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„Das jetzt Gott in die Schuhe zu schieben, ist schon unfair”

Markus Söder bittet Gott auch weiterhin um den Schutz in der Pandemie.
Fotos: Sven Hoppe/dpa / AdobeStock / Collage: jetzt

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Das Robert-Koch-Institut meldet an diesem Mittwoch mit 22 657 Corona-Neuinfektionen den höchsten Anstieg seit dem 9. Januar, die gemeldeten Todesfälle steigen auf 75 440. In Bayern sind bislang etwa 13 000 Menschen in Verbindung mit Covid-19 gestorben. Und die Bundesregierung reagiert auf diese steigenden Zahlen mit chaotischem Hin und Her. Also viel Grund zur Sorge. Doch Markus Söder (CSU) findet auch Zeit für Dankbarkeit: Der bayerische Ministerpräsident dankte in seiner Regierungserklärung im Bayerischen Landtag am Mittwoch Gott für seinen Schutz in der Pandemie. Auf Gott und den christlichen Glauben bezieht sich Söder in seinen Reden immer mal wieder, aber ausgerechnet in dieser unpassenden Zeit teilte die CSU sein Zitat auf Twitter. „Gott hat uns bislang gut beschützt. Ich bitte ihn auch weiterhin um den Schutz für unser Land“, so heißt es in dem Tweet, der jede Menge Häme und Empörung auslöste.

„Klimapolitisch erklärt das einiges“, kommentierte die Klimaaktivistin Luisa Neubauer auf Twitter. In Sachen Klimakrise scheint die Regierung ihrer Ansicht nach also auch auf Gott zu vertrauen. Erik Marquardt, Mitglied des Europäischen Parlaments in der Fraktion der Grünen fragt sich schlicht, wo man da nur anfangen soll. Ja, wo nur? Bei der Frage, wie viel Einfluss Gott wohl tatsächlich auf die Pandemie hat? Oder bei der Frage, was das Virus effektiver bekämpfen würde als Gottes Schutz? Auch Ricarda Lang, stellvertretende Bundesvorsitzende und frauenpolitische Sprecherin der Grünen findet, dass Söder Gott damit unangemessen viel Verantwortung zuschiebt:

Der Twitter-User Enrico Rommel fragt sich, ob Söder „schon bei AstroTV angerufen und sich die Karten für Bayern legen lassen“ habe. Der Schriftsteller Saša Stanišić dagegen verliert nicht viele Worte, sondern kommentiert Söders Zitat mit dem Screenshot einer Schlagzeile: „Über 75.000 Corona-Tote in Deutschland seit Pandemiebeginn“.

Ein anderer, anonymer Twitter-Nutzer vermutet, dass Gott sich schon lange aus der Politik verabschiedet habe. Stattdessen sei er „auf Angelurlaub und gönnt sich das ein oder andere Bier mit seinem Bruder aus den wärmeren Regionen“. Und nicht nur für ihn ist Gottvertrauen in der Politik nicht mehr zeitgemäß: Mit einem GIF, das zwei Menschen mit mittelalterlichen Pest-Masken zeigt, fragt sich „DirkorrekteEule“, ob wir jetzt wieder im Mittelalter angekommen seien und bald neue Masken ausgeteilt würden:

In Bezug auf die Maskenaffäre, bei der die ehemaligen CSU-Politiker Alfred Sauter und Georg Nüßlein unter Korruptionsverdacht stehen, stellt der Nutzer  „MichaelMuc“ in seinem an Söder gerichteten Tweet klar: „Wir haben inzwischen verstanden, dass das C in CSU für Cash steht.“ Söder könne aufhören so zu tun, als sei die CSU eine christliche Partei.

Auch viele andere User*innen sind empört und machen darauf aufmerksam, dass die eigentlichen Beschützer*innen in der Pandemie die Pflegekräfte, Ärzt*innen und Forscher*innen sind:

Die Twitter-Userin Corinna ärgert sich über Söders Aussage, weil sie respektlos gegenüber allen sei, die mit Einschnitten im Privatleben und dem Einhalten der Hygiene-Maßnahmen dazu beitragen, die Pandemie zu bekämpfen:

Gott selbst hat sich noch nicht zu Söders Danksagung geäußert. 

lko

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