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Twitter-Nutzer*innen zerlegen Wolfgang Kubicki

Foto: NDR/Wolfgang Borrs

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Sonntagabend bei Anne Will, in der Talkrunde sitzt Wolfgang Kubicki von der FDP, ein Mann, der meint, diese Corona-Pandemie, von der alle reden, sei ja wirklich beherrschbar, wenn nicht sogar: schon vorbei. „Wir sind über den Berg“, sagte er. Dass Kubicki in solchen Runden gerne provoziert, ist nicht neu. Am gestrigen Sonntag sagte er aber einen Satz, den viele Menschen so herzlos finden, dass Kubickis Name am Montagmorgen auf Twitter trendet: „Wer Angst hat, soll zu Hause bleiben.“

Und einige Sätze weiter dann: „Wenn jemand Sorge hat, dass im Altersheim was passiert, soll er seine Angehörigen nicht besuchen.“ Dass der Politiker außerdem noch ganz nebenbei die Zahlen des Robert-Koch-Instituts anzweifelte und sagte, er könne mit einer Reproduktionszahl von 1 oder 1,13 „nichts anfangen“, macht viele noch fassungsloser.

Viele machen deswegen auf Twitter ihrem Ärger Luft. Ihr Hauptargument: eine große Anzahl von Menschen kann eben nicht einfach daheim bleiben, zum Beispiel Pflegekräfte, Ärzt*innen, Menschen, die im Supermarkt oder in einer Notbetreuung arbeiten, die Busse und Züge fahren:

Ein User bezeichnet Kubicki als „gewissenlosen Egoisten“, denn der FDP-Politiker vergesse mit seiner Aussage auch all jene, die kein sicheres Zuhause haben, die wenig Platz haben oder sich alleine um die Kinder kümmern müssen:

Und auch für Abiturient*innen und all die anderen Schüler*innen, die jetzt wieder in die Schulen sollen, mit Maske und  so viel Sicherheitsabstand wie möglich, ist es eher unmöglich, „einfach zu Hause zu bleiben“:

Andere fühlen sich an Marie Antoinette erinnert: Die soll angeblich mal gesagt haben, wer kein Brot habe, solle doch einfach Kuchen essen. Das stimmt zwar nicht ganz, das Zitat wurde ihr vom französischen Schriftsteller Jean-Jacques Rousseau in den Mund gelegt, der gern die Dekadenz und den Sittenverfall des Adels anprangerte. Dennoch finden viele den Vergleich gerade angemessen:

Manche wissen sich nur noch mit Polemik zu helfen:

Andere haben den frommen Wunsch, der FDP-Politiker hätte selbst etwas mehr Angst und würde sich nicht mehr in Talkshows setzen:

Und dieser Nutzer stellt sich ganz allgemein die Frage, was bei der FDP gerade eigentlich insgesamt los ist.

Denn nicht nur Kubicki steht in der Kritik: Der Thüringer FDP-Chef Wolfgang Kemmerich war am Samstag in Gera auf einem sogenannten „Hygiene-Spaziergang“ unterwegs. Christian Lindner kritisierte ihn dafür scharf, Marie-Agnes Strack-Zimmermann aus dem FDP-Bundesvorstand forderte sogar den Austritt Kemmerichs aus der FDP. Auch die Chefin der Jungen Liberalen, Ria Schröder, kritisierte Kemmerich auf Twitter: „Corona verlangt uns allen viel ab, aber wer bewusst Hygienemaßnahmen missachtet und sich mit Rechtsextremen einreiht, der ist nicht Mitte, sondern gefährdet uns alle und untergräbt die konstruktive Arbeit.“

Wie sich die beschlossenen Lockerungen wirklich auf unsere Gesellschaft und die Ausbreitung des Virus auswirken, kann gerade noch niemand wirklich wissen. Da hilft wohl nur abwarten – und Abstand.

soas

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