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2500 Euro brutto für die Chocolatière

Tea isst in ihrer Freizeit sehr gerne Schokolade – während der Arbeitszeit nascht sie nicht.
Foto: Privat

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Wie mein Arbeitsalltag aussieht

Mein Arbeitstag startet um neun Uhr. Es gibt pro Tag mindestens dreißig verschiedene Pralinen. Eine Praline hält sich etwa einen Monat. Ich schaue zuerst, welche Pralinensorten ausverkauft und ob noch Bestellungen offen sind und beginne danach mit der Herstellung von neuen Pralinen. Ein Klassiker sind Pralinen mit Nougatfüllung: Dafür erwärme ich die Schokolade auf maximal 60 Grad. Anschließend gieße ich die Schokolade in eine Form und drehe sie um, sodass nur eine dünne Schicht in der Form kleben bleibt. Dann habe ich schon einmal den Hohlkörper für die Praline.

Als nächstes erwärme ich die Nougatfüllung, da muss man aufpassen, dass die Masse nicht zu heiß wird. Nachdem der Nougat in die Form gefüllt und ausgekühlt ist, mache ich eine dünne Schicht Schokolade auf die Praline. Damit wird sie sozusagen verschlossen. Da ich in einem kleinen Betrieb arbeite und auch für den Verkauf zuständig bin, wird meine Arbeit an den Pralinen über den Tag immer wieder unterbrochen. Ich arbeite aber auch gerne mit den Kunden. Am Ende des Tages reinige ich alle Geräte per Hand. Hygiene ist sehr wichtig.

Wie ich Chocolatière geworden bin

Ich habe mir nach der Hauptschule Praktika in vielen unterschiedlichen Betrieben gesucht, zum Beispiel in einer Gärtnerei, im Raumausstattungs-Bereich, in einer Bäckerei. Und eben auch in einer Konditorei. Da hat es mir am besten gefallen, denn man produziert sozusagen kleine Kunstwerke. Mich hat die Kreativität gereizt: Wie dekoriert man eine Torte? Welche Geschmäcker passen gut zusammen? Man kann sich die dreijährige Ausbildung zur Konditorin vorstellen wie ein duales Studium, ich habe jede Woche einen Tag in der Berufsschule und vier Tage im Ausbildungsbetrieb verbracht. Ich war in einer rein weiblichen Meisterklasse, die meisten anderen waren aber älter als ich.  

Am Ende Ausbildung war ich gerade mal 18 Jahre alt. Deswegen habe ich erstmal zwei Jahre Praxiserfahrung in einer Konditorei gesammelt. Langfristig wollte ich aber einen Meistertitel haben. Man lernt während der Ausbildung zum Konditormeister auch viel über Betriebswirtschaft: Wie führe in einen Betrieb? Wie bilde ich aus? Am Ende musste ich innerhalb von zwei Tagen ein eigenes Buffet zu einem selbst ausgewählten Thema, wie zum Beispiel „Alice im Wunderland“ herstellen. Diese Zeit war stressig und wirklich teuer. Inklusive der Fahrtkosten musste ich etwa 11 000 Euro zahlen. Aber ich habe meinen Meister als Konditorin in der Tasche.

Welche Eigenschaften man als Chocolatière braucht

Man sollte Durchhaltevermögen haben. Das ist schon ein Beruf mit viel Konkurrenz und auch nicht immer eine nette Branche. Außerdem muss man schwere Sachen tragen, gerade in großen Betrieben. Auch an das lange Stehen musste ich mich erst gewöhnen. Wenn man die Arbeit nicht gerne macht, ist die körperliche Arbeit umso anstrengender.

Man braucht zudem ein wenig handwerkliches Geschick und Respekt für die Rohmaterialien. Ich versuche zum Beispiel, kaum Lebensmittel wegzuschmeißen. Kreativ zu sein ist auf jeden Fall ein großer Vorteil: Ich denke mir auch gerne mal neue Pralinensorten aus. Gerade Schokolade als Rohmaterial bietet immer neue Möglichkeiten und kommt nie aus der Mode. Anders ist das zum Beispiel bei Zuckergebäck. Eine Zeit lang waren Figuren und Verzierungen aus Zucker angesagt. Aber irgendwie will dann doch niemand eine ganze Figur aus Zucker essen.

Vorstellung vs. Realität

Es gibt das Klischee eines Konditors: Der ist männlich und seine Statur eher runder und fester, weniger schlank und zierlich. Die Leute sind oft überrascht, wenn sie mich sehen, weil sie andere Vorstellungen von einem Konditor haben. Dann muss ich mir blöde Kommentare anhören. Ich bin noch jung, klein und zierlich. Ich werde manchmal noch immer gefragt: Ist das wirklich dein Beruf?

Generell wird mein Job auf jeden Fall romantisiert. Viele denken, es sehe doch so leicht aus, was ich mache. Aber das ist jahrelange Übung. Im Handwerk bekommen wir zwar nicht jede Torte genau gleich hin, aber das ist ja gerade das Schöne daran. Mittlerweile wird allerdings immer mehr Handarbeit durch Maschinen ersetzt. Dadurch bevorzugen viele Menschen gefrorene Torten, die dann alle exakt gleich aussehen.

Was der Job mit meinem Privatleben macht

An Feiertagen ist natürlich viel los. Gerade in der Vorweihnachtszeit bin ich sehr beschäftig und auch am 24. Dezember muss ich noch ein paar letzte Pralinen herstellen. Außerdem arbeite ich immer samstags und habe dafür montags frei. Das finde ich aber eigentlich praktisch, weil ich Arzttermine oder Einkaufen auf den Montag legen kann.

Auch in meiner Freizeit backe ich sehr gerne. Meine Freunde bekommen immer Torten als Geburtstagsgeschenke. Und ich kann in Cafés handwerkliche Produkte von industriell gefertigten Torten unterscheiden. Als Tipp: Handarbeit bei Kuchen und Torten erkennt man daran, dass nicht jedes Produkt gleich aussieht. Bei einer Erdbeerschnitte ist nicht jede Erdbeere gleich geschnitten oder bei einer Torte sind nicht alle Schichten exakt gleich hoch. 

Was ich auf Partys immer gefragt werde

Die meisten fragen mich, ob ich während der Arbeit viel nasche. Das mache ich aber fast nie. Wenn ich neue Rezepte ausprobiere, muss ich natürlich kosten. Aber abgesehen davon bin ich sozusagen „geruchsblind“. Ich rieche Schokolade gar nicht mehr, wenn ich den ganzen Tag damit arbeite. Privat esse ich aber gerne Schokolade: Pralinen mit Nougat oder Marmorkuchen gehen immer für mich.

Wie viel man als Chocolatière verdient

Ohne Meister verdient man als Konditor ab 2000 Euro brutto im Monat. Ich komme mit meinem Meistertitel bei rund 2500 Euro brutto raus. In großen Betrieben kann man noch mehr verdienen, da wird allerdings viel mehr mit Maschinen gearbeitet. Man arbeitet dort an sogenannten „Posten“ und sticht vielleicht den ganzen Tag Plätzchen aus. Ich arbeite lieber in einem kleinen Betrieb, wo ich jeden Arbeitsschritt selbst in der Hand habe. Das ist für mich wirkliches Handwerk.

Meine Wünsche für die Zukunft

Selbst einen eigenen Betrieb zu leiten, kann ich mir in der aktuellen wirtschaftlichen Lage eher nicht vorstellen. Die Maschinen sind sehr teuer und die Produkte aus der Industrie werden immer besser. Da hat es ein kleiner handwerklicher Betrieb nicht leicht.

Ich stelle es mir aber schön vor, mal im Ausland zu arbeiten, weil das Handwerk anders ist. Besonders in Frankreich und Italien. Da könnte ich zum Beispiel einen Sommer lang dabei helfen, Eis herzustellen. Mich würde es auch reizen, nochmal in einer reinen Konditorei zu arbeiten, über die Pralinen hinaus. Das Herstellen von Stollen und anderem Kuchen fände ich toll.

Meine Geheimtricks zum Thema Schokolade

Wenn ihr Früchte mit Schokolade überzieht und sie länger aufbewahren wollt, solltet ihr sie nicht ganz mit Schokolade überziehen. Es ist wichtig, ein Stück freizulassen, damit beispielsweise eine Erdbeere noch Feuchtigkeit abgeben kann. Sonst wird sie im Schokoladenmantel schneller schlecht.

Wenn ihr Formen, in die ihr danach Schokolade gießt, kurz in den Kühlschrank stellt, glänzt die Schicht später mehr. Erhitzt Schokolade nicht über 60 Grad, optimal sind  55 Grad. Wenn ihr die Schokolade zu heiß macht, verbrennt der Zucker in der Schokolade. Diese verbrannten Zuckerkristalle schmeckt man dann später. Lagert Schokolade besser nicht im Kühlschrank. Bei manchen Sorten wie Walnusspralinen springt die Schale dann von der Füllung weg. 

Und ein wichtiger Tipp zur Lagerung: Schokolade nimmt den Geschmack von anderen Lebensmitteln an. Deswegen solltet ihr offene Schokolade nicht neben Lebensmittel mit starken Eigengerüchen wie Käse lagern. Und am besten auch nicht neben Tee.

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