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Warum hat Avril Lavigne sich so sehr verändert?

Avril Lavigne zeigt sich heute gerne nachdenklich – vor allem auch auf ihrem neuen Album.
Foto: David Needleman

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Avril Lavigne war wegen einer schweren Erkrankung fünf Jahre lang von der Bildfläche verschwunden. Nun will die 34-Jährige mit dem Song „Head above water“ aber wieder dorthin zurück. Wir haben mit ihr darüber gesprochen, inwiefern die neue Single die schwerste Zeit ihres Lebens verarbeitet und warum Avril eigentlich ihr früheres Skater-Girl-Ich zurückgelassen hat.

jetzt: Avril, wir haben dich lange nicht mehr singen hören, nachdem du 2014 an Lyme-Borreliose – einer Krankheit, die meist von Zecken übertragen wird – erkrankt bist. Wie sah dein Leben abseits der Öffentlichkeit aus?

Avril Lavigne: Die Zeit seit 2014 war die schlimmste meines Lebens. Ich fühlte mich jeden Tag, als müsste ich ertrinken. Ich hatte Schmerzen am ganzen Körper, war schwach, konnte nicht mal eine Flasche anheben. Ich verließ monatelang das Bett nicht. Es fühlte sich an, als kämpfte ich jeden Tag dafür, mich irgendwie über Wasser zu halten. Und genau dieses Gefühl beschreibe ich in meinem neuen Song.

Du wusstest lange selbst nicht, was mit dir los war – obwohl du Top-Ärzte hattest. Wie kam es dazu?

Als ich erkrankte, hatten die meisten amerikanischen Ärzte keine Ahnung, was Borreliose überhaupt ist. Jetzt wissen es ein paar mehr, aber damals konnte keiner eine Diagnose stellen. Als ich ihnen also meine Symptome schilderte, sagten sie nur: „Du denkst dir das aus.“ Dabei spürte ich ja, dass ich eine echte körperliche Erkrankung hatte. Das war schlimm. Es hat so eineinhalb Jahre gedauert, bis ich diagnostiziert wurde und behandelt werden konnte.

Das ist übrigens auch ein Grund, warum ich darüber rede. Ich hoffe, dass das Bekanntwerden meiner Geschichte dazu beiträgt, dass Ärzte oder Patienten die Krankheit eher auf dem Schirm haben. Tatsächlich kann ich damit helfen. Als ich in einem Magazin davon erzählt habe, war „Lyme-Disease“ der meist gegoogelte Begriff an diesem Tag.

„Ich hätte nicht ewig so weitermachen können wie damals“

Und jetzt geht es dir besser?

Viel besser! Ich musste zwar zwei Jahre lang Medikamente nehmen und danach noch etwa ein Jahr Physiotherapie machen, um überhaupt die Kühlschranktür öffnen oder ins Auto einsteigen zu können. Das war verrückt. Aber jetzt habe ich mein altes Leben wieder zurück. Ich kann mit meinen Freunden ausgehen, selbst kochen, all diese kleinen Dinge tun. Außerdem konnte ich mein Leid in etwas Kreatives, in Kunst verwandeln. Ich habe all diese Songs aufgenommen, ein Album gemacht, ein Musikvideo gedreht. Ich habe alles zurück.

Du hast inzwischen einen ganz anderen Stil, musikalisch wie optisch. Warum hast du dich dazu entschieden, dich nach außen hin so zu verändern?

Als Musikerin muss man sich zwangsweise weiterentwickeln. Ich hätte nicht ewig so weitermachen können wie damals. Ich war so lange das Pop-Rock-Girl mit der Gitarre. Ich mag das immer noch, aber wollte eben auch andere Dinge ausprobieren. Mein neues Album ist deshalb ein Vocal-Album, das die Texte in den Vordergrund stellt. Einfach, weil die mir diesmal besonders viel bedeuten. Es zeigt, dass ich mich heute in einer anderen Lage befinde. Meine Songs sind heute entspannter als früher, aber genauso kraftvoll. Wenn nicht sogar kraftvoller.

Mein Kleidungsstil hat sich verändert, weil ich nicht mehr in der Laune war für Jeans und T-Shirt. Im neuen Musikvideo trage ich beispielsweise ein langes weißes Kleid – einfach weil ich mir vorgestellt habe, dass das gut in die Szenerie passt. Aber auch weil ich Freiheit und Spiritualität damit ausdrücken will.

Viele junge Deutsche sind quasi mit dir aufgewachsen. Mit einer Avril, die Krawatten trug und Gitarren zertrümmerte. Sie schauen sich deine alten Videos oft heute noch gerne an. Du auch?

Nicht wirklich. Aber es ist lustig, dass du fragst. Denn es ist so viel Zeit vergangen – und ich habe mir trotzdem vor Kurzem noch gedacht, es wäre doch schön, sich mal all die alten Videos von früher anzuschauen. Ich bin zwar leider noch nicht dazu gekommen. Aber es fühlt sich bestimmt so an, als würde man sich das Jahrbuch aus der Highschool nochmal angucken.

Was denkst du, wenn du an dein früheres Ich denkst? Würdest du der jüngeren Avril gerne etwas mit auf ihren Weg geben können?

Ich habe immer schon gelebt, als wäre heute mein letzter Tag. Ich würde deshalb nichts ändern, wirklich nichts. Ich bin gerade sehr glücklich mit meinem Leben, auch und vor allem, weil ich jetzt wieder Musik machen kann.

Würdest Du denn sagen, dass du noch immer die gleiche Person wie Skater-Girl-Avril bist?

Ich bin natürlich immer noch die gleiche Person wie früher. Aber ich bin definitiv gewachsen. So wie es eben jeder Mensch tut. Niemand hat ein leichtes Leben. Alle müssen sich durch irgendetwas durchkämpfen – und das verändert natürlich.

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