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Horror-Date: Die Mutter im Zimmer

Illustration: Daniela Rudolf-Lübke

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Horror-Stufe: 8 von 10

Der Dating-Partner: Tobi (Name geändert), 20, betont männlich

Vibe des Dates: zu schnell zu nackt

Tobi hatte ein „komplexes Verhältnis“ zu seiner Mutter. Das hatte er mir gegenüber einige Male angedeutet. Wie weird dieses Verhältnis aber tatsächlich war, das sollte ich erst beim vierten Date erfahren – genauer: während des Vorspiels.

Als ich Tobi kennenlernte, war ich 16 Jahre alt und litt an gebrochenem Herzen. Verlassen und betrogen, musste ich meinen Selbstwert wiederherstellen. Die vermeintliche Lösung: ein Typ, der mich auf Facebook angeschrieben hatte, älter war als ich, hobbymäßig Bodybuilding betrieb und ein schnelles Auto fuhr. Heute würde ich sagen: Jemand, der selbst alles dafür tat, sein Selbstwertgefühl aufzupäppeln. 

Wir trafen uns einige Male, bretterten meist in seinem Auto über Landstraßen und redeten über sein Leben. Darüber, dass er „nur“ einen Hauptschulabschluss hatte, aber deswegen nicht gleich dumm war. Darüber, dass er bei einem Discounter arbeitete, deswegen aber nicht gleich arm war. Und darüber, dass er als Jugendlicher lange nicht mit seiner Familie gelebt hatte, deswegen aber nicht gleich ein gestörtes Verhältnis zu seiner Mutter habe. Meine heutige Einschätzung dazu: zwei mögliche Wahrheiten, eine Lüge. 

Beim vierten Date brachte er mich mit nach Hause. Das heißt: in den Keller seiner Mutter. Dort hatte er laut eigener Aussage zwar als Jugendlicher nicht gelebt, damals sei er zwischen verschiedenen Verwandten hin und her gereicht worden. Nun, als junger Erwachsener, sei er aber bei ihr und ihrem Partner eingezogen. Er wollte bei der Miete sparen, um sich ein „Sommerauto“ kaufen zu können.

Er fummelte gerade hastig an meinem BH herum, als die Tür aufging

Er führte mich durch seinen eigenen Hauseingang direkt in sein Zimmer, das großzügig geschnitten und durch mehrere Kellerfenster recht hell war. Außer einem Bett stand wenig drin – und der Zweck des Besuchs wurde damit auch recht schnell deutlich. Tobi packte mich und warf mich aufs Bett, wir machten ziemlich schnell ziemlich heftig rum und zogen uns Stück für Stück aus. Ich hatte damals zuvor erst mit einem Jungen geschlafen, wollte aber möglichst erfahren, selbstbewusst und sexy wirken, ging deshalb also gleich „all in“. Er fummelte gerade hastig an meinem BH herum, als die Tür aufging und ich Schritte im Zimmer hörte. 

Erschreckt drehte ich mich um und sah: eine Frau, schlank, brünett, mittleren Alters, freundlich lächelnd, mit einem Teller in der Hand, darauf Kekse. Ich fühlte mich wie in einer amerikanischen Sitcom. Tobi allerdings schien an der Sache nichts Komisches zu finden. Noch bevor ich mir die Decke über meinen Körper ziehen und Hallo hätte sagen können, raunte er: „Ach, das ist nur meine Mutter. Die ist cool, ignorier’ sie einfach.“ Er fummelte weiter an meinem BH. Die Frau stellte wortlos den Teller auf einem kleinen Tisch ab, hob entschuldigend die Hände – und verließ betont unauffällig rückwärts den Raum. Den Blick aber stetig auf uns im Bett gerichtet.

Ich war perplex. Was war das hier? Konnte diese Frau wirklich seine Mutter sein? Warum war er nicht erschrocken? Warum störte ihn nicht, von seiner Mutter beim Vorspiel beobachtet zu werden? Und musste ich mich nicht bei ihr vorstellen? Machte man das nicht so? Ich versuchte, seine Hände von meinem Körper zu schieben, fuhr mir durch die Haare, zog das Laken an mir hoch, setzte mich leicht im Bett auf und überlegte laut, wie jetzt weiter zu verfahren sei. Sollte ich mich wieder anziehen? Rausgehen, mich vorstellen und für die Kekse danken? Nein, sagte Tobi. Auf keinen Fall sei das notwendig. Seine Mutter sei „cool mit sowas“, sie störe sich nicht an nackten Frauen in seinem Zimmer. 

Ich versuchte, die Situation zu vergessen, wir machten weiter. Er hatte gerade eine Hand an meinen Brüsten, eine in meinem Schritt, als die Tür wieder aufging. Die Frau stand schon wieder im Zimmer, diesmal mit zwei großen Gläsern Wasser in der Hand. Tobi fummelte weiter, doch ich schob ihn weg. Ich war entnervt, aber sicher: Zumindest diesmal musste ich doch reagieren. Ich richtete schnell meinen BH, zog wieder das Laken hoch, setzte mich wieder auf und stellte mich sachte winkend vor. 

Ich fühlte mich irgendwie schäbig

Vermutlich war das ein Fehler. Bis dahin hatte es noch die Chance gegeben, dass Tobis Mutter die Gläser wie zuvor den Teller einfach abgestellt und rückwärts den Raum verlassen hätte. Jetzt wuselte sie herum, sammelte noch ein paar Wäscheteile auf und wollte sich ein bisschen unterhalten. 

Es begann ein kurzes, merkwürdiges Gespräch. Die Frau stellte sich tatsächlich als Tobis Mutter vor, aber als eine „coole“ Mutter. Ich solle mich jetzt hier auch nicht komisch fühlen, sie fände es absolut verständlich, dass man in jungen Jahren sexuell neugierig sei und sich austoben wolle. Sie wünschte noch viel Spaß dabei und allseits gutes Kitzeln (oder eine ähnlich cringe Formulierung). Wir sollten uns wirklich nicht gestört fühlen, sie wolle hier nur eben kurz etwas abstellen, falls wir „danach“ Hunger oder Durst bekämen. Ich dankte verlegen und sie ging. 

Ich fühlte mich irgendwie schäbig. Hier lag ich in einem fremden Bett, nur noch in Unterwäsche bekleidet, betatscht von einem Sohn, dessen Mutter mich gerade quasi bespannt hatte.

Tobi hatte in der Zeit des Gesprächs übrigens ungeduldig mit den Fingern auf meinem Körper herumgetrommelt. Das half ihm nun aber auch nichts mehr. Meine Lust war endgültig weg, und zum Glück schaffte ich es auch, darauf zu bestehen, dass die Sache nun erstmal vorbei war. Dieses Vorspiel war übrigens der letzte sexuelle Kontakt zwischen uns gewesen. Nach dieser Begegnung trafen wir uns nicht nochmal. Er hatte das Interesse verloren, und ich auch.

Hinweis: Die Autorin dieses Textes möchte anonym bleiben, um ihre Intimssphäre und auch die Intimssphäre ihres Dates zu schützen.

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