Süddeutsche Zeitung

Unsere Kernprodukte

Im Fokus

Partnerangebote

Möchten Sie in unseren Produkten und Services Anzeigen inserieren oder verwalten?

Anzeige inserieren

Möchten Sie unsere Texte nach­drucken, ver­vielfältigen oder öffent­lich zugänglich machen?

Nutzungsrechte erwerben

Johnny ist trotz 400.000-Dollar-Spende wieder obdachlos

Foto: AP / Elizabeth Robertson

Teile diesen Beitrag mit Anderen:

Im November 2017 gab eine Geschichte aus Philadelphia Menschen weltweit den Glauben ans Gute zurück: Die 28-jährige Kate McClure sammelte damals online Geld für den obdachlosen Johnny Bobbitt, der zuvor seine letzten 20 US-Dollar ausgegeben hatte, um Benzin für Kates mitten in der Nacht liegengebliebenes Auto zu kaufen. Sie wollte ihm damit ermöglichen, sich zeitweise eine Unterkunft leisten zu können, um so wieder Arbeit zu finden. Die Crowdfunding-Kampagne war dann aber noch viel erfolgreicher, als Kate es sich erhofft hatte: Rund 15.000 Menschen spendeten gemeinsam mehr als 400.000 Dollar für Johnny.

Medien weltweit berichteten über die Geschichte. Johnny, Kate und ihr Partner Mark D'Amico bedankten sich herzlich und sprachen gemeinsam über Pläne, wie vernünftig mit dem Geld umgegangen werden sollte.

So einig wie die drei damals wirkten, sind sie sich heute nicht mehr. Sie sind ganz im Gegenteil heftig zerstritten, ein Gerichtsprozess droht: Denn Johnny lebt mittlerweile wieder auf den Straßen Philadelphias und wirft Kate und Mark vor, das Geld aus der Kampagne für sich selbst zu verwenden. Er könne sich, so wird er auf der lokalen Nachrichtenseite The Inquirer zitiert, jedenfalls nicht erklären, wie Kate sich als Rezeptionist einen neuen BMW und teure Urlaube leisten könne. Ihr Freund Mark verspiele das Geld im Casino.

Johnny selbst habe währenddessen nie – wie Kate in einem Update der Kampagne versprochen hatte – sein eigenes Haus bekommen, sondern stattdessen in einem Wohnmobil in Kates Einfahrt gehaust. Außerdem habe er nie das Traumauto kaufen dürfen, das laut Kate die erste Anschaffung sein sollte – vielmehr hätte ihm das Paar einen alten SUV zur Verfügung gestellt, der wenig später nicht mehr fahrtüchtig gewesen sei. Auf den Rest des Geldes sei ihm der Zugriff verweigert worden.

Johnny Bobbitt, AP/David Swanson

Im August sieht Johnny Bobbitt zwar gepflegter aus als zu der Zeit, als Kate McClure im das erste Mal begegnete. Seine Situation ist allerdings wieder die gleiche: Er lebt wieder auf der Straße, bettelt um Geld und nimmt Drogen.

Foto: AP/David Swanson

Kate und Mark dagegen erzählen die Geschichte in einem Interview mit dem Inquirer ganz anders: Sie hätten Johnny bereits rund die Hälfte des Geldes anvertraut und er habe es verprasst. Einmal habe er beispielsweise 25.000 US-Dollar innerhalb von zwei Wochen ausgegeben. Deshalb wollten sie die übrigen 200.000 US-Dollar so lange zurückhalten, bis Johnny drogenfrei sei und verantwortlich mit dem Geld umgehen könne. Von den Spenden hätten sie nichts für sich selbst verwendet. Nur für den Casinobesuch habe sich Mark einmal 500 Dollar von den Spenden geliehen, die er von seinen Gewinnen aber sofort zurückgezahlt hätte. Kate sagte, sie wolle Johnny noch immer helfen, fühle sich momentan aber von ihm betrogen. Sie fürchte, wegen der Vorwürfe des drogenabhängigen Obdachlosen ihren Job zu verlieren.

Tatsächlich gibt Johnny zu, wieder Drogen zu konsumieren. Auch sein Anwalt Chris Fallon, der gemeinsam mit einer weiteren Anwältin gerichtlich gegen Kate und Mark vorgehen will, bestätigt das gegenüber CNN. Die Anwälte wollen deshalb zwar das Geld vom Paar zurückholen, dann aber einen verantwortlichen Menschen damit beauftragen, die Summe für Johnny zu verwalten. Die Anwälte rechnen damit, dass Kate und Mark Johnny noch rund 300.000 US-Dollar schuldig sind, nachdem das Paar 30.000 Dollar Gebühr an die Kampagnen-Plattform zahlen musste und Johnny erwiesenermaßen mindestens 75.000 Dollar zur Verfügung gestellt hatten.

Im Grunde verfolgen Johnnys Anwälte damit genau das Ziel, das auch Kate und Mark zumindest mutmaßlich schon erreichen wollten: Dass die Summe zwar vollständig für Johnny genutzt würde – jemand anders aber sicherstellt, dass er das Geld nicht für Drogen oder Luxusgüter ausgibt.

Es gibt bei all dem Hin und Her schließlich noch mehr Leidtragende als nur Johnny und seine ehemaligen Freunde Kate und Mark: die Spender, deren Geld gerade nicht die Verwendung findet, die sie dafür vorgesehen hatten. CNN gegenüber sagte ein Sprecher der Plattform GoFundMe deshalb, dass man ebenfalls untersuche, ob ein Missbrauch des gesammelten Geldes stattgefunden habe. Generell komme Missbrauch von GoFundMe-Spenden aber nur sehr selten vor, bei etwa 0,01 Prozent aller Kampagnen.

Update vom 16. November 2018: Die Spendenkampagne stellte sich als Betrug heraus, Johnny Bobbitt, Kate McClure und Mark D'Amico wurden festgenommen und müssen sich vor Gericht verantworten.

lath

Dabei sah zuvor alles so gut aus:

  • teilen
  • schließen