorker Schnee als Beweis gegen den Klimawandel köstlich amüsieren.

Aber spätestens bei Sean Spicers Emmy-Auftritt, bei dem der die eigenen verlogenen Presse-Ansprachen persiflierte, sollte klar sein: Den Gefallen, die mächtigeste Position der Welt als großen, nicht wirklich ernstzunehmenden Spaß zu begreifen, sollte man Trump und seinen Mitarbeitern eben auch nicht tun. Wer über Trumps Rassismus und Sexismus noch aus Mangel an Betroffenheit und Empathie hinwegsehen kann, müsste spätestens beim Thema Klima und Atomkrieg langsam einsehen, dass die Sache eben doch bitterernst ist.

Das Lachen über Trump nun zu verbieten, klingt nun aber auch wieder viel zu humorbefreit und verklemmt. Überraschend sollte er sein, der gute Trump-Witz, simpel und knapp, entlarvend und tiefgründig, kritisch und trotzdem brutal witzig – also quasi unmöglich. Ein wahrlich goldenes Zeitalter.

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