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Drei Generationen über Landwirtschaft

Barbara (Bärbel), Anna (Anni) und Stefanie (Steffi) Seitz in ihrem Hofladen.
Foto: Privat

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In dieser Kolumne geht es um ein Thema, das eine Familie verbindet. Drei Generationen – drei Perspektiven.

Steffi, ihre Mutter Bärbel und Bärbels Mutter Anni betreiben den Seitzhof, einen Milchviehbetrieb bei München und einen der ältesten Bio-Bauernhöfe in der Region.

Sie sprechen über die Herausforderungen, die Bio-Landwirtschaft heute mit sich bringt, über die Beziehung zu ihren Tieren und ihren Arbeitsalltag auf dem Bauernhof.

Es antworten:

Anna (Anni) Seitz, 65, hat ihr ganzes Leben in der Landwirtschaft verbracht. Zuerst half sie auf dem Hof ihrer Eltern. Mit 20 Jahren stieg sie dann beim Familienbetrieb ihres Mannes ein, dem Seitzhof. Zuvor hatte sie eine Ausbildung zur Erzieherin gemacht und besuchte später die Hauswirtschaftsschule.

Barbara (Bärbel) Seitz, 43, ist auf dem Bauernhof ihrer Familie groß geworden. Sie hat als Umwelttechnikerin im bayerischen Landesamt für Umwelt gearbeitet, bis sie 2018 den Hof von ihren Eltern übernahm. Heute lebt sie in ihrem eigenen Haus ein paar Minuten vom Hof entfernt.

Stefanie (Steffi) Seitz, 24, hat eine Ausbildung im Bereich Marketing gemacht und studiert derzeit zwei Tage in der Woche Grafikdesign. An den anderen Tagen arbeitet sie im Familienbetrieb, in dem sie von klein auf mithalf.

Wie sieht dein Arbeitsalltag in eurem Betrieb aus?

Anni: Wir haben den Betrieb 2017 an unsere Tochter übergeben. Seither genieße ich mehr freie Zeit. Davon hatten mein Mann und ich nicht viel, als wir den Hof noch alleine führten. Ich treffe häufig alte Freundinnen und gehe wandern. Ich helfe aber nach wie vor täglich im Stall und beim Brotbacken mit, bin in den Verkauf involviert und überall dort, wo sonst noch Not an der Frau ist.

Bärbel: Es gibt zwei feste Zeiten für die Stallarbeit; um fünf Uhr morgens und am Nachmittag um vier Uhr. Da werden die Kühe gemolken, die Kälber getränkt und alles sauber gemacht. Dazwischen fällt leider zunehmend mehr Büroarbeit an. Man muss alles dokumentieren und auch Notfallpläne erstellen. Zum Beispiel für den Fall, es könnte unter den Tieren eine Krankheit ausbrechen.

Steffi: Unsere Arbeit ist je nach Jahreszeit und Wetter unterschiedlich. Die Tage beginnen aber immer sehr früh mit der Stallarbeit. Ich bin von fünf bis halb acht Uhr bei den Kühen. Danach arbeite ich meistens im Büro, helfe bei der Ernte oder in unserem Hofladen, der an je einem Wochenende im Monat geöffnet hat.

Welche Kindheitserinnerung auf dem Hof hat dich am meisten geprägt?

 

Anni: Früher haben Kinder viel im Betrieb der Familie mitgearbeitet. Ich hatte zum Glück sehr liebe Eltern, die mir trotzdem viele Freiheiten ließen. Nachdem ich meinen Führerschein gemacht hatte, durfte ich zum Beispiel schon mit 17 alleine nach Italien zum Zelten fahren. Ich erinnere mich auch gerne an das Zitter-, Hackbrett- und Gitarrespielen mit meinen beiden Schwestern.

Bärbel: Früher haben oft Freundinnen von mir bei uns am Hof übernachtet. Im Sommer haben wir manchmal eine ganze Woche im Gartenhaus gewohnt. Wenn wir uns heute treffen, können sich alle daran erinnern. Sogar besser als an so manchen Familienurlaub in Griechenland.

Steffi: Ich habe es immer geliebt, wenn Kälber auf die Welt kamen und das erste Mal von ihrer Mutter gefüttert wurden. Wenn sie dann mal nicht gut getrunken haben, mussten wir manchmal mit der Flasche nachhelfen. Zu sehen, wie sie aufwachsen und langsam zutraulich werden, ist eine besondere Erfahrung.

Um was beneidest du die anderen Generationen?

Anni: Da gibt es eigentlich nichts. Außer vielleicht, dass die Arbeit früher körperlich anstrengender war, da man noch mehr mit den Händen machen musste. Dafür konnte man zwischendurch mehr miteinander reden. Zum Beispiel während dem Melken, oder der Arbeit am Feld. Heute sitzt man manchmal den ganzen Tag alleine auf dem Traktor.

Bärbel: Früher war die Arbeit am Hof gelassener. Man konnte leichter von Landwirtschaft leben. Für die heutige Zeit ist unser Hof eigentlich zu klein strukturiert, denn der Konkurrenzdruck aus dem Ausland steigt. Viele Landwirt:innen arbeiten sieben Tage die Woche, zwölf Stunden pro Tag und müssen sich dennoch ein zusätzliches Einkommen suchen. Auch mein Mann hat eine eigene Firma, auf die wir finanziell angewiesen sind.

Steffi: Als meine Oma den Betrieb leitete, fiel weniger Büroarbeit und Buchhaltung an. Man hat mehr im Stall und auf den Feldern gearbeitet. Ich glaube, dadurch war vieles einfacher und unbeschwerter.

Was bedeutet dir Bio-Landwirtschaft?

Anni: Wir waren einer der ersten Betriebe in Baierbrunn, die 1984 mit dem Naturland-Siegel versehen wurden. Es war nicht leicht, auf natürliche Bewirtschaftung umzustellen, doch es war uns sehr wichtig. Zum Glück wurden wir unterstützt. Eine Umweltgruppe im Ort half uns zum Beispiel dabei, das Unkraut mit den Händen zu pflücken – statt chemischen Dünger zu verwenden.

Bärbel: Bio-Landwirtschaft muss eine persönliche Überzeugung sein. Es ist schwierig, sie aufrechtzuerhalten. Die Förderungen, die wir bekommen, können nicht den niedrigeren Gewinn ersetzen. Durch die Inflation sparen die Leute zudem an Lebensmitteln. Unsere Molkerei hat uns neulich aufgefordert, weniger Milch zu liefern, da sie nicht so viel Bio-Milch verkaufen können.

Steffi: Es ist uns sehr wichtig, ohne Pestizide zu arbeiten und das Tierwohl an erste Stelle zu setzen. Als meine Großeltern den Hof vor etwa 40 Jahren auf Bio umstellten, wurden sie noch von vielen belächelt. Sie waren trotzdem schon überzeugt von der Idee. Für uns ist Bio der richtige Weg, doch wir wollen die konventionelle Landwirtschaft keinesfalls schlecht machen.

Wie würdest du dein Verhältnis zu euren Tieren beschreiben?

Anni: Ich liebe unsere Tiere. Sonst würde ich die Arbeit am Hof nicht machen, man ist schließlich 365 Tage im Jahr bei ihnen. Egal ob an Silvester oder Heilig Abend – die Tiere gehen immer vor. Wenn eine Kuh dann für die Schlachtung abgeholt wird und man weiß, sie hat ihr ganzes Leben für einen gearbeitet, kugeln auch mal Tränen.

 

Bärbel: Wir haben ein sehr enges Verhältnis zu unseren Tieren. Viele andere Kälber werden zum Beispiel gleich nach der Geburt an den Kälbermarkt oder an große Mastbetriebe verkauft. Wir hingegen ziehen auch die Stierkälber selbst groß und nutzen sie für die Fleischproduktion. Sie werden später geschlachtet als üblicherweise.

 

Steffi: Wir haben knapp 50 Milchkühe und jede von ihnen hat ihren eigenen Namen. Wenn sie geschlachtet werden, weil sie keine Milch mehr geben oder krank sind, macht das unser eigener Metzger. Wir haben ein EU-zertifiziertes Schlachthaus, direkt bei uns am Hof. Unsere Tiere müssen keine langen Transportwege auf sich nehmen, wie es sonst oft der Fall ist.

Welche Verantwortung hat Landwirtschaft, wenn es um Klimaschutz geht?

Anni: Ich glaube, es geht um einen bewussten Umgang mit tierischen Produkten. Wir haben in der Biolandwirtschaft etwa ein Rind pro Hektar Land. Zum Vergleich: Manche Betriebe halten 600 Tiere auf kleinsten Flächen.

 

Bärbel: Wir arbeiten nach dem Prinzip des geschlossenen Kreislaufs: Dabei werden die Nährstoffe, die unseren Böden durch das Futter für die Tiere entnommen wurden, durch den Mist zurückgegeben. So brauchen wir keinen zusätzlichen Dünger und es kann zu keiner Überdüngung kommen. Das ist ein Beispiel dafür, wie Biolandwirtschaft gut für die Umwelt sein kann.

 

Steffi: Ich glaube schon, dass wir viel für den Klimaschutz tun. Die regionale Vermarktung unserer Produkte ist für mich ein großer Aspekt davon, denn sie werden nicht um die halbe Welt gefahren. Unsere Stalltüren stehen außerdem immer für unsere Kund:innen offen und sie können sehen, woher die Lebensmittel kommen.

Wo seht ihr euren Hof in dreißig Jahren?

Anni: Ich weiß ehrlich gesagt nicht, ob Bio-Landwirtschaft hier in dreißig Jahren noch möglich sein wird. Früher gab es in Baierbrunn weniger als tausend Einwohner:innen. Heute sind es fast dreimal so viele und zusätzlich kommen mehr und mehr Besucher:innen, die Erholung wollen. Die freien Flächen für die Landwirtschaft werden da immer weniger.

 

Bärbel: Ich möchte alle unsere Produkte noch besser vermarkten. Dann müssten wir nicht vergrößern und könnten als kleiner Betrieb bestehen.

 

Steffi: Ich hoffe, wir können bis dahin noch mehr Aufklärungsarbeit leisten und mehr Konsument:innen davon überzeugen, ihre Lebensmittel direkt vom Bauernhof zu beziehen. Außerdem fände ich es schön ein eigenes Hofcafé zu eröffnen.

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