Süddeutsche Zeitung

Unsere Kernprodukte

Im Fokus

Partnerangebote

Möchten Sie in unseren Produkten und Services Anzeigen inserieren oder verwalten?

Anzeige inserieren

Möchten Sie unsere Texte nach­drucken, ver­vielfältigen oder öffent­lich zugänglich machen?

Nutzungsrechte erwerben

„Papa, warum wohnen Mama und du nicht mehr zusammen?“

Illustration: Julia Schubert

Teile diesen Beitrag mit Anderen:

Vater + Mutter = Kind – das war einmal. Heute ist die Frage nach der Familienplanung hochpolitisch. Will man überhaupt welche? Was bedeutet das für die Beziehung? Und wenn man sich dafür entscheidet – geht das dann so einfach? In dieser Kolumne erzählen Menschen von ihrer Entscheidung für und gegen Kinder. 

Daniel, 29, sieht seine zehnjährige Tochter Sofia* nur am Wochenende:

Der Moment, als ich meine Tochter zum ersten Mal im Arm hielt, war der schönste meines Lebens – trotz der turbulenten Zeit, die dem Ganzen vorausging. Hätte mir jemand gesagt, dass ich mit 19 bereits Vater sein würde, hätte ich das niemals geglaubt. Aber manchmal kommt dann doch alles anders, als man denkt. Ich war gerade 18, als ich mit der Mutter meines Kindes zusammen kam. Ein Jahr waren wir zusammen, dann trennten wir uns wieder. Aber wie das so ist: So ganz kamen wir dann doch nicht voneinander los. Ab und zu trafen wir uns noch. Eines Nachts, nach einem gemeinsamen Partyabend, landeten wir im Bett.  Wir waren beide relativ betrunken. Einen Monat später rief sie mich plötzlich in der Arbeit an und meinte, dass sie mit mir sprechen muss. Im persönlichen Gespräch habe ich dann erfahren, dass sie schwanger von mir ist. Für mich war das zunächst ein Schock, ich war doch viel zu jung für ein Kind.

Mit der Trennung brach meine Welt ein Stück weit zusammen

In dieser Zeit haben wir viel geredet und uns letztlich dafür entschieden, das Kind zu bekommen. Durch die vielen Gespräche und Treffen sind wir dann doch wieder zusammengekommen und auch zusammengezogen. Die Beziehung hat dann noch mal zwei Jahre gehalten, dann hat sie Schluss gemacht, weil es für sie nicht mehr passte. Das war zu dem Zeitpunkt wirklich schlimm für mich, ich konnte es nicht so ganz nachvollziehen. Heute denke ich, dass es richtig so war. Doch damals brach meine Welt ein Stück weit zusammen, schließlich hatten wir ein gemeinsames Kind. Es war schnell klar, dass sie diejenige sein würde, bei der Sofia aufwächst. Meine Ex-Freundin hatte ihre Schule beendet, noch keine genaue Vorstellung von ihrer beruflichen Zukunft und somit Zeit für unsere Tochter. Ich hingegen begann gerade mein Studium. Also zog ich in eine eigene Wohnung.

Auch abgesehen von der Wohnsituation gab es einiges zu regeln: Sie schaltete das Jugendamt ein und beantragte einen Unterhaltsvorschuss. Diesen Vorschuss zahlt das Amt, wenn es dem anderen Elternteil finanziell nicht möglich ist, ihn selber aufzubringen. Und als Student hatte ich nun mal kein Einkommen. Daher bekam meine Ex-Freundin für die Dauer meines Studiums ungefähr 130 Euro im Monat vom Jugendamt überwiesen. Seit ich einen Job habe, zahle ich diesen Unterhalt selbst. Wie viel Geld man zahlen muss, ist nach der Düsseldorfer Tabelle geregelt. Dort kann man je nach Nettoeinkommen sehen, welchen Betrag man als Unterhalt überweisen muss. Verdient man beispielsweise bis zu 1.900 Euro netto, so muss man für ein Kind zwischen sechs und elf Jahren 309 Euro im Monat zahlen. Je nach persönlicher Gehaltsstufe und Alter des Kindes, wird das mit der Zeit immer mehr. Ich zahle momentan ungefähr zehn Prozent meines Gehalts an die Mutter meines Kindes. Allerdings bezweifle ich, dass die volle Summe auch wirklich bei Sofia ankommt.

Vorher habe ich mein Kind täglich gesehen, plötzlich war ich wieder allein

Die Trennung bedeutete damals natürlich auch eine große Umstellung für mich. Vorher habe ich mein Kind jeden Tag gesehen, plötzlich war ich wieder allein. Das war sehr gewöhnungsbedürftig und anfangs wirklich schwer. Wir einigten uns auf die Zwei-Wochen-Regelung, bei der ich Sofia jedes zweite Wochenende bei mir haben würde. Dazu konnten aber auch mal spontane Tage unter der Woche kommen. Heute bringe ich sie auch mal zur Schule oder gehe abends noch mit ihr Pizza essen. Da meine Wohnung nur wenige Kilometer von ihrem Zuhause entfernt ist, ist das zum Glück sehr gut machbar.

An unseren Wochenenden unternehme ich immer etwas Besonderes mit ihr. Dann machen wir alles, worauf sie Lust hat, fahren zum Beispiel in den Freizeitpark. Allerdings bedeuten die vielen Unternehmungen auch, dass ich an diesen Wochenenden jede Menge Geld ausgebe. Das tue ich natürlich gerne, allerdings ist das manchmal zusätzlich zum Unterhalt, den ich an Sofias Mutter zahle, doch eine finanzielle Belastung. Ich würde mir wünschen, dass das Unterhaltssystem noch einmal überdacht wird. So, dass es für beide Seiten wirklich fair ist und das Geld auch immer zu 100 Prozent beim Kind ankommt.

Gegen den neuen Partner meiner Ex-Freundin habe ich erfolglos rebelliert

Wenn sich Eltern trennen, stellt das alle Seiten vor große Herausforderungen. Schließlich muss man auch in der Erziehung weiterhin an einem Strang ziehen. Meine Ex-Freundin und ich haben nie klare Absprachen getroffen, wie wir unsere Tochter nun erziehen möchten. Jeder macht es so, wie er es für richtig hält. Zum Glück haben wir scheinbar eine ziemlich ähnliche Vorstellung. Schwerer war es für mich, den neuen Partner meiner Ex-Freundin zu akzeptieren. Der zog nämlich schon wenige Monate nach unserer Trennung bei ihr und damit auch bei Sofia ein. Da ich nicht viel Gutes über ihn gehört hatte, gefiel mir es mir gar nicht, ihn in der Nähe meines Kindes zu wissen. Ich habe dagegen rebelliert, allerdings ohne großen Erfolg. Zum Glück hat sie ihn wenige Monate später selbst rausgeworfen. Mit ihrem aktuellen Partner komme ich glücklicherweise klar. Wir grüßen uns, mehr nicht. Aber ich weiß, dass er gut mit Sofia umgeht und sie ihn mag. Und das ist das Wichtigste für mich.

Trotzdem beschäftigt es meine Tochter natürlich, dass ihre Eltern nicht mehr zusammen sind. Als sie sechs Jahre alt war, kam sie zu mir und fragte: „Papa, warum wohnen Mama und du nicht mehr zusammen?“. Da war ich kurz überfordert. Wie erklärt man einem Kind, warum die Eltern sich getrennt haben? Ich habe ihr dann gesagt, dass ihre Mutter und ich uns leider irgendwann nicht mehr so lieb hatten und deswegen nicht mehr zusammen wohnen wollten. Dabei habe ich betont, dass sie aber jederzeit zu mir kommen kann und dabei auch nicht auf das Wochenende warten muss. Wenn sie Sorgen hat, bin ich für sie da und wir finden eine Lösung. Ich glaube, das hat sie verstanden. Jedenfalls hat sie seitdem nicht mehr gefragt.

Viele Frauen kommen nicht damit klar, dass ich eine Tochter habe

Die Tatsache, dass ich ein Kind habe, um das ich mich auch viel kümmern möchte, macht es mir nicht immer leicht. Ich merke das vor allem bei der Suche nach einer Partnerin. Sobald ich jemanden kennenlerne, sage ich relativ schnell, dass ich eine Tochter habe, da bin ich ganz ehrlich. Damit kommen jedoch viele Frauen nicht klar. Die Chats laufen dann meist schnell aus. Irgendwie kann ich das auch verstehen, schließlich ist man in dieser Situation auch immer an die Ex-Freundin gebunden. Nur ganz selten fragt mal jemand interessiert nach. Ich überlege mir auch immer gut, wann und ob ich jemandem meine Tochter vorstelle. Dafür muss es mir schon wirklich ernst sein. Wenn Sofia eine potenzielle Partnerin von mir zum ersten Mal trifft, dann stelle ich ihr diese erstmal nur als eine Freundin vor. Ich möchte sie nicht verwirren. Allerdings habe ich festgestellt, dass Kinder schnell merken, wenn da mehr ist. Ich glaube, sie fühlen das einfach. Für meine nächste Freundin wünsche ich mir, dass in ihrem Herzen nicht nur Platz für mich, sondern auch für meine Tochter hat. Und dass meine Tochter sie umgekehrt natürlich genauso mag.

* Zum Schutz des Kindes wurde der Name von der Redaktion geändert.

  • teilen
  • schließen