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111 Euro brutto für die Eismacherin in Ausbildung

Foto: privat Bearbeitung: jetzt

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Im Eislabor

Um sieben Uhr beginnt meine Arbeit im Eislabor. Zunächst mische ich die Basis für unsere Eissorten an. Davon gibt es zwei verschiedene: Die für das Milcheis besteht natürlich vor allem aus Milch und Zucker, der Grundstock für die Sorbets aus Wasser und Zucker. Für die klassischen Eissorten wie Vanille, Schokolade und Erdbeere haben wir ein Rezeptbuch, an das sich streng gehalten werden muss. Schließlich erwarten unsere Kunden, dass das Eis immer gleich gut schmeckt. Wir legen auch sehr viel Wert darauf, dass unsere Zutaten frisch sind. Wenn alle Zutaten zusammen gemischt sind, landet die Masse in unseren modernen italienischen Eismaschinen. Danach muss das Eis in die fünf Liter Wannen gefüllt werden, die die meisten aus dem Eiscafé kennen.

Einmal die Woche arbeite ich auch im Service des Restaurants auf dem Ausbildungsgelände. Auch wenn man Servicearbeit bei einer Eismacherin vielleicht nicht gleich erwartet, gehört das dennoch zu meiner Ausbildung dazu. Schließlich sind viele Eisläden auch ein Café. So lerne ich von vornherein, wie ich einen gesamten Laden organisieren kann.

Neue Sorten

Ich experimentiere sehr gerne und mische neue Zutaten zusammen. Hierfür informiere ich mich auch in der Eisszene, was gerade angesagt ist: Ich lese in italienischen Fachzeitschriften oder besuche Fachmessen, um mich mit anderen Eismachern auszutauschen. Ideen bekomme ich aber auch über soziale Medien oder einfach, wenn ich mal wo anders ein Eis esse. Wenn mir etwas gefällt oder ich eine eigene Idee dazu habe, bringe ich die Zutaten mit in das Labor. Jetzt im Sommer sind Sorbets mit Geschmacksrichtungen wie Apfel-Minze, Zitrone-Basilikum oder Mango mit Limettensoße besonders beliebt. Aber auch veganes Eis wird immer mehr nachgefragt. Um dem gerecht zu werden, haben wir eine neue Sorte für unsere Eisbecher-Produktion kreiert: ein Schokoladen-Sorbet. Aber auch Milchreiseis mit Zucker und Zimt oder Tiramisu sind im Trend.

Experimentieren geht aber nur, wenn dafür Zeit ist. Jetzt im Sommer ist die Eis-Nachfrage besonders groß und wir müssen viel produzieren. Denn wir versorgen nicht nur die große Cafeteria auf meinem Ausbildungsgelände mit Eis, wir befüllen auch an die 800 Fertigeisbecher am Tag, die in anderen Cafeterien verkauft werden. Da ich im Praxisteil alleine mit meinem Ausbilder für die Herstellung des Eises verantwortlich bin, bleibt für neue Sorten oft keine Zeit.

Die Ausbildung

Ich mache meine Ausbildung zur Fachkraft für Speiseeis im Oberlin Berufsbildungswerk Potsdam. Neben meinem werden noch zahlreiche andere Berufe auf dem dazugehörigen Gelände ausgebildet – zurzeit gibt es hier etwa 600 Azubis. Das sorgt täglich für viele Menschen, die gerade im Sommer mit Eis versorgt werden wollen.

Gerade schließe ich mein zweites Lehrjahr ab. Zurzeit arbeite ich drei Tage die Woche und gehe die anderen zwei Tage zur Schule. Meine Mitauszubildenden kommen aus dem Service oder wollen Köche werden. Daher lerne ich viel über das Gastronomiewesen, Lebensmittel, Hygiene, aber seit dem zweiten Ausbildungsjahr habe ich auch Stunden in BWL und Management. Hinzu kommen ganz spezielle Unterrichtsstunden, die nur auf meine Ausbildung zur Fachkraft für Speiseeis zugeschnitten sind.

Der Weg

Nach der Schule habe ich erstmal nicht an eine Ausbildung als Eismacherin gedacht, sondern eine Ausbildung bei einem Supermarkt angefangen. Ich habe aber ziemlich schnell gemerkt, dass das nichts für mich ist. Eigentlich wollte ich danach in Richtung Sport gehen, aber konnte das aufgrund von Knieproblemen nicht. Bei meinem Ausbildungsbetrieb gab es aber die Möglichkeit, ein dreimonatiges Orientierungspraktikum zu machen, wo ich alle zwei Wochen die Ausbildungsstelle gewechselt habe. Das war super, da ich dadurch erst auf das Eismachen gekommen bin. Und schließlich hat mir diese Station am besten gefallen.

Das Geld

Die Bundesagentur für Arbeit zahlt meine Lebenshaltungskosten. Zusätzlich bekomme ich 111 Euro Unterstützung – das hört sich erst einmal nicht nach viel Geld an. Aber weil ich auf dem Ausbildungsgelände umsonst im Internat leben kann und auch Verpflegungsgeld bzw. alle Mahlzeiten hier bekomme, gleicht es sich anderen Ausbildungsgehältern wieder an. Wenn ich meinen eigenen Eisladen habe, kann ich mit einem Bruttogehalt zwischen 2000 und 2500 Euro rechnen.

Der Traum

Irgendwann möchte ich meinen eigenen Eisladen haben. Schließlich lerne ich gerade alles, um diesen später zu führen. Eigentlich ist es auch ganz simpel, wieso ich so gerne Eis mache: Eis macht Menschen glücklich. Und das auf eine sehr schöne und einfache Art. Das konnte ich auch an anderen Orten erleben: Während meiner Ausbildung durfte ich in anderen Eislaboren arbeiten und lernen. Ich war sogar einen Monat in Italien. Und überall hat das Eis den Menschen Freude bereitet. In meinem eigenen Laden könnte ich das nicht nur hautnah miterleben, sondern auch noch mehr mit Eissorten experimentieren. Denn ein weiterer Traum von mir ist es, eine neue Sorte zu erfinden.

Die Frage, die auf Partys immer gestellt wird

„Kriegen wir dann auch mal Eis?“. Gerade meine Eltern erzählen sehr gerne von meiner Ausbildung und bekommen immer viele positive Rückmeldungen. Deswegen bringe ich auch zu Familienfeiern oder Partys öfter mal Eis mit. Das kommt immer ziemlich gut an.

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