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2500 Euro brutto für die Bühnenbildnerin

Marlene hat schon als Kind kleine Welten in Schuhkartons gebaut.
Foto: Roly Chamber, D105 Studio Barcelona

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Was eine Bühnenbildnerin macht

Ich plane, entwerfe und realisiere Kulissen und Kostüme vor allem für Theaterstücke, aber auch für Filmsets, zum Beispiel als sogenannte Set Dresserin bei verschiedenen Produktionen. Meine Arbeitgeber und Einsatzorte wechseln je nach Projekt. Mein Ziel ist es, neue Welten zu kreieren, die dem Publikum im Kopf bleiben. Ich will Gefühle, Atmosphären und Lichtstimmungen erzeugen – meine Bühnenbilder sollen die Fantasie der Zuschauerinnen und Zuschauer anregen.

Wie mein Arbeitsalltag am Theater aussieht

Mein Job ist total vielseitig. Ich arbeite immer wieder in neuen Teams, dazu gehören Regie, Dramaturgie und die Schauspielerinnen und Schauspieler. Nachdem wir unsere Ideen auf einen Nenner gebracht haben, führen wir ein Konzeptionsgespräch mit der Intendanz des Theaters. Bei mir im Atelier zeichne ich die Pläne und baue das Modell, bleibe dabei aber immer im Austausch mit dem Team.­

Dann stelle ich mein Modell dem Haus und den Werkstätten vor, die das, was ich mir überlegt habe, in größer umsetzen: in der sogenannten Bauprobe, etwa zwei Wochen später. Hier wird das Modell auf der Bühne getestet. Wir schauen, ob man alles gut sehen kann, von welchen Elementen es zu viele oder zu wenige gibt. Wiederum zwei Wochen später folgt die sogenannte Werkstattabgabe. Hier gebe ich schließlich die finalen Pläne mit den endgültigen Maßen ab.

Parallel dazu beginnt oft die Probenzeit. Die Vorproben gehen etwa vier Wochen. Da können sich immer noch ganz viele Sachen ändern, was die Bühne betrifft. Ich bin in dieser Zeit nicht immer bei den Proben anwesend, sondern auch viel in Werkstätten unterwegs oder recherchiere. Manchmal kommt es in der Probenzeit auch vor, dass sich Projekte überschneiden und ich andere Abgaben vorbereiten muss. Nach den Vorproben kommt die sogenannte technische Einrichtung. Dort wird zum ersten Mal das vollständige Bühnenbild aufgebaut. Danach geht es in die Endprobenzeit, währenddessen wohne ich quasi im Theater. Ich bin viel mit dem Licht beschäftigt und feile an den letzten Details der Bühne. Bis dann endlich die Premiere kommt.

Wie ich Bühnenbildnerin geworden bin

Ich habe schon als Kind kleine Welten in Schuhkartons gebaut, das fand ich lustig. Nach der Schule habe ich nicht klassisch Bühnenbild, sondern Produktdesign und visuelle Kommunikation studiert. Währenddessen habe ich ein Praktikum beim Film gemacht und in der Außen-Requisite bei verschiedenen Filmprojekten gearbeitet. Schließlich habe ich den Szenografie-Master in Barcelona gemacht und am Theater hospitiert.

Nach dem Studium habe ich zwei Jahre lang bei den Münchner Kammerspielen im Bühnenbild assistiert. Das war wie eine kleine Ausbildung für mich, weil ich dort in zahlreiche Projekte reinschnuppern und sehr viel machen konnte. Nun arbeite ich seit einem halben Jahr als freiberufliche Bühnenbildnerin und Szenografin.

Der Übergang in die Selbständigkeit

Was mir vorher nicht klar war: Es gibt so gut wie keine Festangestellten in der Branche. Meine befristete Stelle als Bühnenbildassistentin kam dem schon am nächsten, doch die Vorstellung, komplett frei zu arbeiten, war schon ein wenig gruselig – gerade, weil ich noch nicht wusste, wie das alles funktioniert.

Doch in den zwei Assistenzjahren habe ich schnell Leute kennengelernt, die einen an die Häuser weiterempfehlen, und so habe ich auch schnell Aufträge bekommen. Ich dachte erst, es gibt da sicher einen großen Konkurrenzkampf, doch bis jetzt habe ich nur gute Erfahrungen gemacht.

Welche Eigenschaften man als Bühnenbildnerin braucht

Viel Durchhaltevermögen. Man muss wirklich mögen, was man macht; gerade gegen Ende eines Projekts hat man eigentlich kein Leben mehr. Es gibt dann keine Wochentage mehr, kein Wochenende oder einen geregelten Alltag.

Was der Job mit dem Privatleben macht

Vor allem während der finalen Proben ist man wie verschluckt. Die gehen zwar meistens nur zwei Wochen, aber in der Zeit ist man echt raus. Vormittags wird von 10 bis 14 Uhr, abends von 18 bis 22 Uhr geprobt. Auch in der Zeit dazwischen bin ich oft vor Ort, weil es immer etwas zu organisieren gibt. Bei einigen Projekten helfe ich auch noch beim Kostümbild mit.

Außerdem habe immer wieder andere Arbeitsorte; ich bin ja nie fest an einem Haus. Im vergangenen halben Jahr war ich zum Beispiel jeweils zwei Monate in München, Berlin und Mannheim. Meistens komme ich dann in einer Wohnung unter, die das Theater stellt. Daraus folgt: Eigentlich kann man seine Base haben, wo man will. Ich wohne seit kurzem in Barcelona, was ich sehr cool finde, und fahre dann immer mit dem Zug nach Deutschland. Reisen muss ich sowieso, also warum nicht von Barcelona aus?

Die größten Herausforderungen als Bühnenbildnerin

Ich will fantastische Welten erschaffen – und stoße dann doch immer an die finanziellen Grenzen. Holz, zum Beispiel, ist momentan dreimal so teuer wie vor zwei Jahren noch, aber das ist eigentlich bei allen Materialien so, die ich brauche. Man kann leider nicht mehr so riesig denken. Es wird immer schwieriger, mit dem Budget zu planen, wenn man seine Vorstellungen umsetzen will.

Schwierig ist für mich auch, dass ich nie weiß, was als Nächstes kommt und ob ich Jobs kriege. Aber ich bin da nicht so ängstlich, ich vertraue irgendwie darauf, dass immer wieder ein Angebot reinkommt. Trotzdem baue ich mir ein zweites Standbein auf: Seit kurzem helfe ich bei einem neuen Fotostudio in Barcelona mit. Ich würde meinen Job auf keinen Fall tauschen wollen und könnte mir momentan nicht vorstellen, fest irgendwo angestellt zu sein.

Vorstellung vs. Realität

Bevor ich mit Bühnenbild angefangen habe, dachte ich, man würde selbst viel bauen. Das Modell baue ich immer selbst, aber die Umsetzung für die Bühne erfolgt meistens in den Werkstätten. Das ist auch schön, weil die Menschen dort das perfekt können. Gerade an großen Häusern, wie Stadttheatern, umfasst meine Arbeit viel Organisation und Planung. In der freien Szene hingegen macht man dann komplett alles selbst.

Welche Fragen man auf Partys gestellt bekommt

Oft werde ich gefragt, bei welchem Theater ich arbeite. Dann muss ich immer erzählen, dass ich von Projekt zu Projekt arbeite. Viele finden das unvorstellbar, dass man nicht an einen festen Ort gebunden ist. Und ich werde oft gefragt, ob ich die ganze Bühne komplett selbst baue. Viele finden es spannend, was es im Theater alles für Bereiche gibt.

Wie viel man als freie Bühnenbildnerin verdient

Das ist von Projekt zu Projekt unterschiedlich. Im Schnitt komme ich zurzeit bei 2500 Euro brutto im Monat raus. Wenn man ein Stück an einem großen Haus macht, kann man dafür schon mal um die 15 000 Euro bekommen. Allerdings muss ich bei jedem Stück neu verhandeln. Ich wünschte, man würde in der Szene transparenter über Honorare sprechen. Gerade wenn man anfängt zu arbeiten, weiß man einfach gar nicht, was der Maßstab ist. Das nutzen die Arbeitgeber gerne aus.

Ob ich mir meine eigenen Stücke ansehe

Es kommt darauf an. Ich habe jetzt schon öfter erlebt, dass wir aus der Produktion uns das finale Stück gar nicht mehr angeschaut haben. Man sieht das Stück in den Proben ja dreimal am Tag, und die Regiepersonen sind bei der Premiere oft sehr aufgeregt. Wir gehen dann manchmal einen Wein trinken und kommen zum Applaus wieder. Aber ich finde es schön, mir das Stück ein paar Monate nach der Premiere nochmal anzuschauen.

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