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„Mach deinen Gegner nervös!“

Thomas Haas ist der beste Kickerer Deutschlands. Zeit, sich bei ihm ein paar Tipps einzuholen.
Foto: Kickern in Hamburg

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Neulich abends sind wir mit der Redaktion durch ein paar Kneipen gezogen. Und wie das manchmal eben so ist – irgendwo an einem Kickertisch hängengeblieben. Stundenlang haben wir gefordert, gespielt, geflucht und getrunken. Und weil wir alle recht unterschiedliche „Leistungsniveaus“ hatten, haben wir beschlossen, mal einen Profi nach ein paar einfachen und effektiven Tipps zu fragen.

Thomas Haas ist Weltmeister im Einzel-Tischfußball und erzählt uns, wie wichtig Psychologie und Alkohol beim Spielen sind.

jetzt: Ist es für dich als Weltmeister recht einsam am Kickertisch in der Kneipe?

Thomas Haas: (lacht) Es gibt drei verschiedene Arten von Spielern dort: Die, die nach dem ersten Mal schon nicht mehr mit mir spielen. Zweitens die, die nach dem zweiten Mal nicht mehr mit mir spielen. Und dann jene, die zwar verlieren, aber Bock haben, was zu lernen. Und immer wieder gegen mich spielen.

  

Was sind die größten Fehler, die ich als Anfänger machen kann?

Die meisten Spieler lassen sich ihr Spiel dadurch bestimmen, wo der Ball gerade ist. Die hauen dann halt dort drauf, wo er eben liegt. Man muss anfangen, den Ball zu kontrollieren. Und selber entscheiden, von wo man ihn abschießen will. Also, Ball stoppen, Spiel aufbauen, ruhig bleiben.

 

Angenommen, ich spiele hinten und habe einen Gegenspieler, der vor mir den Ball so ganz langsam hin- und herschiebt, und ich weiß genau, bäm, gleich zieht der ab: Wie soll ich mich da verhalten?

Kommt drauf, wie gut der ist. Aber gegen die allermeisten Spieler reicht es, meinen Torwart und einen meiner Verteidiger immer vor dem Ball zu halten. Ich muss versuchen, auf diese Weise die Fläche abzudecken.

Ja gut, aber so leicht ist das nicht, wenn der den Ball schnell hin- und herspielt die ganze Zeit und dann plötzlich so schnell abzieht, dass man unmöglich reagieren kann.  

Dann fang an, deine Figuren zu bewegen! Sei unberechenbar für deinen Gegner! Mach ihn nervös, sodass er nicht weiß, wo du grade stehst. Sei unrhythmisch, bewege dich, fahre bis in die Ecken des Tors. Wechsle bei deiner Zweier-Stange mit den Verteidigern die Figur ab, mit der du versuchst, den Ball zu blockieren.

 

Wie wichtig ist Psychologie beim Kickern?

Tatsächlich würde ich sagen, auf allerhöchstem Niveau macht Psychologie 70 Prozent des Spiels aus, Technik nur 30 Prozent.

Ach krass, das ist viel. Kennt man ja, wenn das gegnerische Team drei Tore nacheinander macht und sich feiert – und man selber dann denkt: „Fuck, wir sind so schlecht.“

Ja, das muss man auf jeden Fall verhindern, dass dieses Gefühl im Team aufkommt. Als vorneliegende Mannschaft musst du hingegen versuchen, genau dieses Gefühl bei den anderen zu produzieren. Das ist extrem wichtig. Ich muss dem Gegner zeigen, dass es gut für mich läuft.

 

Spielt man betrunken besser?

Auf der Profiebene eher nicht, aber es gibt Personen, die auf Kneipenniveau einfach lockerer werden und Spaß haben. Das kann einem tatsächlich weiterhelfen, wenn man dann nicht mehr so verkrampft ist und dadurch mehr Sicherheit ausstrahlt.

Ich habe noch ein paar Anfängerfragen: Wenn ich alleine spiele, muss ich ich da immer eine Hand am Tor haben? Oder ist das ein Mythos?

Das ist ein Mythos. Nur in der Defensive hast du den Torwart in der Hand. 

Das Mittelfeld ist oft so ein unnützer Haufen aus fünf Figuren, der bei Gefahr relativ willkürlich hin- und herbewegt wird. Braucht man das Mittelfeld wirklich?

Nun ja, im Turnier jedenfalls ist das Mittelfeld die wichtigste Reihe.

Verdammt.

Aber es ist auch gleichzeitig die schwierigste Reihe. Du musst die als Rechtshänder ja mit der linken Hand bedienen, das ist das eine Problem. Die Wenigsten wissen aber, warum dass wirklich die schwerste Reihe ist.

Warum?

Weil du mit den Spielern nicht so weit hin- und herfahren kannst. Das heißt, du kannst schlechter einschätzen, welche Figur von den fünf gerade für den Ball verantwortlich ist. Bei der Zweierreihe kannst du die Stange super weit bewegen, auf der mittleren Reihe aber ist der Spielraum sehr klein, da musst du schnell sein und wissen, wann du welche Figur nimmst. Das dauert, bis du dafür ein Gefühl hast.

 

Wie schieße ich als Torwart am besten Tore?

Du musst erkennen, ob der Gegner schlecht abgesprochen ist und schlecht steht. Dann suchst du die Lücke und schießt durch.

Easy. Im Juli verteidigst du deinen WM-Titel. Wie häufig trainierst du dafür?

Jeden Tag. Aber ich bin noch in der entspannten Phase, also nur drei bis vier Stunden täglich. Direkt vor der WM trainiere ich 40 Stunden in der Woche.

 

Wie viel verdient man eigentlich als Kicker-Spieler?

So gut wie nichts. Von den Turnieren könnte ich auf keinen Fall leben. Bei der WM bekommst du überhaupt kein Preisgeld, manchmal gibt es bei anderen Turnieren in Europa 1500 Euro. Ich mache mich aber gerade selbstständig und gebe Trainings und Coachings für Hobbyspieler oder für Firmen. Oder werde als Highlight auf Messen eingeladen. 

Dein finaler Tipp, um als Spieler besser zu werden?

Frag Spieler, die besser sind als du, wie sie dieses oder jenes machen. Kickerspieler sind eigentlich immer sehr nett. Ich hab schon immer mit Freunden gespielt und bin vor fünf Jahren dann auf mein erstes Turnier gefahren – und habe dort alle Spiele verloren. Das war hart. Aber die anderen Spieler kamen auf mich zu und zeigten mir, was ich besser machen kann. Und jetzt bin ich Weltmeister.

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