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Null Euro für den freien Podcaster

Kristjan beschäftigt sich in seinem Podcast mit Themen, die in anderen Medien wenig behandelt werden.
Foto: Privat / Illustration: Samira Roll

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Wie ich Podcaster geworden bin 

Ich habe Publizistik und Kommunikationswissenschaften studiert und in meinem Leben beruflich immer sehr viel mit sozialen Medien zu tun gehabt. Bis zuletzt war ich als Social-Media-Manager in einem Berliner Unternehmen angestellt. Vor zwei bis drei Jahren habe ich mich dazu entschieden, einen vierwöchigen Kurs zum Thema „digitaler Journalismus“ zu belegen. Dort habe ich gelernt, wie man einen Podcast gestaltet. Das hat mein Interesse sofort geweckt. An dem Medium fasziniert mich besonders die Intimität. Einige Zuhörer:innen haben mir schon geschrieben, dass sie das Gefühl haben, bei einem Gespräch von Freund:innen dabei zu sein, wenn sie meine Folgen hören. Man hört Woche für Woche einer Person zu, die man nicht kennt, aber irgendwie zu kennen glaubt. Das finde ich spannend. Nach langem Überlegen habe ich mich im April 2021 dann dazu entschieden, einen eigenen Podcast zu starten und mich auf Tabuthemen aus der migrantischen Community zu spezialisieren. Ich habe selbst einen Migrationshintergrund und möchte endlich diese ganzen Tabus aufbrechen. Außerdem will ich ein Sprachrohr für all jene sein, die nicht gehört werden.  

Wie der Arbeitsalltag als Podcaster aussieht 

Ich produziere momentan nur eine Folge pro Monat. Dementsprechend habe ich mit meinem Podcast keinen typischen Arbeitsalltag. Nehme ich eine Folge auf, ist der Ablauf folgendermaßen: Ich kontaktiere die Interviewpartner:innen und frage, ob sie mit mir zusammenarbeiten wollen. Wenn das geschafft ist, gibt es häufig ein Vorgespräch, in dem ich die Leute kennenlerne. Danach bekommt jede:r von mir etwa zwölf Fragen zugeschickt, die ich im Podcast besprechen möchte. Nach diesen Vorbereitungen steht der Aufnahme nichts mehr im Weg. In der Zeit zwischen den Folgen suche ich primär nach spannenden Leuten und Themen. Wenn ich potenziell interessante Menschen finde, schreibe ich sie einfach über Instagram an. Ich verbringe allgemein sehr viel Zeit auf Social Media und erstelle Postings und Storybeiträge mit Infografiken rund um meinen Podcast. Zum Beispiel gestalte ich für jede Folge ein Vorschaubild, das ich auf Social Media poste, um die neue Folge anzukündigen. Dieser Prozess wiederholt sich jeden Monat aufs Neue. 

Welche Eigenschaften man als Podcaster:in braucht  

Das hängt von der Art des Podcasts ab. Was allerdings jede:r haben sollte, ist ein bisschen technisches Wissen, man arbeitet schließlich unter anderem mit Schnittprogrammen und Aufnahmetechnik. Auch organisatorische Skills sind ein Muss. Podcaster:innen sollten ein sehr gutes Zeitmanagement haben. Schließlich müssen die Folgen pünktlich online kommen. Charakterlich gibt es keine zwingenden Voraussetzungen. Natürlich sind aber Eigenschaften wie Aufgeschlossenheit, Empathie und vor allem Neugier von Vorteil. Sie machen die Gespräche einfach interessanter. Bei mir werden immer sehr persönliche und intime Themen besprochen. Ich brauche daher ein sehr gutes zwischenmenschliches Gespür und besonders viel Empathie. 

Was der Job mit dem Privatleben macht

Ich habe durch den Podcast viele neue Menschen kennengelernt, mit denen ich mich jetzt sehr gut verstehe. Mit manchen von ihnen habe ich mich sogar angefreundet. Beruflich haben sich dadurch auch einige Türen geöffnet. Es macht sich einfach sehr gut im Lebenslauf, wenn man selbst einen Podcast auf die Beine stellt und nebenbei auch noch Social-Media-Postings dafür gestaltet.  

Vorstellung vs. Realität 

Bevor ich den Podcast gestartet habe, hatte ich eine große und vor allem unrealistische Erwartung hinsichtlich der Anzahl der Follower:innen und Hörer:innen. Ich dachte immer, dass die Zahlen viel schneller steigen. 

In der Realität sieht das ganz anders aus. Man muss seine Zuhörerschaft erst einmal finden. Mittlerweile kommt es mir so vor, als käme ich in dem Business an. Die Leute finden langsam Interesse an meinem Podcast und es hat sich eine Community gebildet. Ich mache das aber auch schon eineinhalb Jahre. 

Was ich auf Partys immer gefragt werde

Wenn ich den Leuten erzähle, dass ich einen Podcast mache, bekomme ich meistens die gleichen Standardfragen gestellt: „Welche Themen behandelst du denn?“ Oder: „Mit wem hast du schon geredet?“ Bisher waren die meisten begeistert, wenn ich ihnen von meinem Podcast erzählt habe. Ab und zu kommt es vor, dass Personen mich fragen, wann ich sie denn interviewen würde. Sie meinen es zwar meistens nicht ernst, aber gelegentlich finde ich die Personen dann tatsächlich interessant. Momentan plane ich eine Folge mit einer Person, die mich angesprochen hat. Ich hoffe auch, dass das in Zukunft öfter vorkommt. 

Was ich als Podcaster verdiene 

Ich verdiene mit dem Podcast noch nichts. Wenn man nicht bei einem großen Medienhaus unter Vertrag steht, ist es schwer, damit Geld zu verdienen. Ich wäre sehr gerne Teil von einem großen Unternehmen, das mich supportet. Ich glaube, das wäre eine tolle Möglichkeit, meinen Podcast wachsen zu lassen. 

Wie man sich die Themen und Interviewpartner:innen aussucht

Ganz zu Beginn hatte ich eine Liste mit Themen erstellt, die ich unbedingt behandeln wollte. Darunter waren Themen wie Bodyshaming oder Erwartungshaltungen von Eltern in der migrantischen Community. Ich habe dann einfach Schritt für Schritt die Liste abgearbeitet. Mittlerweile ergeben sich meine Themen und die dazugehörigen Gesprächspartner:innen jedoch spontan. Die meisten Menschen lerne ich durch Instagram kennen. Dort sind die Leute sehr offen und reden ohnehin schon über die Themen, die ihnen wichtig sind. Wenn ich da jemanden interessant finde, schreib ich die Person einfach an und frage nach, ob sie Lust hätte, mit mir zu reden. Themenmäßig richte ich mich dementsprechend meistens nach meinen Interviewpartner:innen. Um möglichst viele Hörer:innen zu erreichen, suche ich nach Menschen, die schon eine große Reichweite haben. Jedoch steht das nicht im Vordergrund. Mir ist vor allem wichtig, dass die Personen wirklich etwas zu erzählen haben. 

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