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Sex im Shutdown: Wenn die Situation heiß macht

Illustration: Daniela Rudolf-Lübke

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Vor ein paar Wochen war ich bei einem Podcast zu Gast. Thema der Sendung: „Horny“. Meine Reaktion: Lautes Gelächter. Wer sollte bei all der Weltuntergangsstimmung ernsthaft Bock auf Sex haben? Also ich jedenfalls nicht.

Ganz anders ging es jedoch meiner Gastgeberin Janina. War sie als Single eigentlich geübt darin, sexuelle Durststrecken einfach mal wegzuchillen, ging sie plötzlich vor lauter Hornyness die Wände hoch. Alles, wirklich alles erinnere sie an Sex. Sogar die Stimme von Christian Drosten jagte ihr beim Hören des NDR-Podcasts einen Schauer über die Haut. Und weit und breit niemand, an dem sie sich abreagieren konnte. Außer an sich selbst, versteht sich.

Wäre ich allein in meiner Wohnung gefangen, ich würde vermutlich auch nichts anderes tun als den ganzen Tag zwischen meinen Beinen rumfummeln, dachte ich. Schon allein, um mich vom drohenden Weltuntergang abzulenken. Aber ich war ja nie allein! Immer musste ich arbeiten oder Kindern beschulen oder mit meinem Mann die aktuelle Lage besprechen. Wie sollte man da noch an seine Geschlechtsteile denken?

Doch dann — es wird vielleicht so zwei Wochen her sein — änderte sich etwas. Erst dachte ich es läge daran, dass mein Mann aufgehört hatte, sich zu rasieren. Das erste Mal in seinem Leben trug er Bart. Und sah damit so ultraheiß aus, dass ich ihm das im Fünf-Minuten-Takt mitteilen musste. Und dabei auch noch an ihm hochsprang wie ein ungestümer Hund.

Dann klingelte der Paketbote. Normalerweise ein durchschnittlich aussehender Mann mit absolut durchschnittlichen Tattoos auf den Armen. Aber nicht in diesem Augenblick! Vor mir stand the sexiest man alive in person, und verfügte ich nicht über unglaubliche Beherrschung, ich hätte die kontaktlose Übergabe meines Päckchens in einer wilden Knutscherei kulminieren lassen. Mindestens.

Der Arbeitstag in meinem Büro begann mit einer Runde Masturbation

Da dämmerte es mir: Auch ich war horny. Corona-horny. Hatte endlich diesen Zustand erreicht, in dem Janina sich schon Wochen vor mir befunden hatte. Zwischen meinen Beinen pulsierte es aus den banalsten Gründen — man brauchte mich nicht mal anzufassen. Der Arbeitstag in meinem (abschließbaren!) Büro begann nun mit einer Runde Masturbation, die Mittagspause ebenso. Wer hätte gedacht, dass die von den Ärzten vor 25 Jahren gedichtete Liedzeile „Ich hab schon vier Mal onaniert, weil hier einfach nix passiert“ eines Tages so aktuell werden würde? Die Welt steht still. Und die Leute sind am Masturbieren. Kein Wunder, dass die Umsätze von Sex-Toys gerade explodieren.

Ob aus Angst oder wegen ungewohnter Home-Office-Situation: Vielen von uns fällt es momentan schwer, produktiv zu sein. So einen Orgasmus aber, egal, ob allein oder zu zweit, bekommt man schon irgendwie hin. Und schwupps, schon hat man das Gefühl, was Sinnvolles geleistet zu haben. Und sinnvoll ist so ein Orgasmus jetzt allemal: Er stärkt nicht nur das Immunsystem. Sondern entspannt uns auch, wenn wir eigentlich wegen all diesem Corona-Scheiß durchdrehen wollen.

Inzwischen bin ich sicher: Mein Körper macht auf seine ungelenke Art genau das Richtige. Jetzt muss ich nur noch abwarten, bis der meines Mannes auch mitzieht.

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