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Das Papier wird an der Uni nicht aussterben

Foto: john dow photocase

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Ein neues Start-Up aus Berlin (na klar!) feiert gerade einen wahrscheinlich beachtlichen, aber auch seltsamen Erfolg. Unter dem Namen PrintPeter bietet es folgenden Service an: Studenten können ihre Texte hochladen, ausdrucken lassen und als gebundenes Ringbuch nach Hause bestellen. Auf Papier. In Farbe. Kostenlos. Und, um das noch mal zu betonen: auf Papier. Um den Druck zu finanzieren, stehen unten auf den Seiten dann Anzeigen, die je nach Fachrichtung, Semesterzahl und Studienort auf die Studenten abgestimmt sind: Jobangebote und Praktikumsstellen, aber auch Fernbuslinien oder Onlineshops schalten am unteren Rand der Texte ihre Werbung. Dazwischen lockern Fun Facts und Rätsel das Lernen auf. PrintPeter gibt es erst seit zwei Wochen, aber schon mehr als 6000 Studenten haben sich ihre Texte ausdrucken und nach Hause schicken lassen. Trotz der kurzen Laufzeit gebe es schon positives Feedback von den Firmen, die ihre Werbung unter den Unitexten schalten, sagt Cecil von Croy, Mitgründer der Berliner Firma.

Ist ja eine gewisse Ironie: Gerade aus der Start-Up-Szene kommt die altmodisch anmutende Idee, Dokumente wieder auszudrucken. Vor zwei Jahren hatte Kevin Curran vom  Institute of Electrical and Electronics Engineers immerhin noch das Aussterben der Drucker bis 2018 vorhergesagt. Wir würden uns an das Lesen auf Tablets gewöhnen und nie wieder etwas ausdrucken wollen, prophezeite der Wissenschaftler damals. Außerdem existiert inzwischen ja auch fast alles in digitaler Form: Kalender und Notizbücher gibt es längst standardmäßig auf allen Handys und Laptops, und die meisten Professoren an der Uni laden vorlesungsrelevante Texte auf einer Onlineplattform hoch. Und Studenten laden sie also herunter und drucken sie wieder aus. Auf Papier.

Warum ist gerade die Uni, ein Ort voller Digital Natives, die Hochburg des bedruckten Papiers? Warum entscheiden sich so viele Studenten dazu, den Prozess der fortschreitenden Digitalisierung rückgängig zu machen und befördern die von Professoren mühevoll eingescannten Dateien wieder zurück zu ihrem analogen Dasein? „Es ist einfacher, wenn man sich Notizen machen kann – hineinschreiben, markieren“, meint Cecil. Er selbst habe bis vor vier Monaten noch studiert und seine Texte auch immer ausgedruckt. Markieren und Notizen machen kann man aber natürlich auch in einer PDF-Datei. Liegt es einfach nur an der Faulheit der Studenten, ein bisschen Zeit und Mühe zu investieren, um sich die neuen Techniken, Apps und Programme anzueignen? Oder an unserem Unwissen, weil wir weder in der Schule noch im Studium je lernen, mit diesen Technologien umzugehen? 

Pragmatische Faulheit, ehrwürdiges Traditionsbewusstsein

Überzeugt alles nicht. Und wenn die praktischen Gründe ausgehen, muss man bekanntlich zum Emotionalen wechseln, zum Unbewussten vielleicht auch. Und damit wohl zur Uni selbst. Offenbar ist die immer noch ein Ort, an dem die Zeit sowieso immer ein bisschen stehen geblieben scheint. In Ehrfurcht vor dem Hort des Wissens denkt man beim Wort „Universität“ an Harry-Potter-artige Bibliotheken und ledergebundene Folianten. Da passt der E-Reader möglicherweise einfach nicht ins würdevoll-angestaubte Bild.

Dann hätte Kevin Curran bei seiner voreiligen Annahme einfach die unglaubliche Macht des Mythos Universität unterschätzt. Denn in einer Mischung aus pragmatischer Faulheit und ehrwürdigem Traditionsbewusstsein werden Studenten weiterhin ihre Texte ausdrucken. Vor allem, wenn es kostenlos ist.

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