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2250 Euro für den Kfz-Mechatroniker

Foto: Privat/Bearbeitung: SZ Jetzt

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Nach einem abgebrochenen Studium entschied Leon sich für eine dreieinhalbjährige Ausbildung zum Kfz-Mechatroniker bei einer Autowerkstatt. Seit Anfang letzten Jahres arbeitet er dort in Vollzeit. Es war ein Berufswunsch, den schon sein Vater und Großvater hatten.

Was meine Aufgaben als Kfz-Mechatroniker sind

„Ich arbeite in einem Autohaus mit etwa 15 Mitarbeitenden, dabei wechsel ich zwischen Verkauf, Büro und Werkstatt hin und her. 

Ich finde, mein Job ist vielfältiger als andere Handwerksberufe. Wir beschäftigen uns mit Mechanik, Elektrik, Computerarbeit und der sogenannten Diagnose. Wenn also ein Kunde sagt, sein Auto mache ein Geräusch, müssen wir erstmal herausfinden, woher das kommt.

Dabei erledige ich alles Mögliche: Wartungen, Räderwechsel oder Autoteile nachrüsten. Wir tauschen kaputte Fahrwerksteile, Motorteile oder ganze Motoren aus und prüfen die Autos auf Verkehrstauglichkeit. Am meisten Spaß bereitet mir die Achsvermessung, bei der die Spur des Autos eingestellt wird. Nervig finde ich dagegen die Arbeit an der Mittelkonsole mit ihren vielen kleinen Plastikteilen, von denen fast immer die Hälfte kaputt geht.“

Wie ich zu dem Job gekommen bin

„Anfang letzten Jahres habe ich meine dreieinhalbjährige Ausbildung zum Kfz-Mechatroniker abgeschlossen. Vorher habe ich Arboristik studiert, sozusagen Förster für die Stadt. Das habe ich abgebrochen, weil es kaum Aussichten auf einen Job gab. Ich wusste nicht, was ich tun soll. Mein Vater hat vorgeschlagen, ich solle Kfz lernen. Er und mein Opa hätten das auch gerne gemacht und auch ich habe schon als Kind darüber nachgedacht, Kfz-Mechatroniker zu werden.

Ich habe mich dann bei etwa sieben Autohäusern beworben und nur von drei Betrieben eine Rückmeldung bekommen. Nach den Vorstellungsgesprächen hatte ich bei zwei von ihnen je eine Woche Probearbeiten. Danach habe ich mich für meinen jetzigen Betrieb entschieden, der mich dann auch bei der Berufsschule angemeldet hat.

Während der Ausbildung haben wir in der Berufsschule die Theorie gelernt und das Praktische in der Werkstatt. Dort habe ich bei Wartungen geholfen, Bremsen gewechselt und alles rund um die Karosserie gelernt. In der Berufsschule gab es drei Lernfelder: Elektrik, Mechanik und Werkzeuge und Materialien. Zusätzlich hatten wir Deutsch und Politik. Mein Ausbildungsbetrieb hat mich anschließend für zwei Jahre übernommen.“

Was am Anfang herausfordernd war

„Ich hatte anfangs Probleme mit dem Autofahren in der Werkstatt, weil das ganz anders ist als auf der Straße. Ich muss die ganze Zeit auf kleinstem Raum rangieren, weil die Werkstatthalle voll mit Autos ist oder ich ein Auto auf die Hebebühne fahre. Dabei höre ich die ganze Zeit den nervigen Dauerton der Einparkhilfe.“

Wie mein typischer Arbeitsalltag aussieht

„Morgens geht es als Erstes zum Chef und alle Autos werden aus der Werkstatt gefahren. In der Werkstatt hat jeder Kollege sein Spezialgebiet. Danach verteilt der Chef die Aufträge an uns, die wir Stück für Stück abarbeiten. Um zwölf Uhr haben wir dann eine halbe Stunde Pause zum Essen.

Im Durchschnitt brauche ich ein bis zwei Stunden für einen Auftrag und schaffe ungefähr vier Aufträge pro Tag. Manchmal stehen wir bei unseren Aufgaben unter Zeitdruck. Beim Räderwechsel zum Beispiel muss alles in einer halben Stunde erledigt werden, weil im Halbstundentakt neue Autos kommen. Bei anderen Aufgaben geben die Autohersteller Zeiten vor und wenn wir länger brauchen, wird das nicht bezahlt. Bekomme ich einen Auftrag fertig, fährt mein Chef das Auto nochmal Probe.

Normalerweise arbeitet jeder allein an einem Auto, außer es muss schneller gehen. Da braucht es auch mal zwei Mitarbeitende. Wenn ich dann abends nach Hause komme, fühle ich mich, als hätte ich wirklich was geschafft.“

Wie es ist, in einer männerdominierten Branche zu arbeiten

„Ich finde das eigentlich nicht schlimm. Bei uns in der Werkstatt arbeitet keine Frau. Schon in der Schule war nur ein Mädchen in meiner Klasse.“

Was der Job mit meinem Privatleben macht

„Auch privat beschäftige ich mich mit Autos, fahre selbst und besuche Oldtimertreffen. An meinem alten Auto habe ich oft rumgeschraubt. Inzwischen fahre ich einen Renault Clio 5. Für den habe ich mich entschieden, weil ich sehe, welche Autos oft in der Werkstatt stehen und welche nicht.

Alles, was ich in meinem Job mache, kann ich nutzen, wenn Freunde Hilfe mit ihren Autos brauchen. Auch für meine Eltern habe ich schon die Bremsen oder das Öl gewechselt. Generell habe ich durch meine Arbeit angefangen, praktischer zu denken und traue mich, Dinge zu tun, für die man handwerkliches Geschick braucht.“

Welche Fragen ich auf Partys gestellt bekomme

„,Kannst du auch ein Luftfederfahrwerk einbauen?‘ Also Autos tieferlegen, die hoch- und runtergefahren werden können. Generell denken Leute, dass wir die ganze Zeit Autos tunen. Aber das ist gar nicht so. Viele fragen ganz konkrete Sachen, zum Beispiel, ob eine Steuerkette oder ein Zahnriemen besser ist. Mir macht es aber immer Spaß, über Autos zu reden.“

Welche Eigenschaften man für den Job braucht

„Verantwortungsbewusstsein und Sorgfalt sind wichtig. Kfz-Mechatroniker sollten sich Abläufe gut merken können, weil wenn ich etwas auseinander baue, muss ich es danach richtig zusammenbauen. Wir müssen generell viel mehr wissen, als viele denken. Es kann so viel schiefgehen, wie bei der Arbeit an den Bremsen. Wenn dabei ein Fehler passiert, könnte jemand sterben. Kfz-Mechatrinoker dürfen nicht blöd sein, so wie es oft dargestellt wird.

Es ist auch hilfreich, kommunikativ zu sein. Ich selbst bin das eigentlich nicht, manchmal wäre es aber besser, weil einige Kunden uns ganz schön zutexten. Das bekommen wir besonders mit, wenn wir zum Räder nachziehen aus der Werkstatt kommen. Ansonsten haben wir wenig mit den Kunden zu tun. Außerdem ist es gut, wenn man lustig ist. Wir haben einen Kollegen in der Werkstatt, der uns alle unterhält.“

Vorstellung vs. Realität

„Es ist genauso, wie ich es mir vorgestellt habe. Ich bekomme einen Auftrag, fahre das Auto auf die Hebebühne, repariere es, fahre es wieder raus und hole gleich das nächste rein. Und ich dachte mir schon, dass alles sehr schmutzig sein würde.

Ich hätte aber nicht erwartet, dass so viel Arbeit am Computer dazu gehört. Auch Blechteile rausschneiden und schweißen habe ich mir einfacher vorgestellt.“

Welche Veränderungen es durch Digitalisierung und neue Technik gibt

„Durch Elektroautos hat sich viel verändert. In der Ausbildung hatten wir dafür eigene Lehrgänge. Wir arbeiten viel am Computer und nutzen sogenannte Tester. Das sind Sonden, die man ans Auto anschließt und die auf das Fahrzeug und die Geräte zugreifen. Mittlerweile ist der Motorraum komplett zugebaut und überall sind Steuergeräte verteilt, sodass ich alle Teile über den Computer ansteuern und auslesen kann. Aus Werkstattsicht wird dadurch vieles komplizierter, weil die Autos so zugebaut sind, dass wir an viele Teile kaum herankommen.

Manchmal arbeite ich auch an E-Autos. Zur Zeit macht das aber hauptsächlich ein Kollege. Er sitzt teilweise den ganzen Tag nur am Computer.“

Wie viel ich verdiene 

„Das sind 2.250 Euro brutto. Damit komme ich gut klar. Theoretisch würde ich mehr bekommen. Aber wegen meines Autismus schaffe ich manche Aufgaben nicht so schnell wie andere. Deswegen hat mein Arbeitgeber eine Ausgleichszahlung beantragt. Wenn das durchgeht, würde ich mehr bekommen, ungefähr 2.700 Euro brutto. In der Berufsschule haben sie uns gesagt, wir sollen nicht für unter 15 Euro die Stunde arbeiten.“

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