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„Ich mag Party-Kiffer nicht“

madochab / photocase.de; Bearbeitung: jetzt

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Zum Kiffen hat so ziemlich jede*r eine Meinung. In der öffentlichen Debatte darüber kommen die Konsument*innen aber am wenigsten zu Wort. Das sind in Deutschland rund 3,7 Millionen Menschen – und längst nicht alle kiffen aus medizinischen Gründen. Die Studentin Mia kifft seit sieben Jahren. Hier erzählt sie von ihrem Alltag mit Cannabis. 

Für mich gibt es auf einer Party beim Thema Kiffen zwei Typen von Menschen. Ich nenne sie die Frequenz-Kiffer und die Party-Kiffer. Die Frequenz-Kiffer sind Leute wie ich, die auch im Alltag viel Gras rauchen. Sie genießen eher und sind nicht so geil aufs Rauchen, weil sie ja auch sonst immer kiffen. Sie rasten nicht aus, wenn jemand sagt, dass er Gras dabei hat, sie nehmen es gelassen hin und rauchen mit – weil sie ja eh immer rauchen. Die Party-Kiffer sind richtig geil auf einen Joint. Sie haben sonst nie Gras zur Verfügung und nutzen deswegen die Anwesenheit eines Frequenz-Kiffers als Chance, um endlich mal wieder einen durchzuziehen. Sie haben sich für diesen Abend eh schon mit Alkohol zugeknallt und denken sich: „Warum jetzt heute nicht mal noch was Verrücktes machen?“ Weil sie aber sonst nicht kiffen und eh schon viel zu betrunken sind, schlafen sie nach drei Zügen auf dem Sofa ein.

Ich mag Party-Kiffer nicht. Ich fühle mich von solchen Leuten ausgenutzt. In meiner Schulzeit hatte ich auf Partys ständig Gras dabei. Ich fand es cool, vor anderen zu kiffen. Es gab mir Aufmerksamkeit und die habe ich genossen. Ich war überall eingeladen, alle freuten sich, wenn ich irgendwo auftauchte. Auch Leute, die mich nicht kannten. Ich dachte: „Wow, geil, ich bin ja echt beliebt! Woher kommt das nur?“ Ich weiß, das klingt jetzt hier ziemlich eindeutig. Aber ich selbst habe lange gebraucht, um zu kapieren, dass ich nur wegen der Drogen auf die Partys eingeladen wurde.

Mit 18 Jahren, als ich immer mehr an Partyraucher abgeben musste, checkte ich, dass mich diese Leute nur ausnutzen. Ich fing an, Partys von entfernten Bekannten zu meiden. Rauchen konnte ich ja auch alleine daheim. Sollten sich die Menschen doch ihr eigenes Gras holen, ich hatte keine Lust mehr, ihre Drogenlieferantin zu sein. Heute biete ich auf Partys am liebsten nur noch meinen Freunden was an. Wenn nur Fremde um mich sind, packe ich auf einer Party keinen Joint mehr aus. 

„Im Kifferloch ist es ruhiger, da vergisst man die Zeit und den Rest der Party“

Generell kiffe ich mittlerweile auf Partys weniger. Ich habe kapiert, dass der Rausch von Gras dafür einfach nicht gemacht ist. Man will high ja eher allein sein, Tiefkühlpizza essen, Eistee trinken und Serien schauen. Das alles passt nicht so richtig zu einer Party. Deshalb ist Gras für mich auch keine Partydroge mehr. Ich kann die vielen Betrunkenen auf Partys bekifft nicht ertragen. Während Kiffer wie ich ruhig und gechillt sind, sind Besoffene aufgepeitscht, oft aggressiv und feierwütig. Die Betrunkenen kann ich ja schlecht vom Trinken abhalten, deshalb kiffe ich einfach weniger und trinke selbst mehr.

Ich baue auf Partys am liebsten, wenn sie vorbei sind. Da macht die entspannte, lockere Wirkung von Cannabis ja auch viel mehr Sinn als auf einer Hausparty voll mit besoffenen Studierenden. Wenn ich mit meinen Mitbewohnern vom Feiern nach Hause komme, dann sitzen wir oft noch morgens in der WG und rauchen einen Joint zusammen. Das finde ich schön, weil die Leute dann runterkommen, nicht mehr so betrunken sind und man sich nach einer Party noch einigermaßen unterhalten kann.

Mia heißt nicht wirklich Mia, möchte aber  ihren richtigen Namen nicht im Internet lesen. Ihr wahrer Name ist der Redaktion bekannt. Für diese Kolumne treffen wir sie regelmäßig und sprechen mit ihr über ihr Leben als Kifferin.

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