Süddeutsche Zeitung

Unsere Kernprodukte

Im Fokus

Partnerangebote

Möchten Sie in unseren Produkten und Services Anzeigen inserieren oder verwalten?

Anzeige inserieren

Möchten Sie unsere Texte nach­drucken, ver­vielfältigen oder öffent­lich zugänglich machen?

Nutzungsrechte erwerben

„Inzwischen bewerbe ich mich auch anderswo“

Foto: Prajwal Veeresha Sajjan

Teile diesen Beitrag mit Anderen:

Manideep Allu, 25, kam aus Indien für den Master in „Chemical and Energy Engineering“ nach Deutschland. Er ist eine der Fachkräfte, die Deutschland so dringend braucht. Wir protokollieren seinen Alltag und wollen wissen: Klappt Integration? In Folge 10 erzählt er, was ihm für die Jobzusage fehlt und wie sein erstes Weihnachten mit einer deutschen Familie war. 

„Ich halte nichts von Neujahrsvorsätzen – ich mache einfach, was ich mir vornehmen würde. Zum Beispiel Bewerbungen rausschicken. In den letzten drei Monaten sind schon etwa 30 Stück rausgegangen, schließlich endet mein Studium in sechs Monaten. Bisher hab ich nur Absagen bekommen. Das Problem: In dem Arbeitssicherheitsbereich, in dem ich arbeiten will, wird oft noch eine Weiterbildung gewünscht. Leider habe ich das Zertifikat innerhalb meines Masters nicht erhalten. Die Zusatzausbildung kostet in Deutschland zehn- bis fünfzehntausend Euro – so viel Geld habe ich nicht. Ich hoffe also, einen Arbeitgeber zu finden, der mich dabei unterstützt.

Inzwischen bewerbe ich mich auch anderswo, in Italien, Spanien und den Niederlanden. Da werden teilweise vergleichbare Zertifikate gefordert, aber sie sind günstiger. Am liebsten würde ich in Deutschland bleiben – weil ich  inzwischen die deutsche Sprache so gut spreche. Sogar mein Chef hat mich schon darauf angesprochen. Das gute Deutsch bringt mir aber wohl nichts mehr, wenn ich das Land verlassen muss.

An Silvester habe ich Freunde in Berlin besucht. Aber nicht, um zu feiern! Oder doch – aber nicht im Club, sondern familiärer, schließlich gibt es bald ein neues Leben zu begrüßen. Die Schwester meines besten Freundes hat eine Babyparty geschmissen. In einer Woche könnte ihr Kind schon geboren sein, in Deutschland, verrückt oder? Das Kind wird dann die indische Staatsbürgerschaft erhalten, weil seine Eltern beide Inder sind. In Deutschland entscheidet nämlich vor allem die Staatsangehörigkeit der Eltern über die des Kindes, der Geburtsort spielt nur bedingt eine Rolle.“

Mein bestes Erlebnis der vergangenen sechs Wochen:

„Neben Weihnachten – dazu komme ich später – gefielen mir vor allem die Schneemassen in Garmisch-Partenkirchen. Überall glitzerndes Weiß, ich habe Videos und Fotos für meinen Fotografie-Instagram-Account gemacht. Es war eine ganz spontane Idee mit ein paar Freunden. Am 25. haben wir abends darüber gesprochen, dass wir gerne weiße Weihnacht erleben würden – und am nächsten Morgen sind wir in den Zug gestiegen. Schnee begeistert mich immer noch wie ein kleines Kind, denn in meiner Heimat hat es gerade 26 Grad.“

Meine neueste Entdeckung:

„Deutsche Weihnachten bedeutet Kulturprogramm. Das heißt: Die Kinder spielen Klavier und singen dazu. Ich mochte das gerne, in Indien ist es überall laut und die Musik kommt aus Lautsprechern. In Deutschland ist so etwas dann wirklich etwas besonderes. Wie ich dazu gekommen bin? In diesem Jahr wurde ich nach Erlangen eingeladen zu meiner Internetfreundin Rebekka. In Folge sechs habe ich schon einmal von ihr erzählt. Heiligabend durfte ich mit ihr und ihrer Familie verbringen. Auf meiner Anreise habe ich Halt bei einer Bäckerei gemacht und Stollen gekauft. Das ist deutsche Tradition. Es gab drei verschiedene, ich habe einfach alle gekauft. Zu Mittag gab es Kartoffelsalat und Linsensuppe – und einen Kirchgang. Mit der ganzen Familie, nur Rebekka und ihr Mann sind daheimgeblieben. In der Zwischenzeit haben sie nämlich alles vorbereitet: Als wir wiederkamen, gab es Abendessen und dann Geschenke. Es folgte noch ein Klavierkonzert. Bis Abends haben die zwei Jungs dann Videospiele gespielt über Detektive, ich habe zugeschaut. Das hat Spaß gemacht, aber ich musste auch kurz an meine Familie denken und habe sie vermisst.“

Mein aktuelles Lieblingswort und warum?

„Spatz. Das kam so: Eine der Katzen von Rebekkas Familie heißt fast so – Spax ist ihr Name. Rebekkas Mann hat mir erklärt, dass Spax eine Schraubenmarke ist. Erst, als ich jemand anderem davon erzählt habe und es eine Verwechslung gab, habe ich gelernt, dass Spatz eine Vogelart ist. Für mich hört sich das beides aber total gleich an! So oder so: Ich freue mich, jetzt den Namen für eine deutsche Vogelart zu kennen. Und die Katze ist auch süß. Und eine Katze nach Schrauben zu benennen – irgendwie auch sehr Deutsch. Typisch Ingenieure.“

  • teilen
  • schließen