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Das ist: Arshak Makichyan, russischer Fridays-for-Future-Aktivist

Screenshot: Twitter / MakichyanA

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Das ist…

… Arshak Makichyan, der Mann, der jeden Freitag mit einem Schild auf dem Puschkin-Platz in Moskau steht. Mit einem Schild, dass Menschen darüber informieren soll, dass der Klimawandel real ist. In Russland glauben das nämlich nicht alle. Dass es so etwas wie Erderwärmung gibt, hat Arshak auch erst durch Greta Thunberg über den Twitter-Account von Greenpeace erfahren. In seiner Schule war das nie ein Thema – auch in den russischen Medien nicht, sagt Arshak im Gespräch mit jetzt. Dann begann er sich weiter zu informieren, mit Filmen wie „Eine unbequeme Wahrheit“ von Al Gore und internationaler Medien. Er sah, dass europaweit Schüler an Freitagen auf die Straße gehen, um Aufmerksamkeit für den Klimawandel zu erreichen und Arshak begann, sich zu fragen, ob er das vielleicht auch in Russland machen könnte.

 Der hat...

… zum ersten Mal Anfang 2019 an einer politischen Aktion teilgenommen, als in Moskau ein Gedenkmarsch für den 2015 erschossenen Putin-Kritiker Boris Nemzow stattfand. „Ich hatte mich als Armenier in Russland irgendwie immer wie ein Außenseiter gefühlt. Aber in dieser Gruppe wurde mir klar, dass ich Teil von etwas werden und etwas bewegen kann. Ich bin nicht zu klein, um etwas zu verändern.“ So begann er sich über die Gesetzeslage für Proteste in Russland zu informieren und fand heraus, dass Einzelpersonen nicht unter die Anmeldepflicht für Demonstrationen fallen. Mitte März nahm er an einer Klima-Protest-Aktion im Sokolniki Park teil, mehrere Kilometer vom Zentrum der Hauptstadt entfernt. Die Behörden hatten diesen Veranstaltungsort bestimmt. Um nicht mehr dieser Willkür ausgesetzt zu sein, nahm Arshak sein Schild und wurde alleine zum Fridays-For-Future-Aktivist mitten in Moskau.

Der macht...

…aufmerksam. Jeden Freitag stellt er sich mit seinem Schild auf den Puschkin-Platz in Moskau in die Öffentlichkeit. Allerdings musste er dabei sehr schnell feststellen, dass er wirklich ganz bei null anfangen muss. „Auf einem meiner ersten Schilder schrieb ich vom Übereinkommen von Paris, aber niemand wusste, wovon ich da eigentlich rede. Seitdem schreibe ich einfachere Botschaften, wie ‚Es gibt eine Erderwärmung, aber die Medien berichten nicht darüber‘“. Mittlerweile wird Arshak aber auch von Menschen angesprochen, die ihm Fragen stellen oder die ihn unterstützen wollen. So beispielsweise im Fall von einigen Lehrern, die bereits seit einer Weile vom Klimawandel sprechen, sich aber nicht gehört fühlen. Ablehnende Reaktionen, dass das ja alles sowieso nur Verschwörungstheorien seien, bekommt er aber auch zu hören.

Der kann...

… wunderschön Violine spielen, denn Arshak studierte am Konservatorium in Moskau. Vor zwei Monaten hat er seinen Abschluss gemacht. Seit neuestem ist er auch ziemlich gut darin, Formulare und Anträge auszufüllen. Kommen zu seinen Aktionen gegen den Klimawandel nämlich mehr Menschen als nur er selbst, müssen sie nach dem russischen Gesetz offiziell angemeldet und genehmigt werden – was üblicherweise mit Schikanen verbunden ist. Arshaks erste Anträge kamen mehrfach zurück, weil angeblich immer Daten und Angaben fehlten. „Sie wollten etwa von mir wissen, ob ich bisher Straftaten begangen habe. Dabei bin ich mir sicher, dass sie das selbst ganz einfach in ihren Systemen hätten nachsehen können“, sagt er. Sind alle Anträge ausgefüllt, bedeutet das aber nicht automatisch, dass die Demonstration genau da stattfindet, wo Arshak sich das wünscht. Stattdessen wählt die Stadt eher wenig zentrale Orte, wo die Aktion kaum Aufmerksamkeit bekommt, häufig begründet mit der Sicherheit der Teilnehmer.

Der kämpft…

… zum Glück mittlerweile gar nicht mehr so allein wie am Anfang. Immer mehr Menschen schließen sich seinen Aktionen an. Mittlerweile finden auch Massenveranstaltungen in den Städten, zum Beispiel in Kaliningrad oder St. Petersburg statt, mit bis zu 70 Personen. In Moskau hat er kürzlich eine Gruppendemonstration mit 40 Teilnehmern organisiert, die allerdings am Platz Yauzkie Vorota im Bezirk Kitay Gorod, mehrere Kilometer vom Puschkin-Platz entfernt, stattfinden musste.

Einfach in den Schulen informieren kann Arshak allerdings nicht:  In Russland gibt es strenge Gesetze gegen die „Beeinflussung Minderjähriger“. Deshalb wartet Arshak nun, dass die Schüler und Studenten von allein zu ihm kommen.

Der fühlt…

…sich als Aktivist in Russland nicht sicher. „Am Anfang war ich überzeugt, dass ich gleich verhaftet werde“, erinnert sich Arshak. Bei einem Interview mit der Moscow Times kamen Polizisten hinzu und machten Fotos von seinem Ausweis. Danach kam aber nichts mehr. Körperliche Attacken hat er zum Glück erst ein einziges Mal erlebt. Ein Mann drohte ihm mit Gewalt, wenn er nicht sofort sein Schild entferne. Arshak rief daraufhin die Polizei. Die Meldung, die Arshak später auf dem Revier machte, führte allerdings zu keinem Ergebnis, obwohl er sogar ein Video von dem Zwischenfall liefern konnte. Mittlerweile fühlt er sich etwas besser, weil ihn immer mehr Menschen unterstützen.

Der ist…

… zur Zeit in Deutschland. Er war beim Klimacamp in Köln dabei, hat an Workshops teilgenommen und sich über die Situation im Hambacher Forst informiert. Im Moment schaut er sich Berlin an, aber einfach nur als Tourist. Sobald er wieder zurück ist in Russland, werden die nächsten Schritte sein, eine Möglichkeit zu finden, Informationen zum Klimawandel in die Schulen zu tragen und vielleicht einen Wissenschaftler zu finden, der die Aktivisten unterstützt.

Google weiß über ihn, …

…dass sein Plan aufgeht, denn er bekommt reichlich Aufmerksamkeit mit seiner Aktion. So schrieben schon viele internationale Medien über seine Arshaks Protest. Aber auch im eigenen Land tut sich etwas. Arshak sagt: „Nach unserer Gruppendemonstration in Moskau sind einige unabhängige Medien auf uns aufmerksam geworden und haben über uns berichtet.“

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