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„Ostern wird komplett anders sein“

Foto: privat

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Für gläubige Christen werden die Osterfeiertage dieses Jahr kaum etwas mit der Normalität zu tun haben. Die Pfarreien sind geschlossen, Gottesdienste verboten. Der Kaplan Simon Steinbauer, 28, muss deshalb improvisieren. Neun von zehn Menschen in seiner Gemeinde in Hauzenberg in Niederbayern sind katholisch – so viele wie in kaum einer anderen Region in Deutschland. Ein Gespräch über einsame Gläubige und den Irrglauben, mit Gottes Hilfe nicht erkranken zu können.

jetzt: Worauf freuen Sie sich bei diesem Osterfest?

Simon Steinbauer: Vor allem freue ich mich darauf, dass  Ostern nächstes Jahr wieder normal ist.

Sie spüren gar keine Vorfreude in diesem Jahr?

Ostern wird komplett anders sein. Ostern ist für uns Christen das wichtigste  und schönste Fest. Aber die Gläubigen, die Ministranten, der Kirchenchor – das alles wird fehlen. Ein Gottesdienst lebt vom Miteinander. Das ist keine One-Man-Show.

Ostern steht trotzdem im Kalender. Wie liefen die Vorbereitungen in der Krise?

Die Vorbereitungen auf Ostern haben sich aufgrund der Corona-Krise anders gestaltet. Bei  den Vorbereitungen sind sonst viele Menschen beteiligt. Aber das öffentliche und damit auch das kirchliche Leben ist auch bei uns heruntergefahren. So gut wie alles fällt aus. Die Gottesdienste, das Osterfeuer, die persönlichen Gespräche. Dennoch haben wir im Team überlegt, wie Ostern in den Familien zu Hause gefeiert werden kann.

Wie haben Sie Ihren Gemeindemitgliedern beigebracht, dass das Osterfest dieses Jahr anders sein wird als sonst?

Die meisten haben es aus den Nachrichten erfahren. Ich stoße da auf viel Verständnis. Die Menschen sehen, wie die Situation in Italien, Spanien und  den USA ist. Bei uns in der Kirche und im Gottesdienst sind die Risikogruppen stark vertreten. Diese zu schützen, dafür tragen wir als Kirche eine besondere Verantwortung.

Wie wollen Sie die Feiertage gestalten?

Normalität wird es nicht geben. Die Gemeindereferentin und ich haben ein Heft erstellt für die Osterfeiertage, es hat den Titel „Pray at Home“. Es soll für Familien eine Anregung sein, wie man die Feiertage von Palmsonntag bis Ostern zu Hause feiern und gestalten kann. Wir verweisen außerdem auf die Gottesdienste im Internet und im Fernsehen.

Wo werden Sie selbst während der Feiertage sein?

An den Kar- und Ostertagen werden wir uns im Seelsorge-Team treffen und feiern dort stellvertretend für unsere Gläubigen die Gottesdienste. Ebenso haben die Gläubigen vielfältige Möglichkeiten, die Gottesdienste mitzufeiern.

Per Livestream?

Wir verweisen auf die Gottesdienste im Fernsehen. Unter anderem auf die Gottesdienste unseres Bistums Passau, die auf der Diözesen-Website und auf NiederbayernTV ausgestrahlt werden.

„Den Kontakt zu den Gläubigen wollen wir beibehalten, natürlich mit Sicherheitsabstand“

Wie kommen die älteren Gläubigen mit dem Ausnahmezustand klar?

Der Umgang mit der Krise ist ganz unterschiedlich. Wir telefonieren viel. Und wenn man spazieren geht, ergeben sich Gespräche. Der Kontakt zu den Gläubigen ist wichtig und diesen wollen wir beibehalten, natürlich mit Sicherheitsabstand.

Halten Sie zu bestimmten Leuten besonderen Kontakt, etwa weil sie einsam oder krank sind?

Wir haben Menschen, die regelmäßig die Krankenkommunion zu Hause empfangen. Das sind Menschen, die ohnehin nicht an Gottesdiensten teilnehmen können, weil sie krank sind. Zu denen würden wir jetzt eigentlich auch vor der Ostern zu Besuch kommen. Das  ist aber nicht möglich. Deshalb suchen wir mit ihnen jetzt ganz bewusst den Kontakt und das Gespräch per Telefon. Mein Beruf lebt davon, dass man mit Menschen in Kontakt ist, gerade in diesen schweren Zeiten.

„Auch an Ostern werden die Glocken läuten“

Gibt es noch andere Wege, auf denen Sie mit den Gläubigen verbunden sind?

Seit Beginn der Ausgangsbeschränkungen erscheint bei uns im Pfarrverband wöchentlich ein Mitteilungsblatt mit den wichtigsten Informationen für die Gläubigen. Zudem läuten bei uns im Bistum Passau täglich um 15 Uhr die Kirchenglocken und rufen zum gemeinsamen Gebet in der Corona-Krise auf. Und auch an Ostern werden die Glocken läuten. Den Erstkommunion-Kindern aus der 3. Klasse haben die Gemeindereferentin und ich Material zugeschickt.

Gibt es Menschen in Ihrer Gemeinde, die glauben, dass Gott sie schon schützen wird vor einer Infektion?

Die gibt es auch, wie überall. Darauf antworte ich: „Du musst das deinige dazu tun: Hände waschen, Abstand halten, und dann kann der Herrgott auch das seinige dazu tun.“ Damit darf man nicht zu leichtfertig umgehen. Auch als gläubiger Christ schaut man nach links und rechts, bevor man die Straße überquert.

Was hat sich an Ihrem Tagesablauf seit Corona verändert?

Mein Terminkalender ist normalerweise sehr voll: Taufgespräche, Schulunterricht, Gottesdienste, Trauergespräche, Gemeindesitzungen, Ministrantenstunden, und so weiter. Das findet gerade alles nicht statt. Jetzt ist dafür Zeit für Dinge da, die sonst zu kurz kommen, wie zum Beispiel Büroarbeiten, aber auch Zeit für mich: Mal bewusst spazieren gehen. Man muss die Situation annehmen und versuchen, das Beste daraus zu machen.

Sind Sie als Geistlicher systemrelevant?

Jeder Mensch ist systemrelevant. Ich glaube, dass ich als Ansprechpartner für die Menschen wichtig bin: Als Begleiter von der Wiege bis zur Barre.

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