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Absurde Erinnerungen an die Fahrschule
Da muss jede:r durch(kommen): Den Führerschein zu machen, ist für junge Menschen eine Art „Rite of Passage“, der Übertritt ins Erwachsenenleben. Im Jahr 2020 wurden in Deutschland rund 1,22 Millionen Führerscheine ausgestellt. Die Erinnerungen an diese Zeit sind oft intensiv, manchmal lustig, nicht immer schön. Wir haben junge Menschen gefragt, welche Erinnerungen sie an ihre Zeit in der Fahrschule haben. Neun Führerscheinbesitzerinnen erzählen von sexistischen Kommentaren, knapp bestandenen Prüfungen und Joints beim Fahrsicherheitstraining.
Lena, 27 Jahre, hatte mit ihrer Fahrlehrerin ein eher unappetitliches Erlebnis
„Ich habe den Führerschein mit 17 gemacht, hatte schon einige Fahrstunden und Übungsfahrten hinter mir und übte mit meiner Fahrlehrerin an dem Tag das Fahren in 30er-Zonen. Es war Winter und irgendwann öffnete sie das Fenster. Ich dachte mir nichts dabei. Dann sagte sie plötzlich, dass ich bitte anhalten solle. Kaum angehalten, riss sie die Beifahrertür auf und kotzte aus dem Auto. Danach fuhren wir zurück in die Fahrschule (sie war krank und es lag nicht an meinen Fahrkünsten). Im Nachhinein betrachtet passt diese Stunde aber zu meiner Fahrkarriere. Autofahren find ich zum Kotzen.“
Christiane, 30 Jahre, ist froh, nicht mehr zur Fahrschule zu müssen
„Bei meinem ersten Prüfungsversuch bin ich danach nicht mehr mit zur Fahrschule gefahren, weil der Fahrlehrer ständig Bemerkungen über meine langen Beine gemacht hat. Danach hab ich von zwei Mädels erfahren, dass ihr Fahrlehrer auch ständig unangemessene Bemerkungen gemacht hat wie ‚Mit den Haaren siehst ja gar nichts, soll ich sie dir aus dem Gesicht streichen‘. Fahrschulen sind die Hölle auf Erden.“
Leslie, 27 Jahre, kam unerwartet mit Cannabis in Berührung
„Ich hatte Fahrsicherheitstraining. Schon bei der Theorie hatte der Verkehrspsychologe einen kleinen Nervenzusammenbruch erlitten, weil einer der Teilnehmer erzählt hat, dass er voll gerne mit 270 über die Autobahn fahre und das ‚ur cool‘ finde. Zur Mittagspause saß ich dann in dem Auto des ‚Rasers‘ und hab ihm einen Joint (!) gedreht. Im Endeffekt hat er dann bekifft die Aquaplaning-Übungen gemacht.“
Johanna, 25 Jahre, bekam von ihrem Fahrlehrer ein übergriffiges Angebot
„Mein Fahrlehrer hat mir bei meiner praktischen Prüfung einmal (drastisch) geholfen, weil ich sonst auf eine Straßenbahn-only-Straße gefahren wär. Ich habe gerade so bestanden. Als ich dann alleine mit dem Fahrlehrer war, sagte er: ‚Weißt eh, dass du ohne mich nicht bestanden hättest? Dafür kannst in den nächsten Tagen mal in meinem Büro vorbeikommen und dich ordentlich bedanken.‘ Dann hat er noch relativ grindig gegrinst und ich glaub auch gezwinkert. Ich war etwa 19, als ich die Prüfung gemacht hab, er so Ende 50.“
Anna, 31 Jahre, sollte für ihre bestandene Prüfung Buße tun
„Amstetten, ein Dorf in Niederösterreich, 2008. Mein Fahrlehrer sagte bei einer der ersten Fahrstunden: „Waßt eh wie weit ma parallel einparkt? Auf Schwaunzläng!“ Damit meinte er, dass das Auto dann 20 Zentimeter vom Randstein entfernt stehen soll. Dann war es endlich soweit: der Tag der Prüfung. Ich kam nach einer ziemlich schlechten Fahrt bei der praktischen Prüfung trotzdem durch. Der Prüfer meinte nur zu mir: ‚Sie müssen mir versprechen, dass Sie nach Mariazell pilgern, Buße tun und viel beten!‘ Side Fact: Ich bin bei der Prüfung nur durchgekommen, weil mein Papa den Prüfer von früher kannte.“
Nadja, 35 Jahre, konnte sich gegen den Sexismus ihres Fahrlehrers nicht wehren
„Ich bin ausgestiegen und mein Fahrlehrer hat mir dabei auf den Hintern geschaut und gefragt, ob ich einen Tanga trage. Ich glaube, ich habe einfach nur ‚Nein!‘ gesagt. Das ist das Schlimme, dass man da noch so jung ist und meistens überfordert mit der Situation.“
Anika, 24 Jahre, wurde kritisiert, weil sie vorsichtig fuhr
„Es war dunkel, wir fuhren auf einer kurvigen, engen Bergstraße, auf der einem oft Busse entgegenkommen und schon viele Unfälle passiert sind. Ich fuhr dementsprechend vorsichtig. Der Fahrlehrer fand, ich fahre zu langsam und sagte wörtlich: ‚Wer bremst, verliert!‘. Ich war ziemlich entsetzt, weil fahren lernen eh schon so eine stressige Situation ist und hab gerufen: ,Nein! Wer nicht bremst, stirbt!‘. Darauf hat niemand was gesagt und ich bin weitergefahren. Der Kommentar vom Fahrlehrer war vielleicht als Witz gemeint, ich fand ihn aber total unpassend, vor allem gegenüber Jugendlichen. Ob die Burschen, die mit mir im Auto waren, später schneller gefahren sind, kann ich nicht beurteilen.“
Eva, 24 Jahre, bekam den Führerschein nur unter einer „Bedingung“
„Bei meiner Führerscheinprüfung ist meine Mama im Auto mitgefahren. Während ich gefahren bin, hat der Fahrlehrer die ganze Zeit mit ihr gequatscht und sie ein bisschen angebaggert. Als die Prüfung vorbei war, hat er gesagt, dass er mich nicht durchlassen könne. Da habe ich angefangen zu weinen. Dann hat der Fahrlehrer gemeint, dass er mir den Führerschein nur geben würde, wenn meine Mama noch öfter mit mir Auto fährt. Ich wusste zuerst nicht, ob das ein Scherz war oder ob er das ernst meint. Meine Mama war ziemlich peinlich berührt. Zum Schluss hat er nur geseufzt und gesagt: ‚Okay, dann gebe ich ihn dir halt‘. Die ganze Situation war ziemlich komisch.“