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Mit Snapcrap kann man in San Francisco Kackhaufen melden

Foto: Ferdinand Stöhr / Unsplash / Collage: jetzt.de

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Sean Miller ist 24 und vor einem Jahr nach San Francisco gezogen, um nach seinem Studium in der Tech-Branche zu arbeiten. Worauf er vorher nicht gefasst war: die ekelhaften Zustände auf den Straßen in der teuersten Stadt der USA. Nachdem er ein Jahr lang im Slalom um Kackhaufen herumgelaufen war, hat Miller eine App entwickelt, die dabei helfen soll, das Problem zu beseitigen. „Snapcrap“ funktioniert wie ein Snapchat-Klon und hat im Grunde nur eine Funktion: Sieht man einen Haufen auf der Straße oder dem Gehweg, macht man ein Bild davon und schickt es an die zuständige Behörde mitsamt den Geodaten. Das seit einem Monat tätige sechsköpfige Team der „Poo Patrol“ soll daraufhin den Haufen entfernen.

Das klingt zunächst recht witzig und sehr eklig. Aber dahinter steckt ein massives Problem, das die Stadt San Francisco seit Jahren nicht in den Griff bekommt. Die Gentrifizierung, die in dieser Stadt nahe dem Silicon Valley mit seinen Internet-Millionären sehr viel drastischer vonstattengeht als anderswo, trifft die Obdachlosen besonders schwer. Der Umgang der Stadt und ihrer Bewohner mit den Wohnungslosen ist die Ursache der Kot-Krise.

Die Mieten in San Francisco sind mehr als doppelt so hoch wie im amerikanischen Durchschnitt: Für eine Einzimmerwohnung zahlt man durchschnittlich 2500 Dollar. Und so etwas wie sozialen Wohnungsbau gibt es in der Stadt nicht, genauso wenig wie Nischen für Obdachlose – der Bau-Boom frisst sie auf. Die Zahl der dauerhaft Obdachlosen in San Francisco wird auf mehr als 7000 Menschen geschätzt.

Überall dort, wo bis vor ein paar Jahren noch Ecken und unbebaute Grundstücke waren, wo die Obdachlosen unterkommen konnten, wurden sie rausgeschmissen, weil dort gebaut wird. Auch Lager, in denen sie sich  dauerhaft niederlassen, werden in der Stadt aufgelöst. Die Zahl der öffentlichen Toiletten, auf die wohnungslose Menschen gehen könnten, ist seit den 1990er Jahren kontinuierlich gesunken, und die meisten Restaurants, Cafés oder Geschäfte lassen inzwischen nur noch Kunden auf ihre Toilette gehen.

In den vergangenen zehn Jahren haben die Meldungen bezüglich menschlicher Exkremente um 400 Prozent zugenommen. Im Schnitt rufen 65 Menschen pro Tag bei der Stadt an, um sich über das Problem zu beschweren.

In manchen Vierteln der Stadt hängt ein durchdringender Geruch nach Urin und Kot in der Luft – und im Sommer ging eine Meldung um die Welt, dass ein Unbekannter eine Plastiktüte mit gut neun Kilo menschlichem Kot auf der Straße abgestellt hatte.

Einige Menschen kritisieren auch die Haltung der vielen Superreichen in San Francisco, denen es in erster Linie darum zu gehen scheint, das Problem unsichtbar zu machen, und nicht, den Menschen zu helfen. Die Programmiererin Jenn Wong hat schon 2008 eine Landkarte namens (Human) Wasteland programmiert, auf der man Haufen markieren konnte. Damit wollte sie auf das Problem der Obdachlosigkeit in San Francisco aufmerksam machen. Als die Karte immer häufiger genutzt wurde, um die wohnungslosen Menschen an den Pranger zu stellen, schloss sie die Seite. Auch die Stadtverwaltung hat ein System, mit dem man Exkremente an die „Poop Patrol“ melden kann. Doch eine grundsätzliche Lösung für das Problem scheint weiterhin nicht in Sicht zu sein. 

chwa

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