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4000 Euro brutto für die Gleichstellungsbeauftragte in Teilzeit

Foto: Benno Grieshaber; Illustration: jetzt

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Was eine Gleichstellungsbeauftragte macht

„Meine Hauptaufgabe ist es, das Gleichstellungskonzept an der Universität zu erstellen. Das Konzept enthält Maßnahmen, die eine gendergerechtere Hochschulkultur ermöglichen sollen. Mittels Datenerhebungen überprüfe ich, inwiefern diese Maßnahmen ihre Wirkung erzielen. Meine weiteren Aufgaben sind sehr vielfältig. Zum Beispiel setze ich mich für eine gendergerechte Personalauswahl ein, dafür, dass auch Bewerbungsgespräche gleichberechtigt geführt werden. Auch die faire Bezahlung von Mitarbeiter:innen gehört zu meinen Aufgaben. Neulich gab es den Fall einer medizinisch-technischen Assistentin, die festgestellt hatte, dass sie weniger verdient als ihre Kolleg:innen. Dann habe ich mir den Fall konkret angeschaut und als Vermittlerin zwischen der Personalabteilung und der Führungsebene agiert. Aber es kommen auch alleinerziehende Frauen mit einer Teilzeit-Beschäftigung zu mir. Häufig wollen Frauen in diesen Fällen wissen, wie sie am besten aufstocken können und welche Rechte sie haben.

Daneben kümmere ich mich um die internen Strukturen der Universität und organisiere zum Beispiel gendersensible Weiter- und Fortbildungen von Personal und Führungskräften in Form von Workshops. Einer dieser Workshops heißt zum Beispiel ‚Genderbewusst führen‘. Die Workshops leite entweder ich oder fachkompetente Trainer:innen.

Wie ich zu dem Job gekommen bin 

Für mich war das Thema der Gleichstellung von Frauen und Männern schon immer wichtig. Ich bin Halb-Schwedin und habe in Schweden studiert und gearbeitet. Die Regierung in Schweden setzt sich beispielsweise für mehr Frauen in männerdominierten Berufen wie im Ingenieurwesen oder der Technik ein.

Das theoretische Wissen für den Job habe ich aus meinem Studium der Politikwissenschaften mit dem Teilbereich Gender Studies. Das hilft mir, die Grundfragen und Konzepte der Gleichstellung umzusetzen. Allerdings ist es für meinen Job vor allem wichtig, wirklich etwas verändern zu wollen und politisches Interesse mitzubringen. Daher sind Quereinsteigende willkommen. Dass ich heute an der Uni arbeite, hat damit zu tun, dass ich vorher hier im Wissensmanagement angestellt war und mich dann direkt für das Amt der Gleichstellungsbeauftragten beworben habe. 

Was der Job mit dem Privatleben macht 

Da es mir wichtig ist, Veränderungen anzustoßen, nehme ich das Thema Gleichstellung auch mit ins Privatleben. Alle in meinem Freundeskreis wissen das auch. In Gesprächen sind sie dann besonders vorsichtig, wie sie Dinge formulieren. Auch in die frühere Kita meines Sohns nehme ich das Thema mit. Da spreche ich dann Einiges kritisch an – zum Beispiel, dass oft nur Mütter angeschrieben werden, wenn das Kind krank ist, und nicht auch die Väter. 

Was für Eigenschaften man für den Job braucht 

Neben politischem Interesse hilft es, bei der Konfrontation mit Führungskräften diplomatisch zu bleiben. Es ist wichtig, das Problem der strukturellen Diskriminierung gegenüber Frauen richtig und passend zu kommunizieren. Wenn ich zu starke Ansagen mache, ziehen sich viele Menschen direkt zurück und die Fronten verhärten sich. Außerdem muss ich gut netzwerken und kommunizieren können. Es ist wichtig, die Botschaft gut rüberzubringen. 

Welche Frage mir auf Partys gestellt werden 

Viele junge Menschen sind meinem Job gegenüber positiv eingestellt. Wenn mich ältere Menschen fragen, was ich beruflich mache, kippt die Partylaune aber schnell mal. Sie fragen mich oft, ob mein Job überhaupt notwendig ist. Dann frage ich zurück, wie es nach Datenerhebungen der Universität sein kann, dass bei uns an der Uni 70 Prozent der Mitarbeitenden Frauen und 30 Prozent Männer sind, aber etwa 65 Prozent dieser Männer in Führungspositionen arbeiten. So kommen wir ins Gespräch. Manchmal frage ich, ob sie auch selbst Töchter haben, so komme ich auch gut an diese Gruppe der älteren, weißen Männer ran.   

Vorstellung vs. Realität 

Ich dachte, man könnte schneller Dinge verändern. Doch viele haben das Thema Gleichstellung noch gar nicht auf ihrer Agenda. So ist meine größte Herausforderung, das Thema überhaupt ins Bewusstsein der Menschen zu holen, um dann ein nachhaltiges gesellschaftliches Bewusstsein dafür zu schaffen, wie relevant das Thema ist. Meine Erfahrungen in Schweden zeigen mir, dass das möglich ist. 

Was mich motiviert 

Mir ist einfach wichtig, ein allgemeines Bewusstsein und Sensibilität für Gleichstellung zu schaffen, in allen Bereichen. Ich bekomme außerdem auch positive Rückmeldungen, allerdings meist von Frauen. Gerade bei den jüngeren Frauen hat sich das Bewusstsein stark gewandelt und sie sind selbstbewusster geworden. Sie sehen die eigene Verantwortung für Geschlechtergerechtigkeit. Doch Gleichstellung ist nicht allein Frauensache – es ist eine gesellschaftliche Aufgabe, von der alle profitieren können. 

Wie viel ich verdiene 

Da ich zuvor bereits an der Uni angestellt war, übernehme ich mein vorheriges Gehalt auch als Gleichstellungsbeauftragte. Zurzeit arbeite ich 32 Stunden die Woche in Teilzeit und verdiene 4000 Euro brutto im Monat. 

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