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1000 Euro brutto für den Eismacher

Felix, 28, arbeitet mit Leidenschaft als Eismacher in seinem Laden in Weimar.
Foto: Privat / Bearbeitung: jetzt

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Wie man Eismacher wird

Ich habe während meines Studiums zum Medienkünstler ein Buch mit Eisrezepten von einer Freundin geschenkt bekommen und dachte: Ich probiere das mal aus. Mit meinen Mitbewohner*innen saß ich dann nachts auf dem Bett und habe das Eis verkostet. Die erste Sorte war Banane-Karamell mit gesalzenen Walnussstückchen. Weil wir das Eis so gut fanden, hab ich weitergemacht. Mein Ziel war es, zur Sommerausstellung meiner Universität Eis zu verkaufen, was ich auch geschafft habe. Als Produktionsraum habe ich die Abstellkammer meiner WG angemietet. Im Gegensatz zu unserer Küche entsprach die zum Glück den Anforderungen des Hygieneamts: abschließbar, gefliest, zwei Fenster, und jeweils ein Warm- und Kaltwasseranschluss. Ich habe die Pfandflaschen rausgeworfen und dafür drei Waschbecken, eine Gefriertruhe, einen Kühlschrank und einen selbstgebauten Pasteur mit integriertem Mixer eingebaut. Die Materialien dafür habe ich mit dem Bus vom Baumarkt in die Wohnung transportiert. Ich habe damals mein ganzes Geld, auch meine Ersparnisse, für Eismaschinen und Gefriertruhen ausgegeben. Als das nicht mehr gereicht hat, habe ich mir erst bei meiner damaligen Freundin, dann meinen Eltern und schließlich einer Bank Geld geliehen. Neben meinem Studium hatte ich einen Kredit über 120 000 Euro laufen. Damals habe ich mein Eis vor allem auf Veranstaltungen aus einem selbstgebauten Eiswagen verkauft. Den ersten Laden in Weimar habe ich 2016 gemeinsam mit meiner jetzigen Kollegin Flavia eröffnet. 

Wie ein typischer Arbeitsalltag aussieht

Ich fahre nach dem Aufstehen mit dem Lastenrad in die Produktion. Dort haben Flavia und ihr Team am Morgen schon das Eis fertig gemacht und frische Eiswaffeln gebacken – das riecht man dann immer schon zwei Straßen weiter. Mit dem Eis fahre ich dann in die Innenstadt, dort habe ich inzwischen noch einen zweiten, kleineren Laden. Ich bereite den Laden vor, kaufe noch frische Früchte als Topping ein, und dann stehe ich den ganzen Tag im Laden. Eis verkaufen bedeutet nämlich nicht nur, einigermaßen runde Kugeln zu formen. Wenn man den Laden betreut, muss man alle Kaffeegetränke zubereiten und jedes technische Problem lösen können, einen Draht zu den Kund*innen haben, den Laden überblicken und vor allem das Eis managen – das muss nämlich rechtzeitig aus dem Gefrierschrank geholt werden, damit es schön cremig ist. 

Was der Job mit dem Privatleben macht

Das ist ganz schön schwierig gerade. Ich arbeite an sieben Tage in der Woche, zehn bis zwölf Stunden täglich. Mir fällt es schwer, mich davor oder danach zu motivieren, noch etwas zu unternehmen. Falls ich am Abend Energie habe, mache ich lieber Büroaufgaben. Meine Freund*innen haben zum Glück Verständnis dafür und unterstützten mich, wo sie können. Oft kommen sie zum Beispiel im Laden vorbei. Und an Regentagen habe ich auch mal einen Tag Pause.

Welche Eigenschaften man als Eismacher braucht

Als erstes braucht man Leidenschaft für das, was man tut. Man darf nicht nur arbeiten, weil man muss, sondern weil es einem Spaß macht. Das merken die Kund*innen sofort. Dann braucht man eine extrem gute körperliche Ausdauer. Der Job ist echt anstrengend, ich schleppe ja jeden Tag kiloweise Eis von einer in die andere Filiale. Und man steht den ganzen Tag hinter der Theke und macht Eiskugeln. Damit verbunden ist natürlich auch die Fähigkeit, dass man gut auf sich aufpasst und nicht krank wird. Und zuletzt braucht man natürlich auch ein ruhiges Gemüt, wenn es im Laden stressig ist. 

Welche Frage auf Partys immer gestellt wird

Oh Gott, ich weiß gar nicht wann ich das letzte Mal auf einer Party war. Aber die dümmste Frage, die mir oft gestellt wird, ist, ob in dem Eis Bibermilch ist. Natürlich nicht. Ich heiße Bieber mit Nachnamen und das erklärt, warum der Biber mein Markenzeichen ist. 

Wie man sich neue Eissorten ausdenkt

Flavia und ich haben eine Liste mit Ideen, die wir noch ausprobieren wollen. Die ist aber so lang, dass wir es wahrscheinlich nie schaffen werden, sie abzuarbeiten. Flavia ist Konditormeisterin und hat viel Erfahrung in der Gourmet-Gastronomie. Oft probieren wir dann Geschmäcker aus, die sie schon in einem Backrezept verwendet hat, wie zum Beispiel das Lakritz-Brombeer-Eis. Wir haben uns kennengelernt, als sie zur gleichen Zeit wie ich nach einem Lokal für ihre Patisserie gesucht hat. Später haben wir auch unsere Firmen zusammengelegt. Die Sorten sollen einfach und gut sein. Schoko soll nach Schoko schmecken. Der Trick dabei ist, wirklich auch Schokolade benutzen. Klingt simpel, aber viele Eismacher*innen machen das nicht und benutzen nur Kakao. 

Wie viel man als Eismacher verdient

Ich überweise mir am Ende des Monats ungefähr 1000 Euro auf mein Privatkonto. Alles, was übrig ist, investiere ich direkt in die Firma. Die letzten Jahre war es viel weniger. Da haben meine Eltern noch meine Miete gezahlt. Wenn man ein Unternehmen hat, geht halt alles direkt ins Geschäft. Ich selbst nehme mir nur das raus, was ich zum Leben brauche. Gerade sparen wir auf einen neuen Gefrierschrank, bilden Rücklagen für den Winter und wollen ja auch unsere Mitarbeiter*innen gut und fair bezahlen. 

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