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DIY-Videos geben mir das Gefühl: Ich kann alles schaffen

Foto: joexx / photocase

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Wenn Spülkästen repariert werden müssen, Abflüsse entstopft oder Dübel aus der Wand gebrochen sind, rücke ich an. Ich habe in meiner WG die Rolle der Hausmeisterin. Immer dabei: mein Tablet, auf dem das entsprechende How-To-Video läuft. Mit dessen Hilfe nähe ich mir Rocksäume um (mit Blindstich), koche die perfekte Tomatensauce (nicht umrühren) und habe einen kleinen Kräutergärten am Fensterbrett ausgesät und großgezogen (Basilikum nicht neben Dill pflanzen). Dank unzähliger Anleitungen im Internet muss ich mich wegen eines platten Reifens auch nicht mehr mit dem grummeligen Besitzer des Fahrradladens nebenan rumschlagen, vor allem nicht mit seinen Preisen.

Der DIY-Ecke des Internets verdanke ich aber noch viel mehr: das wohlige Gefühl, mit ein bisschen Geduld alles selbst schaffen zu können – egal ob mehrstöckige Torte oder selbstgebautes Regal. Den Stolz, die Funktionsweise des Spülkastens genauestens durchstiegen zu haben. Den liebevollen Blick, mit dem ich meinen Fahrradreifen betrachte, seit ich mich selbst um ihn kümmere – ob wohl noch alles in Ordnung ist? Und für ein bisschen Angeben taugen Selbstrepariertes und Selbstgemachtes natürlich sowieso: „Seht her, was ich alles kann!“

Weil sie eben solche positiven Gefühle auslösen, sind Anleitungen zum Selbermachen ein so wichtiger Teil des Internets. Sie verkörpern seinen eigentlich ja guten alten Grundgedanken: Durch das Teilen von Informationen für alle Menschen zugängliches Wissen zu generieren. Was in den meisten Bereichen längst durchkommerzialisiert ist, gibt es hier noch in seiner ganz puren Form: Menschen, die etwas gut können – Tomatensauce, Reifenwechsel, Opernsingen –, schreiben einen kleinen Forenbeitrag oder drehen ein Video für Youtube. Erklären, wie man das als Anfänger auch schafft – Schritt für Schritt. So ähnlich wie die „Für Dummies“-Bücher vor 15 Jahren, nur kostenlos, direkter, vielfältiger und kreativer.

DIY-Videos geben mir den Glauben an die Menschheit zurück

Während die öffentliche Diskussion zum Internet sich vor allem um dessen dunkle Seiten, um Hatespeech, Datenmissbrauch und Populismus dreht, geben DIY-Videos mir den Glauben an die Menschheit zurück. Zum Beispiel das Video von diesem kleinen Mädchen, das den Dreiersprung im Eiskunstlauf erklärt:

Einfach aus der Eishalle gefilmt, ohne Werbung davor zu knallen, oder Produkte zu platzieren. Einfach damit jeder, der schon immer mal elegant über das Eis springen wollte, es schaffen kann. 1.535 Menschen haben es gesehen, der einzige Kommentar darunter: „Cool“, mit zwei Smileys.

Diese wohltuende Ecke des Internets hat neben den hilfreichen Alltagstipps, also den Spülkasten- und Fahrradschlauchvideos, eben auch Anleitungen für Menschen mit großen Ambitionen. Egal ob Opern singen oder Drohnen bauen: Wenn etwas existiert, gibt es davon ein „How-To-Video“.

Und dann wäre da noch die Kategorie innovative Videos: So gart man ein Steak mit einem Geschirrspüler:

Und so baut man mit einer Wäscheklammer einen Spielzeug-Roboter:

Das ist vielleicht nicht immer alles alltagsnah und supernützlich. Aber beim Basteln, Lernen und im Internet generell gilt: Es reicht ja, wenn es Spaß macht. Und dass es das macht, weiß ich spätestens nachdem ich 20 Mal den Replay-Button eines Erklärvideos gedrückt habe, der Dübel in der Wand bleibt und die Tomatensauce wirklich ziemlich perfekt ist.

* Aurelie von Blazekovic ist Schülerin der Deutschen Journalistenschule. Dieser Text ist entstanden im Rahmen des Zündfunk-Netzkongresses, dem Digital Kongress vom Bayerischen Rundfunk und der Süddeutschen Zeitung.

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