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New York Times startet Satire-Hotline für Rassisten

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Die Festnahme zweier schwarzer Männer in einem Starbucks in Philadelphia hat im April für viel Aufsehen gesorgt. Die beiden warteten auf einen Freund, ohne etwas bestellt zu haben. Dem Filialleiter gefiel die Situation nicht, woraufhin er die Polizei rief. Kurze Zeit später wurden die beiden festgenommen.

Solche Zwischenfälle gibt es in den USA häufiger. Vor einiger Zeit wurde ein Fall bekannt, der schnell viral ging und in den sozialen Medien als „BBQ Becky“ bekannt ist: Eine weiße Frau in Kalifornien rief die Polizei, weil zwei schwarze Männer an einem See ein kleines BBQ veranstalten wollten. Die Polizei kam und ließ die beiden schnell wieder alleine. Alles war rechtens.

Immer wieder kommt es zu Situationen, in denen rassistisch handelnde und denkende Menschen sich bedroht fühlen. Im harmlosesten Fall rufen sie die Polizei und die ist nach kürzester Zeit wieder weg. Im schlimmsten Fall werden die Betroffenen verhaftet oder sogar verletzt oder getötet. Dank Handykameras und Social Media werden Fälle, wie in den Beispielen oben, immer häufiger bekannt.

Die New York Times hat sich diesem „Weiße rufen ohne Grund die Polizei“-Problem jetzt angenommen und eine Satire-Hotline plus Promo-Video kreiert.

„Bist du weiß und hast Angst? Aber in Zeiten von Handykamera und Social Media ist wegen deines schwarzen Nachbarn die 911 zu wählen einfach nicht mehr das Gleiche?“, begrüßt einen in diesem Video Niecy Nash. Nash ist US-amerikanischen Schauspielerin und, so sagt sie es selbst, „eine Verfechterin davon, nicht aus verdammt nochmal keinem Grund die Polizei auf schwarze Menschen zu hetzen“. 

Unter der „1-844-WYT-FEAR“ kann laut Werbevideo, das in bewusst veralteter Optik daherkommt, jeder besorgte, weiße Rassist einen Schwarzen erreichen, der lange Zeit in den USA gelebt hat – und sich von ihm seine Sorgen nehmen lassen: Da zieht jemand Verdächtiges nebenan ein? „Das ist tatsächlich dein Nachbar Michael“. Ein Afroamerikaner scheint ein unwahrscheinlich großes Schiff zu besitzen? „Laut unseren Informationen ist das wirklich sein Boot.“ … „Oh ja, Schwarze besitzen jetzt tatsächlich auch Boote.“ Einer der Protagonisten im Video ist Darren Martin, ein ehemaliger Mitarbeiter von Barack Obama, der mit einem Einbrecher verwechselt wurde, während er in sein eigenes Apartment einzog.

Wenn man die Nummer tatsächlich wählt, sitzt am anderen Ende leider nicht Darren Martin. Dafür kümmert sich ein automatisches Antwortsystem um das Anliegen:

„Wir sind hier, um uns um Ihre dringenden Bedenken bezüglich schwarzer Menschen in Ihrer Umgebung zu kümmern“, teilt die Stimme mit. „Bitte hören Sie sich die folgenden Optionen an, bevor Sie eine Auswahl treffen“. Der Anrufer wird gebeten, die Eins zu drücken, wenn er glaubt, dass er sich gerade in einer bedrohlichen Situation befindet. 

Anschließend werden einem verschiedene Gefahrensituationen dargelegt, aus denen man auswählen kann. Die reichen von einem Kind, das Wasser verkauft, bis hin zu einem schwarzen Feuerwehrmann, der einfach nur seinen Job macht oder den schon erwähnten schwarzen Männern, die im Café auf einen Freund warten. Alles Situationen, in denen es schon vorgekommen ist, dass ein Weißer die Polizei angerufen hat.

Die Hotline informiert außerdem noch darüber, dass die Ängste, die man als weißer Amerikaner vor schwarzen Amerikanern hat, minimal sind im Vergleich zu denen, die Dunkelhäutige vor der Polizei haben. Weil sie eben sehr viel häufiger festgenommen oder Opfer von Polizeigewalt werden. Und egal, welche Situation man auch auswählt, man bekommt immer die gleiche Antwort:

„Deiner Antwortoption folgend haben wir festgestellt, dass du nicht wirklich in Gefahr, sondern vermutlich nur ein Rassist bist. Um mit dieser Situation umzugehen, solltest du dein Handy weglegen und wie gewohnt mit deinem Tag weitermachen. Oder dich, wenn du dich heute besonders mutig fühlst, einfach mal vorstellen und ausprobieren wie es ist, einfach ein Mensch zu sein.“

Am Ende kommt noch der Hinweis, dass dieses zwar eine Satire-Hotline sei, das adressierte Problem aber keineswegs zum Lachen. Falls man selbst Opfer dieser Form von Diskriminierung geworden sei, solle man bitte eine Nachricht an die New York Times schreiben.

schja

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