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Mädchen, was macht es mit euch, wenn wir keine Lust auf Sex haben?

Illustration: Daniela Rudolf

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Liebe Mädchen,

wenn ihr mal keinen Bock auf Sex habt, ist das irgendwie immer total okay. Für euch sowieso – und auch für uns. Eure Ausreden („Sorry, hab heute Migräne”) akzeptieren wir als verständnisvolle Partner selbstverständlich als Absage. Und versuchen uns die Enttäuschung nicht anmerken zu lassen.

Da ist es auch völlig egal, dass Sex bei echter Migräne manchmal sogar helfen könnte. Denn worum es eigentlich geht: Es ist irgendwie normal, wenn ihr Mädchen mal keine Lust habt. Das ist gesellschaftlich anerkannt und wir Jungs haben gefälligst damit klarzukommen.

Aber dass es Tage gibt, an denen auch wir Jungs einfach mal keinen Sex wollen, dass wir nicht immer dauergeil sind, ist für euch anscheinend unvorstellbar. Oder? So zumindest wirkt es, wenn man sich eure Reaktionen anschaut, sobald wir sagen: „Nee, heute nicht.“ Denn darauf kann einiges folgen: ein unterkühltes „na, dann eben nicht” oder sogar ein handfester Streit a lá „hast du eine Andere?!”.  Aber wieso reagiert ihr eigentlich so schnippisch, was geht da in euren Köpfen vor?

Denkt ihr, wir können immer, wollen immer, „Jungs sind halt so“?

Liegt euer Unverständnis am Mythos des immer und ewig lüsternden Mannes? Denkt ihr, wir können immer, wollen immer, „Jungs sind halt so“? Wir befürchten schon, denn meist widersprechen wir dem ja nicht mal. Im Gegenteil, manchmal brüsten wir uns sogar noch mit unserer Potenz, bedienen immer mal wieder eine Art Fickificki-Humor. Vielleicht denkt ihr dann, dass sich bei uns wirklich alles darum dreht und wir immer Bock haben.

Dabei ist es natürlich ganz anders: Auch wir haben manchmal einfach keinen Bock. Sei es wegen der Prüfungsphase in der Uni oder Stress mit den Kollegen auf der Arbeit – an manchen Tagen ist Sex das letzte, was wir gerade im Kopf haben. Kennt ihr doch.

Nicht einmal wenn ihr euch besonders ins Zeug legt, vielleicht sogar den Vorschlag „einer kleinen Ablenkung” von ganz nah in unser Ohr flüstert, kann uns das an diesen Tagen Lust auf Sex einflößen. Und das hat wirklich nichts mit euch zu tun. Trotzdem seid ihr immer wieder irgendwie beleidigt. Oder sogar verletzt? Warum? Ist es echt für euch so unvorstellbar, dass wir Jungs mal keinen Bock auf Sex haben? Was denkt und fühlt ihr, wenn wir sagen: „Ach lass mal, heute nicht”?

Eure Jungs

Mädchenantwort

Collage: jetzt.de

Liebe Jungs,

wir würden jetzt eigentlich gerne sagen: „Hey, keine Sorge, habt ihr falsch verstanden. Alles easy, kommen wir mit klar.“ Aber wir wollen lieber ehrlich sein und müssen deshalb zugeben: Ihr habt mit all dem, was ihr da beklagt, schon recht.

Tatsächlich fordern wir von euch (berechtigterweise) immer wieder uneingeschränktes Verständnis, wenn wir mal keinen Bock haben. Und trotzdem können wir dieses Verständnis nicht immer für euch aufbringen, wenn ihr keinen habt.

Wir sind davon verwöhnt, dass wir mit euch Sex haben können, wann immer wir wollen

Das kann natürlich auch damit zu tun haben, dass Medien und Gesellschaft uns eingetrichtert haben, dass Jungs und Männer „normalerweise“ immer und überall Bock hätten und einsatzbereit wären. Viel wichtiger ist aber, dass unsere Erfahrungswerte uns bisher irgendwie ähnliches gezeigt haben:

Es passiert wirklich äußerst selten, dass ihr nicht mit uns schlafen wollt. Nicht solange ihr nicht einen verdammt guten Grund habt. Wir sind vielmehr davon verwöhnt, dass wir mit euch Sex haben können, wann immer wir wollen. Zumindest wenn ihr unser Partner seid. Meistens zupft ja eh erst ihr an uns rum und auf Avancen unsererseits reagiert ihr auch eher beständig positiv.

Wenn ihr euch dann also plötzlich, nach Monaten oder Jahren, in denen ihr eher uns ständig gedrängelt habt, zurückzieht und sagt: „Ne du, heute nicht“, dann scheppert das ganz schön. Sämtliche Alarme in unserem Hirn springen an, wir wähnen unsere Beziehung in Gefahr. Das mag übertrieben sein – ist aber der Ungewöhnlichkeit des Vorkommnisses geschuldet.

Wir glauben, eure anhaltend schwindende Lust könne eigentlich nur drei Ursachen haben

Einmal, vielleicht auch zweimal können wir das womöglich noch abtun. Vermutlich seid ihr nur sehr müde, denken wir uns, oder werdet krank. Aber wenn das „Problem“ länger andauert, werden wir nervös, manchmal sauer, manchmal verletzt. Denn in unserer Gedankenwelt kann eure anhaltend schwindende Lust doch eigentlich nur drei Ursachen haben:

   

Szenario eins: Es liegt an euch

„Oh Gott, oh Gott. Mein geliebter Mensch hat ein Problem“ – manchmal reagieren wir auf eure Unlust mit echter Sorge. Was, fragen wir uns, ist so schlimm, dass er sogar auf seine Lieblingsbeschäftigung keine Lust mehr hat? Stress auf der Arbeit? Probleme mit seinem Freundeskreis/Geld/Alkohol oder Drogen? Hat er insgeheim perverse Fantasien, die nun so heftig geworden sind, dass normaler Sex ihm nicht mehr reicht? Oder hat er ein körperliches Problem und könnte gerade gar nicht mehr, wenn er doch wollte?

Dieses Szenario kommt zugegebenermaßen seltener vor. Meistens suchen wir das Problem nämlich nicht zuerst bei euch, sondern bei uns – was dann auch unsere pampigen Reaktionen erklärt:

Szenario zwei: Es liegt an uns

Früher konnte und wollte er immer, jetzt hat er keine Lust mehr – und das, da sind wir uns als komplexbeladene Wesen oft sicher, liegt an uns. Daran, dass wir zugenommen, unreine Haut bekommen oder vielleicht zu sehr geklammert haben. Bin ich ihm nicht mehr schön genug? Ist unser Sex zu langweilig? Liebt er mich vielleicht gar nicht mehr?

Eure Unlust macht uns unsicher. Wir wissen schließlich nicht, wo sie herkommt und beziehen sie viel zu oft auf uns selbst, nehmen sie quasi als Beleidigung oder Entwertung unseres Körpers wahr. Das tut weh. Und bringt uns dazu, vom Schlimmsten auszugehen.

Szenario drei: Es liegt an einer/einem Anderen

Wir haben es ja schon länger geahnt: Wir sind euch nicht mehr genug. Weil ihr aber trotzdem bestimmt noch genau so viel Sex braucht wie vorher (wir kennen euch ja nur so!), müsst ihr den Druck woanders ablassen. Mit einer anderen Frau oder einem anderen Mann.

Die meisten von uns leben in einer monogamen Beziehung. Wenn ihr also bedenkt, was in unserem Kopf abgeht, erklärt sich ein Wechsel aus kalter Schulter und Wutausbrüchen von ganz alleine.

Wer weniger verknallt ist, ist auch weniger horny

Klar, das klingt alles eine Spur drüber, vielleicht sogar ein bisschen paranoid. Aber ihr müsst doch zugeben, dass da schon was dran ist: Oft hat man erst dann weniger bis gar keine Lust auf Sex mit dem Partner, wenn die Beziehung fad geworden ist, man vielleicht sogar schon überlegt, ob das Ganze demnächst mal zu Ende gehen sollte. Wir zumindest kennen den Zusammenhang: Wer weniger verknallt ist, ist auch weniger horny.

Um uns zu beruhigen und für ein bisschen mehr Verständnis für eure spontane Unlust zu sorgen, gibt es also eigentlich nur eine Lösung: Reden. Einfach mal mehr zu sagen als „Ne, heute nicht.“ Zu erklären, was euch gerade stattdessen im Kopf rumgeht. Dann müssen wir uns weniger zusammenspinnen und wären vermutlich deutlich entspannter, wenn auch ihr mal keine Lust habt.

Eure Mädchen

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