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3000 Euro brutto für die Spielplatzkontrolleurin

Kathryn ist es egal, wenn andere ihren Beruf lustig finden. Sie weiß, dass Familien durch ihre Arbeit entspannter auf dem Spielplatz sind.
Foto: Privat / Illustration: jetzt

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Wie man Spielplatzkontrolleurin wird 

Für mich stand schon früh fest, dass ich kein Abitur machen möchte. Stattdessen wollte ich schon immer lieber handwerklich arbeiten. Also habe ich nach der Schule eine Ausbildung zur Schreinerin gemacht. Ich finde es faszinierend, welche wunderschönen Dinge man aus Holz bauen kann. Nach meiner Ausbildung habe ich zunächst bei einem privaten Betrieb gearbeitet, später bei der Stadt Mainz. Irgendwann war dort eine Vertretungsstelle als Spielplatzkontrolleur:in ausgeschrieben, auf die ich mich beworben habe, weil ich Lust auf eine neue Herausforderung hatte. Eigentlich ist Spielplatzkontrolleur:in kein Ausbildungsberuf, sondern eher eine Art Fortbildung. Das heißt, es gibt keinen konkreten Ausbildungsweg, meistens wird aber eine Ausbildung vorausgesetzt – beispielsweise zur Schlosser:in oder wie bei mir zur Schreinerin.  

Zuerst muss man zwei Jahre in dem Beruf arbeiten und vor allem sogenannte Sichtungsprüfungen machen. Also über die Spielplätze laufen und checken, ob alle Geräte in Ordnung sind. Danach braucht man einen Lehrgang und eine theoretische und praktische Prüfung. Die berechtigen einen dazu, auch Quartalskontrollen und Jahreshauptinspektionen zu machen oder neue Spielgeräte abnehmen zu dürfen.  

Vorstellung vs. Realität 

Viele Leute denken, dass ich als Spielplatzkontrolleurin den ganzen Tag auf der Schaukel abhänge oder vom Klettergerüst runterrutsche. In Wirklichkeit kommt das eher selten vor. Um Spielgeräte zu kontrollieren, muss man sie nicht benutzen. Manchmal ist das sogar eher hinderlich, weil ich beispielsweise beim Vorbeirauschen auf der Rutsche Kleinigkeiten übersehen könnte. Nur die Seilbahnen, die sind richtig cool. Mit denen muss ich fahren, um zu sehen, ob die Anschläge noch funktionieren. Was man bei dem Spaß aber nicht vergessen darf: mein Job findet zu 80 Prozent draußen auf Spielplätzen statt. Bei 35 Grad im Sommer, aber auch bei Schnee, Wind und strömendem Regen.   

Wie der Arbeitsalltag aussieht 

In Mainz gibt es rund 280 Spielplätze. Die habe ich mir mit einem Kollegen aufgeteilt. Das heißt, ich bin etwa für die Hälfte davon zuständig. Pro Tag fahre ich etwa fünf bis sechs von ihnen ab und kontrolliere, ob alle Geräte in einem guten Zustand sind. Dafür braucht es ein bisschen Erfahrung. Als Schreinerin kann ich besser einschätzen, wann ein Holzpfosten morsch ist oder ein Brett zu ausgefranst. Wenn sich die Kinder beim Spielen mal einen Spreißel holen, dann ist das okay. Aber so richtig spitz dürfen Bretter natürlich nicht sein, niemand soll sich schwer verletzen. Für einen durchschnittlich großen Spielplatz brauche ich etwa 20 Minuten bei einer Sicht- und Funktionskontrolle, kleinere Schäden bessere ich selbst aus. Eine kaputte Schraube an der Wippe zum Beispiel, oder ein wackelndes Brett am Sandkasten. Größere Probleme gebe ich an meine Kollegen weiter, dann fährt ein Team zum Spielplatz und kümmert sich um die Schäden. Viel Zeit kostet mich der Verkehr in Mainz. An manchen Tagen brauche ich für die Anfahrt zu den Spielplätzen länger als für die Kontrollen selbst. Im Winter werden außerdem neue Spielgeräte aufgebaut, die muss ich dann prüfen und eine Abnahme machen. Das mache ich unter anderem mit einem sogenannten Kordelfangprüfer. Der sieht ein bisschen aus wie eine Saugglocke mit einer feinen Perlenkette. Damit checke ich, ob sich Kordeln von Kinderjacken an den Rutschen verhaken können.  

Das größte Problem 

Immer wieder haben wir mit Vandalismus zu kämpfen. Ärgerlich ist, wenn ich einen Spielplatz erst kürzlich kontrolliert habe und dann angerufen werde, dass dort jemand mutwillig eine Bank zerstört hat. Natürlich habe ich in meinem Gebiet Spielplätze, bei denen so etwas häufiger vorkommt. In weniger bespielten Ortsteilen beispielsweise habe ich meist weniger zu tun, höher frequentierte Spielplätze sind häufiger abgenutzt. Eines ist aber überall gleich: die Trampoline gehen schnell kaputt. Die Federn brechen – zumindest gefühlt – im Wochenrhythmus. Die Teile sind zwar für starke Belastung gebaut, aber das ist eine steife Feder, die ständig aufgezogen wird – wenn es warm, kalt, nass oder trocken ist. 

Welche Eigenschaften man für den Job braucht 

Natürlich muss man Kinder mögen – denen begegnet man schließlich andauernd. Aber die wichtigste Eigenschaft ist meiner Meinung nach, dass man absolut zuverlässig sein muss. Ich bin dafür zuständig, dass sich kein Kind auf den Spielplätzen schwer verletzt. Das ist eine riesige Verantwortung und ich bin froh, dass in meinem Gebiet auch noch nie etwas Schlimmes passiert ist. Außerdem sollte man aufmerksam sein. Manchmal entscheiden kleine Schräubchen, ob ein Gerät sicher oder unsicher ist. Deshalb schaue ich lieber zweimal hin, um sicherzugehen.  

Welche Fragen man auf Partys gestellt bekommt 

Wenn ich auf Partys von meinem Job erzähle, dann lachen die meisten Menschen erst einmal. Viele finden meinen Beruf lustig oder kennen ihn einfach nicht. Mir macht dieses Lachen aber nichts aus, ich weiß ja, dass meine Arbeit wichtig ist und am Ende viele Familien entspannter auf dem Spielplatz sein können. Immer wieder kommen Eltern auf mich zu und erzählen mir von Problemen im Viertel. Dann versuche ich zuzuhören, zu helfen oder leite es an meine Kolleg:innen in den anderen Arbeitsbereichen weiter. 

Wie der perfekte Spielplatz aussieht 

Mein Lieblingsspielplatz in Mainz ist sehr weitläufig, die Kinder können rennen und spielen, es gibt ganz viel Rasen. Dahinter geht es ein Stückchen ins Wäldchen rein. Es ist ein bisschen abseits, nicht direkt an der Straße. Dort gibt es ein Fußballfeld und einen Basketball-Court. Dazu ein neues Spielgerät, eine Seilbahn, Schaukel und ein paar ältere Geräte. Das ist meiner Meinung nach eine gute Mischung: Geräte auf der einen Seite, auf der anderen Seite aber auch genügend Platz zum Toben. 

Was der Job mit dem Privatleben macht 

Ein großer Vorteil meines Jobs ist, dass ich sehr flexibel bin. Ich habe einen Dienstwagen und ein Diensthandy und kann mir meine Zeit selbst einteilen. Arbeitszeiten sind Montag bis Donnerstag zwischen 7.00 Uhr und 15.45 Uhr. Und freitags von 7.00 bis 13.00 Uhr.  

Das Schönste an der Arbeit mit Kindern 

Manchmal sitze ich in meiner Mittagspause auf einer Bank und schaue den Kindern beim Spielen zu. Dann bin ich immer wieder fasziniert, wie kreativ viele von ihnen sind. Für uns Erwachsene ist ein Sandkasten ein Sandkasten und ein Klettergerüst ein Klettergerüst. Für Kinder ist es aber viel mehr, da wird die Rutsche nicht nur runtergerutscht, sondern raufgeklettert. Da wird auf dem Dach vom Kletterturm herumgeturnt und an Zäunen gehangelt. Das ist komplett verrückt und zeigt einem, dass wir alle vielleicht ein bisschen kreativer sein sollten. Eine Rutsche kann nicht nur bergab, sondern eben auch bergauf funktionieren – wenn man nur will.  

Wie viel man als Spielplatzkontrolleurin verdient 

Da ich bei der Stadt angestellt bin, werde ich nach dem Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst bezahlt. Dort bin ich in der Entgeltgruppe 7 eingeordnet und bekomme mit meiner Berufserfahrung mittlerweile rund 3000 Euro brutto. Das Einstiegsgehalt liegt bei knapp 2700 Euro. In Zukunft könnte ich mir auch noch einmal einen Jobwechsel vorstellen.  Momentan mache ich meinen Meister – in vielen langen Nachtschichten neben dem Job.

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