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Die Spendenkampagne für den Obdachlosen Johnny war Betrug

Für dieses Foto posierten Johnny Bobbitt, Kate McClure und ihr Partner D'Amico während der Spendenaktion. Mittlerweile wird allen dreien Betrug vorgeworfen.
Foto: AP/Elizabeth Robertson/Philadelphia Inquirer

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Die Geschichte, die Kate McClure auf einer Crowdfunding-Plattform präsentierte, war zu schön, um wahr zu sein: Die junge Frau sei im Oktober 2017 mit ihrem Auto liegen geblieben. Der hilfsbereite obdachlose Veteran Johnny Bobbitt habe ihr dann geholfen, indem er seine letzten 20 Dollar für ihren Sprit ausgab. Deshalb wollte Kate sich nun zusammen mit ihrem Lebensgefährten Mark D'Amico mit einer Spendenkampagne bei dem Helfer revanchieren.

Die Geschichte hat viele Menschen berührt, am Ende wurden 400.000 US-Dollar für Johnny gesammelt, 14.000 Menschen hatten gespendet. Nun wurden Kate McClure, Mark D'Amico und Johnny Bobbitt festgenommen. Denn offenbar war die Geschichte frei erfunden.

Die drei sollen sich stattdessen schon Monate vor der Veröffentlichung der Spendenaktion vor einem Casino kennengelernt haben. Danach entspannen Kate und Mark den Plan, mit Johnny Geld zu machen. Zu dem Zeitpunkt offenbar noch ohne das Wissen des Obdachlosen. Erst als Medien auf die Spendenkampagne aufmerksam wurden und auch Johnny dazu interviewen wollten, informierten ihn die beiden. Das geht aus einem Dokument der Staatsanwaltschaft hervor, das The Inquirer veröffentlicht hat. 

Laut Scott Coffina, dem zuständigen Staatsanwalt in Burlington County in New Jersey, habe Kate schon wenige Augenblicke nach Veröffentlichung der Spendenkampagne einer Freundin geschrieben, dass Johnny ihr nie geholfen habe. „Ich musste mir etwas ausdenken, damit die Menschen sich schlecht fühlen“, soll sie in der Nachricht erklärt haben. 

Danach hatten Kate, Mark und Johnny die Lüge noch vielen Medien erzählt, sodass immer mehr Geld „für den Obdachlosen“ zusammenkam. Auch jetzt hat mehrfach über die Geschichte berichtet. Und wären die drei vernünftiger mit dem neuen Vermögen umgegangen – wahrscheinlich wäre ihr Betrug nie aufgeflogen.

Doch wenige Monate nach der Spendenaktion entbrannte ein Streit zwischen Johnny und dem Paar. Johnny, der zu dem Zeitpunkt wieder obdachlos war, warf ihnen öffentlich Betrug vor und zog vor Gericht. Tatsächlich hatten Kate und Mark sich von dem Geld ein teures Auto und Handtaschen gekauft, Urlaub gemacht und rund 85.000 Dollar im Casino ausgeben.

Während der Ermittlungen gegen das Paar geriet so schließlich auch Johnny in Verdacht. Laut Coffina habe es viele Ungereimtheiten bei der Geschichte der drei gegeben, die dann zur weiteren Untersuchung des Falles geführt hätten. Schließlich wurde die Wohnung des Paares durchsucht und 60.000 Textnachrichten ausgewertet – eben auch jene, in der Kate einer Freundin gegenüber die Erfindung der Geschichte zugab.

Im März 2018 waren die beiden geschockt, dass weniger als 10.000 Dollar übrig waren

Auszüge aus den Chatverläufen wurden ebenfalls in dem Schriftstück der Staatsanwaltschaft zitiert. Sie zeigen, wie das Paar immer wieder über das Geld stritt. Bereits im März 2018 waren die beiden geschockt, dass weniger als 10.000 Dollar übrig waren – und überlegten, mit einem Buch über die Geschichte ihren Lebensstil trotzdem weiter zu finanzieren. 

Gegen Kate, Mark und Johnny wurde nun Anklage erhoben – wegen Betrugs und Verschwörung, um Diebstahl durch Täuschung zu begehen. Ihnen drohen jeweils zwischen fünf und zehn Jahren Haft. Die 14.000 Spender sollen laut Coffina und GoFundMe ihr Geld wieder zurückbekommen. Ob sie allerdings auch den Glauben ans Gute im Menschen wieder fassen können, ist eine andere Frage.

Schließlich sind die drei nicht die einzigen, die die Großzügigkeit anderer ausnutzen. So hatte ein Spanier vor Kurzem rund 422.000 Euro mit seiner angeblich totkranken Tochter verdient. Er verprasste das Geld anschließend in ähnlich großem Stil wie Kate und Mark, Journalisten enttarnten die Lüge.

lath

Was wir vorher dachten, das passiert sei:

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