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Lügen haben lange Beine: Der Angriff der Stummelfüßler

Illustration: Katharina Bitzl

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Erstens: Nicht nur Männer starren grenzdebil langbeinigen Frauen hinterher – auch Frauen ziehen Männer mit langen Beinen vor. Zweitens: Kurzbeiner bringen neben dem körperlichen Flirt-Handicap auch noch die denkbar schlechtesten Grundvoraussetzungen zum Überleben mit.

Im Rahmen der Studie wurden über 200 Frauen und Männern je sieben Umrisse von männlichen und weiblichen Körpern vorgelegt, die alle die gleiche Körpergröße aufwiesen, deren Beinlänge aber jeweils variierte. Kurzbeinige Menschen wurden dabei von beiden Geschlechtern in Sachen Attraktivität hart abgestraft. Am attraktivsten waren Menschen, die im Vergleich zum Durchschnitt fünf Prozent längere Beine hatten.

Doch was ist nun die gravierende Quintessenz der Studie? Mit einer mangelnden Flirtquote aufgrund unserer fehlenden Beinlänge hätten wir uns ja irgendwie noch arrangieren können. Wir hätten uns in offenen Gesprächskreisen für Beinzwerge getroffen und dort unser Leid ausdiskutiert. Nach der therapeutischen Sitzung hätten wir Kaffee mit kurzbeinigen Leidensgenossen getrunken, unter dem hoffentlich nicht zu breiten Tisch gefüßelt und wären so am Ende gemeinsam glücklich geworden. Doch jetzt wird neben unserem Sex-Appeal auch noch unsere gesamte Existenz in Frage gestellt: Kurze Beine werden von wissenschaftlicher Seite auch mit einem größeren Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes in Verbindung gebracht. Kurzbeinige Männer trifft es sogar noch etwas härter – sie sind potentiell auch noch öfter von Arterienerkrankungen und Schlaganfällen bedroht.

Die evolutionsbiologische Schlussfolgerung der Forscher daraus: Lange Beine sind bei der Partnerwahl entscheidend, weil sie ein alter Indikator für Gesundheit sind. Das meint zumindest Verhaltensbiologe Boguslaw Pawlowski, der die Studie geleitet hat. Zu kurze Beine könnten früher auf genetische Probleme oder frühkindliche Mangelernährung hingedeutet haben. Zudem seien lange Beine in der Frühzeit von Vorteil gewesen, schnelleres Laufen bedeutete demnach schnelleres Fliehen vor Gefahren, weiteres Wandern und damit höhere Überlebenschancen. Unbewusst würden Menschen daher vermutlich auch heute noch Partner aussuchen, die nach diesem Muster ein hohes Überlebenspotential mitbringen.

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Foto: dpa

Was sagt man also als Mann mit 32-inch-Hosenlänge, unten mehrfach umgekrempelt, zu dieser Studie? Sind wir Stummelfüßler jetzt schon prädestiniert, die gesundheitlichen, sexuellen und sozialen Wracks der Zukunft zu sein? Nein, wir müssen genauso wenig aussterben wie Blondinen, denen das vor einiger Zeit mal unterstellt worden ist. Bis jetzt haben wir Kurzbeinigen tapfer durchgehalten – und das aus gutem Grund.

 

Schon ein Blick auf die Details der Studie zeigt: Die langen Beine staksen auf einem gefährlich schmalen Grat – ab circa 15 Prozent Bein-Überlänge kippt die Attraktivität schon auf Platz 3, noch hinter die Normal-Beiner – und fällt dann rapide ab. Außerdem: Wir Stummelfüßler tanzen geschmeidig, sind bei Fußball und Turnen wendig und können unsere Hose einfach unten umkrempeln, während die Langbeiner in Hochwasserhosen herumlaufen müssen. Dann bleiben wir doch lieber bei unserer gedrungenen Torpedo-Form, mit der man ganz passabel den Jakobsweg wandern oder vor aufdringlichen Verehrern und U-Bahn-Schlägern fliehen kann - ganz ohne evolutionären Nachteil.

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