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Klimatagebücher: Wie sich die Klimakrise auf Panama auswirkt
Die Auswirkungen der Klimakrise bedrohen die Lebensgrundlage von Menschen weltweit. An manchen Orten sind die Folgen schon heute besonders zu spüren. In den Klimatagebüchern berichten Menschen davon, wie sich das Leben in ihren Regionen durch die Klimakrise verändert.
In der zweiten Folge erzählt Militza Flaco, 26, aus Panama, wie sich die Klimakrise auf das Leben in ihrem Dorf Emberá Querá auswirkt. Militza gehört der indigenen Gruppe der Emberá an. Ihr Dorf Emberá Querá liegt mitten im Dschungel am Fluss Río Gatún. Die Emberá fischen darin und ihre Kinder spielen im Wasser. Doch die Klimakrise bedroht das Leben im Dorf. Um den Menschen in ihrer Gemeinde zu helfen, schloss Militza sich dem Netzwerk „Alianza Mesoamericana de Bosques y Pueblos“ an, das junge Menschen aus indigenen und ländlichen Gemeinden im Kampf gegen die Klimakrise unterstützt.
„Ich war etwa zehn Jahre alt, als wir in das Dorf am Fluss gezogen sind. Wir sind rund 70 Personen aus etwa 20 Familien. Es leben viele junge Leute und Kinder im Dorf, aber zum Beispiel auch meine Großmutter, die 90 Jahre alt ist. Seitdem ich hier bin, habe ich viele Veränderungen in unserer Umwelt wahrgenommen. Früher gab es keine Probleme mit Dürrephasen. Heute ist das anders, der Wasserstand des Flusses sinkt, weil es immer wieder sehr lange Trockenperioden gibt. Auch die Regenfälle haben sich verändert, sie sind stärker. Dadurch tritt der Fluss oft über das Ufer. Das war schon früher so, aber es passiert nun viel häufiger.
Zusätzlich haben wir große Probleme durch den Müll, den die Menschen aus anderen Gemeinden in den Fluss werfen. Dieser Fluss ist für unsere Gemeinschaft überlebenswichtig. Die Kinder spielen im Wasser, dieser ganze Müll kann sie krank machen. Die Klimakrise verstärkt dieses Problem, denn wenn es heftig regnet, wird sehr viel Müll herangespült. In Emberá Querá versuchen wir, die Umweltprobleme selbst in den Griff zu bekommen: Wir sammeln immer wieder Müll aus dem Fluss und aus der Natur. Wenn es eine Überflutung gibt oder wenn wir eine Müllsammelaktion machen, teilen wir das in den sozialen Medien. Es ist unvorstellbar, was wir alles im Fluss finden: Plastikverpackungen, Windeln, einmal haben wir sogar eine Waschmaschine herausgezogen. Das ist schrecklich. Wir bringen unseren Kindern und den Leuten hier im Dorf bei, dass Müll nicht in den Fluss gehört und dass wir die Natur schützen müssen.
In unserer Community sind wir darauf angewiesen, uns von unserem Land ernähren zu können. Dafür brauchen wir einen gesunden Fluss. Wir fischen im Fluss – aber nur so viel, wie wir brauchen. Wir jagen außerdem – aber nur so viel, wie wir brauchen. Momentan sehen wir uns durch die 30x30-Regelung der UN in Gefahr. Diese sieht vor, bis 2030 30 Prozent der Land- und Meeresräume streng zu schützen. Das klingt erst einmal nach einem guten Ziel. Aber wie viele andere indigene Gemeinden fürchten auch wir, dass diese Regelung bedeuten könnte, dass wir nicht mehr in unseren angestammten Gebieten leben und wir uns nicht mehr von der Natur ernähren dürfen, etwa durch Jagen, Fischen oder Landwirtschaft für den Eigenbedarf. Es ist gut, wenn Landflächen geschützt werden, aber dieser Plan lässt indigene Communities außen vor. Dabei schützen indigene Gruppen 80 Prozent der Biodiversität auf der Erde – und das, obwohl wir nur etwa ein Viertel der gesamten Landfläche besitzen oder nutzen. Wir haben immer von einer naturverträglichen und nachhaltigen Jagd gelebt. Der Plan der UN ist meiner Meinung nach nicht richtig so.
Immerhin ist Abholzung hier am Río Gatún kein allzu großes Problem. Im Unterschied zu anderen Regionen des Landes, wo große Unternehmen die Wälder abholzen und Bergbau betreiben.
Wenn ich daran denke, was die Klimakrise für uns bedeutet, und wie unsere Zukunft aussehen könnte, werde ich manchmal sehr traurig. Die meisten Frauen in unserer Gemeinde haben in meinem Alter längst Kinder. Ich selbst hadere immer wieder damit, ob ich Kinder will, weil ich Sorgen vor der Zukunft habe und weil ich mich frage, wie verantwortlich das wäre. Die Klimakrise ist unsere Lebensrealität und wir leiden darunter. Zu sehen, dass es vielen Menschen egal ist, frustriert mich. Oft habe ich Kopfschmerzen und bin gestresst, wenn ich zu viel darüber nachdenke.
Zum Glück habe ich Freund:innen in ganz Mittelamerika, die Ähnliches erleben und die meine Ängste und Sorgen verstehen. Seit 2019 repräsentiere ich Panama im mesoamerikanischen Netzwerk ,Alianza Mesoamericana de Bosques y Pueblos‘. Dieses bringt junge indigene und nicht-indigene Menschen aus Zentralamerika zusammen, die in bewaldeten Gegenden von Mexiko bis Panama leben. In der Alianza tauschen wir uns über Probleme aus, die durch die Klimakrise und den Verlust an Biodiversität in unseren Communities entstehen. Wir arbeiten an nachhaltigem Ressourcenmanagement und nehmen an internationalen Veranstaltungen zum Umwelt- und Klimaschutz teil.“
Mehr Informationen zu den Auswirkungen der Klimakrise auf Panama:
Panama liegt in Mittelamerika. Das Land ist CO₂-negativ: Das heißt, es speichert mehr Kohlenstoffdioxid als es ausstößt. Dennoch: Auch in Panama werden Waldschutzgebiete durch illegale Abholzung bedroht. Das Land trägt laut UN nur 0,05 Prozent zu den globalen CO₂-Emissionen bei, ist aber unverhältnismäßig stark von der Klimakrise betroffen. Seit 1880 werden die Niederschlagsmengen in dem Land aufgezeichnet, Forscher:innen zufolge kamen in den vergangenen 25 Jahren die zehn stärksten Stürme vor, die seit 1880 gemessen wurden. Außerdem wurden in dieser Zeitspanne sowohl die zwei trockensten je gemessenen als auch die drei trockensten Jahre in Folge verzeichnet. Insgesamt wird das Wettergeschehen weniger vorhersehbar: 2022 begann die Regenzeit früher als je zuvor. In Panama lebten 2019 etwa 21,5Prozent der Menschen unterhalb der Armutsgrenze, was eine Anpassung an die Klimakrise für viele unmöglich macht.