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Bis zu 2500 Euro brutto für die Ladendetektivin

„Heftig! Wie bist du denn zu dem Beruf gekommen?“ Viele sind überrascht von Deryas Beruf.
Foto: Privat / Bearbeitung: SZ Jetzt

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Wie mein Arbeitsalltag aussieht  

Ich habe Einsätze in verschiedenen Supermärkten. Die Auftraggeber nennen wir „Objekte“. Je nach Objekt arbeite ich unterschiedlich lange. Manchmal bin ich acht Stunden im Markt, manchmal zwölf. Natürlich mache ich zwischendurch Pausen. Zu meinem Job gehört es auch, dass ich mich möglichst unauffällig kleide. Ich trage keine grellen Farben, auch Schmuck verberge ich unter dem Pulli, damit man mich nicht an einer Kette oder einem Armband erkennt.

  

Damit ich unerkannt bleibe, wähle ich Einsätze, die ein Stück von meinem Wohnort entfernt sind. Im Kofferraum habe ich Wechselkleidung, sodass ich mein Aussehen während einem Einsatz ändern kann. Ich wechsle auch meine Frisur, trage mal einen Dutt, mal einen Zopf, mal offene Haare. 

Dann tue ich so, als würde ich normal einkaufen. Dabei beobachte ich alle Leute ganz genau. Prinzipiell ist erst einmal jeder verdächtig. Ich tue so, als würde ich eine Saftpackung studieren, beobachte die Menschen durch die spiegelnde Scheibe der Wursttheke oder durch die Regale hindurch. Ich achte darauf, ob Leute hektisch nach links oder rechts schauen, ob sie Taschen dabeihaben oder sich komisch um die eigene Achse drehen. Ich merke mir, was die Leute im Einkaufswagen haben und überprüfe dann, ob das auch später die Produkte sind, die sie abscannen lassen. Dabei irre ich mich eigentlich nie. In einem Supermarkt in einer Großstadt kann es schon mal 14 Fälle pro Tag geben, in kleineren Städten sind es eher drei oder vier.   

Vorstellung vs. Realität 

In Filmen überführen Detektive die Diebe immer direkt und werfen sie sogar manchmal zu Boden. Das geht in Realität nicht. Der größte Fehler wäre, den Dieb noch vor der Kasse abzufangen. Dann kann er ja behaupten, er wollte die Sachen noch bezahlen. 

Ich muss warten, bis der Dieb den Kassenbereich verlassen hat. Man darf den Menschen dann nicht so auf die Pelle rücken – „den Dieb an der langen Leine lassen“, sagt man dazu. Manche Kollegen warten, bis die Person den Markt verlassen hat. Ich stelle die Diebe aber meistens direkt, nachdem sie ein paar Schritte an der Kasse vorbei gegangen sind. Im richtigen Moment zücke ich meinen Ausweis und konfrontiere die Person mit dem Diebstahl. In dieser Situation ist immer ein Mitarbeiter aus dem Supermarkt dabei, damit er zur Not eingreifen kann. Als Detektivin bin ich zwar alleine im Markt, ich gebe aber im Lager oder an der Kasse Bescheid, wenn ich einen Dieb gefunden habe.

Die Mitarbeiter kennen die Situation und reagieren schnell. Etwas anders ist es, wenn Leute den ganzen Inhalt ihres Einkaufswagens klauen wollen. Da muss ich wirklich warten, bis sie mit dem Wagen zum Auto gelaufen sind und die Einkäufe eingeräumt haben. Dann greife ich schnell ein, bevor die Person ins Auto steigt. Wenn ich vorher einschreite, könnte es ja theoretisch auch sein, dass die Person nur vor dem Supermarkt Blumen in den Wagen legen und dann noch bezahlen wollte. Wenn ich den Dieb gestellt habe, gehen wir gemeinsam ins Büro. Die meisten kommen problemlos mit, weil ihnen der Diebstahl peinlich ist. Für uns bleiben die Personen nur Verdächtige. Der Markt kann entscheiden, ob er Anzeige erstattet. Das ist fast immer der Fall. Der Diebstahl kostet 100 Euro Strafe. Dann kommt die Polizei.

Ein weiterer Trugschluss ist, dass nur junge oder arme Menschen stehlen. Alle klauen! Schicke Leute, schlecht angezogene Leute, Jung und Alt. Teilweise klauen die Leute komische Sachen, zum Beispiel Magnesiumtabletten. 

Wie ich Ladendetektivin geworden bin  

Ich habe davor zwei Jahre im Sicherheitsgewerbe gearbeitet und wollte eigentlich aussteigen. Da habe ich über einen Kollegen meinen jetzigen Chef kennengelernt. Der hat mir vorgeschlagen, Ladendetektivin zu werden. Dafür muss man eine Sachkundeprüfung bei der Industrie- und Handelskammer machen. Ich musste zum Beispiel Fragen darüber beantworten, wie ich reagiere, wenn jemand aggressiv wird. Und welche Rechte ich als Ladendetektivin habe. Die Prüfung hat mich 180 Euro gekostet. Man kann sich auch auf einer Schule auf die Prüfung vorbereiten, aber das kostet noch einmal Geld. Ich habe mir alles mit Apps und Videos beigebracht. Nach der Prüfung wurde ich von Kollegen eingelernt. Ich konnte zuschauen, wie sie in den Märkten vorgehen. Dann habe ich erst mal halb im Securitybereich, halb als Ladendetektivin gearbeitet. 

Welche Eigenschaften man als Ladendetektivin braucht 

Sehr wichtig ist ein sauberes Führungszeugnis. Außerdem braucht man Selbstvertrauen, vor allem, wenn man die Diebe anspricht. Ich muss den Überblick über die Situation behalten und ruhig bleiben, auch wenn die Leute unverschämt werden. Gerade als Frau muss ich mit fester Stimme auftreten. Außerdem braucht man eine gute Menschenkenntnis und ein gutes Gedächtnis. Ich muss die Merkmale von Menschen und ihre Einkäufe im Kopf behalten. Als Ladendetektivin ist es auch gut, sich wehren zu können. Bis jetzt wurde ich zum Glück noch nie körperlich angegriffen. 

Was der Job mit meinem Privatleben macht 

Seit ich als Ladendetektivin arbeite, beobachte ich in meiner Freizeit mehr. Auch wenn ich privat einkaufe, fällt mir auf,  wie die Leute sich verhalten. Wenn ich Menschen neu kennenlerne, achte ich jetzt viel mehr auf kleine Details und die Körpersprache. Meine Neugier für Menschen ist noch größer geworden. 

Was ich auf Partys immer gefragt werde

Ich erzähle nicht so offen von meinem Beruf. Gerade in der Kleinstadt, in der ich wohne, will ich nicht, dass die Leute wissen, was ich genau mache. Ich könnte auch mal einen Einsatz dort haben und sie dann beim Einkaufen treffen. 

Mein engeres Umfeld weiß von meinem Job. Da waren die Reaktionen positiv: „Heftig! Wie bist du denn zu dem Beruf gekommen?“ Viele sind überrascht, dass ich das als Frau mache.  

Wieso ich meinen Job mag

Ich mag das Gefühl, durch einen Markt zu laufen und zu denken: „Ich bin Detektivin und keiner hier rechnet damit.“ Ich bin während der Einsätze total selbständig. Nur meine eigene Entscheidung zählt. Ich bewege mich viel, meistens laufe ich 20 000 Schritte an einem Tag. Und ich liebe mein Team, ich lerne so viel von meinen älteren Kolleginnen und Kollegen. Ich will mich auf jeden Fall in dem Bereich weiterbilden.  

Wie viel man als Ladendetektivin verdient 

Ich arbeite in Vollzeit als Ladendetektivin und verdiene je nach Anzahl der Einsätze zwischen 2200 und 2500 Euro brutto. Meine Firma zahlt übertariflich. Ich bin echt zufrieden mit dem Gehalt. Die Fahrtkosten zu den Einsätzen werden komplett übernommen. 

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