Süddeutsche Zeitung

Unsere Kernprodukte

Im Fokus

Partnerangebote

Möchten Sie in unseren Produkten und Services Anzeigen inserieren oder verwalten?

Anzeige inserieren

Möchten Sie unsere Texte nach­drucken, ver­vielfältigen oder öffent­lich zugänglich machen?

Nutzungsrechte erwerben

Immer mehr Menschen in den USA leiden an einer „Trump-Angststörung“

Foto: Evan Vucci / AP / Bearbeitung: jetzt

Teile diesen Beitrag mit Anderen:

Es gab mal eine Zeit, da fand man Donald Trump witzig. Haha, der Typ mit der komischen Frisur, der versucht, Präsident zu werden. Dann wurde er Präsident und seitdem ist so viel passiert, das einen ratlos oder sogar schockiert zurücklässt, dass man sich manchmal in einem schlechten Film wähnt. Trump poltert auf Twitter und hat dabei die Macht, politische Krisen auszulösen. Er steigt aus internationalen Abkommen aus. Er versucht, alles zu revidieren, was Obama zuvor erreicht hat. Er hetzt gegen Einwanderer, er beleidigt Frauen, er gibt sich unberechenbar. 

Das hinterlässt Spuren in der Psyche der Menschen, die derzeit von ihm regiert werden. Viele sind durch Trumps Präsidentschaft extrem verunsichert und haben Angst. Das äußern sie seit der Wahl 2016 so gehäuft auch gegenüber Therapeuten, dass bereits 2017 in einer Anthologie der Yale School of Medicine dafür der Begriff „Trump Anxiety Disorder“ geprägt wurde – die Trump-Angststörung.

Auf der Webseite des kanadischen Senders CBC erschien nun ein langer Bericht, der dem Phänomen nachgeht. Die Psychologen, die dafür befragt wurden, bestätigen den Trend: Ihre Patienten klagen öfter über Ängste und das besonders oft im Zusammenhang mit Trumps Präsidentschaft beziehungsweise der politischen Spaltung im Land. Sie fühlen sich hilflos und befürchten, die Kontrolle zu verlieren – einige haben sogar Angst vor dem „Ende der Welt“. In einem konkreten Beispiel wird eine lesbische Frau genannt, die um ihre Beziehung fürchtet, weil Trump kürzlich einen ultrakonservativen Richter für den Supreme Court nominiert hat, der die Ehe für Homosexuelle wieder rückgängig machen könnte. 

Eine Psychologin sagte gegenüber CBC, die Symptome ähnelten denen von Kindern, die mit einem Elternteil aufgewachsen seien, das an einer Persönlichkeitsstörung gelitten habe. Also mit jemandem, der teils größenwahnsinnig und wenig emphatisch gewesen sei und ständig nach Aufmerksamkeit verlangt habe – und der aktuelle Präsident sei für die Bürger unterbewusst so etwas wie „ein psychologisches Elternteil“.

Das Problem betrifft übrigens nicht nur liberale Demokraten, sondern auch Republikaner und Trump-Anhänger. CBC hat mit einer Trump-Wählerin  gesprochen, der die Angriffe und Beschimpfungen von Seiten der Liberalen Angst machen. Therapeuten aus dem ganzen Land haben dem Sender außerdem bestätigt, dass die Patienten unabhängig von ihrer politischen Überzeugung verstärkt mit Ängsten zu ihnen kommen. In einer Online-Umfrage aus dem Februar 2017 gaben zwei Drittel der teilnehmenden Amerikaner an, dass sie mit Angst in die Zukunft blicken. Viele machten die politische Polarisierung dafür verantwortlich. 

Ein weiterer Grund könnte die Berichterstattung über Trump sein – und seine eigene Art der Mediennutzung. Zum einen gibt es extrem viele Informationen über Trumps Entscheidungen und Aussagen, zum anderen befeuert er all das noch mit seinen Tweets, die teils sehr bedrohlich und in schreienden Großbuchstaben daherkommen. Kürzlich erst hat er einen solchen Tweet abgesetzt, in dem er Iran drohte:

„Trump-Angststörung“, eigentlich klingt das auch erstmal wie ein Witz. Aber die Zeit, als das alles noch witzig war, ist längst vorbei. Das beweisen nicht zuletzt die Ängste der Amerikaner. 

nasch

Mehr Trump-Angst:

  • teilen
  • schließen