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Diese sechs Bücher räumen mit Klischees über Frauen und Sex auf

Illustration: Daniela Rudolf

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Männer wollen vögeln und Frauen eine Beziehung? Der Kitzler ist eine Perle? Und in unseren Betten herrscht Gleichberechtigung? Ob ihr's glaubt oder nicht: Wenn es um diese und andere Fragen der weiblichen Sexualität geht, ist noch immer Aufklärung angesagt. Genau darum gibt's die Untenrum-Kolumne – sowie haufenweise Bücher für alle, die tiefer in die Materie eindringen wollen (höhö, eindringen). Und weil ich glaube, dass jeder und jede von uns das dringend nötig hätte, habe ich die besten Bücher der vergangenen Jahre zu diesem Thema zusammengestellt. Von ärztlich-aufklärend bis feministisch-aufrüttelnd ist für jeden Geschmack was dabei. Jeder dieser Texte räumt mit Mythen auf, eröffnet neue Perspektiven und sorgt durch mehr Wissen für mehr Macht. Besonders zu empfehlen ist ihr Konsum übrigens in der Öffentlichkeit. Denn je mehr Menschen sich mit Vagina- und Vulva-Titeln blicken lassen, desto selbstverständlicher wird das „unsichtbare Geschlecht“. Also keine Angst vor einschlägigen Buchcovern. Mit dieser Lektüre leistet ihr Aufklärungsarbeit – nicht nur bei euch selbst.  

„Viva la Vagina! – Alles über das weibliche Geschlecht“ von Nina Brochmann und Ellen Støkken Dahl

Wie sind Frauen untenrum gebaut? Wie funktioniert hormonelle Verhütung? Mit welchen Geschlechtskrankheiten kann man sich wie anstecken? Selbst, wenn man denkt, alles über den weiblichen Körper zu wissen – die dänischen Ärztinnen Nina Brochmann und Ellen Støkken Dahl setzen noch eins drauf, indem sie Grundlagenwissen mit neu recherchierten Erkenntnissen paaren. Dabei hat man in keinem Moment das Gefühl, ein medizinisches Buch zu lesen. Im Gegenteil, die beiden klären so leichtfüßig über Anatomie, PMS und Myome auf, dass man fast ein bisschen enttäuscht ist, wenn man die letzte Seite erreicht hat – wie bei einem guten Roman eben. Da verzeiht man selbst die Tatsache, dass Buchtitel (Viva la Vagina!) und Buchcover (mit der Zeichnung einer Vulva) nicht recht übereinstimmen wollen.

Fazit: Ein wirkliches Standardwerk über das weibliche Geschlecht. Unbedingt lesen!

„Vulva – Die Enthüllung des unsichtbaren Geschlechts“ von Mithu M. Sanyal 

Die Kulturwissenschaftlerin und Journalistin Mithu M. Sanyal beschäftigte sich schon mit der Darstellung des weiblichen Genitals, als das Thema noch alles andere als in war. In Vulva zeigt sie durch eine kulturhistorische Herangehensweise, wie der äußere Teil der weiblichen Geschlechtsorgane (die Vulva) in unserer Gesellschaft zum „unsichtbaren Geschlecht“ wurde, wie das unsere Sprache beeinflusst und was das für das Selbstverständnis von Frauen bedeutet

Fazit: Pionierarbeit! Und bester Stoff für alle, die keine Angst vor wissenschaftlicher Sprache haben.

„Der Ursprung der Welt“ von Liv Strömquist

Dieses Meisterstück von einem Comic garantiert unwillkürlich-bitteres Auflachen auf jeder zweiten Seite. Denn die schwedische Comiczeichnerin Liv Strömquist illustriert die tragische Kulturgeschichte des weiblichen Geschlechtsorgans nicht nur mit ihren gewohnt brillanten Bildern, sondern zwingt einen mit ihrem Wortwitz ständig zum Glucksen. Fröhlich hüpft man mit ihr von den alten Griechen über die Hexenverbrennungen zu Freud und dann weiter zu den ihre Vulva verabscheuenden Mädchen der Moderne – immer mit einem „Geht's noch?“ auf den Lippen. Am Ende bleibt man fassungslos zurück. Denn „der Ursprung der Welt“ ist trotz aller Befreiungsversuche noch immer Tabuzone.

Fazit: Unterhaltsamer Einstieg in das System „Patriarchat“. Wer das liest und sich danach nicht zum Feminismus bekennt, muss hirntot sein. 

„Das beherrschte Geschlecht – Warum sie will, was er will“ von Sandra Konrad

Frauen sind beim Sex genau so frei wie Männer? Denkste! Die Psychologin Sandra Konrad zeigt nicht nur, wie Männer weibliche Sexualität über Jahrtausende hinweg kontrolliert haben, sondern auch, dass wir alle noch immer bis zum Hals in Rollenklischees stecken – auch wenn wir so frei scheinen wie nie. Nur Konrads These, die weibliche Sexualität habe sich nicht emanzipiert, sondern sich lediglich maskulinisiert (= der männlichen angepasst), bleibt fraglich. Dennoch ist der große Gewinn dieses Buchs: Es bringt einen dazu, sich selbst und seine Rolle zu hinterfragen. 

Fazit: Leicht zu lesende Abrechnung mit der Herrschaft der Männer. Nur nicht verzweifeln – es gibt einen Weg da raus!

„Die versteckte Lust der Frauen“ von Daniel Bergner

Dieser Forschungsbericht stellt so ziemlich alles in Frage, was man über weibliche Lust zu wissen glaubt: Dass Frauen das monogamere Geschlecht sind, zum Beispiel. Oder dass sie weniger Bock auf Sex haben als Männer. Der amerikanische Autor Daniel Bergner hat für sein Buch Sexualwissenschaftler auf der ganzen Welt besucht und ihre Forschungsergebnisse zusammengestellt. Was er da so zum Besten gibt, ist derart bahnbrechend, dass das Stück gleich zum Bestseller wurde – und das trotz seitenlanger Versuchsbeschreibungen. 

Fazit: Wer seine Vorstellungen von männlicher und weiblicher Sexualität mal kräftig durchgeschüttelt haben will, ist hier genau richtig.

„Die potente Frau – Für eine neue Weiblichkeit“ von Svenja Flaßpöhler

Okay, okay, so manch einer wird mich angesichts dieser Auswahl steinigen wollen. Warum? Die Philosophin Svenja Flaßpöhler hat sich mit ihrem schmalen Büchlein als vehemente Kritikerin der #Metoo-Debatte einen Namen gemacht – und sich damit selbst ins Feministinnen-Abseits katapultiert. Schafft man es aber, ihr unsägliches Gemecker über die ach so nörgelnden #Metoo-Frauen auszublenden, dann bekommt man eine Ahnung davon, was die Frau sagen will: Ja, uns wurde übel mitgespielt. Aber wir müssen nicht für immer das beherrschte Geschlecht bleiben. Eine selbstbestimmte Sexualität ist möglich – packen wir's an!

Fazit: Ein Essay in einer Wochenzeitung hätt's auch getan. Trotzdem lesenswert, weil nah an der aktuellen Debatte und kontrovers diskutiert.

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