Süddeutsche Zeitung

Unsere Kernprodukte

Im Fokus

Partnerangebote

Möchten Sie in unseren Produkten und Services Anzeigen inserieren oder verwalten?

Anzeige inserieren

Möchten Sie unsere Texte nach­drucken, ver­vielfältigen oder öffent­lich zugänglich machen?

Nutzungsrechte erwerben

Bis zu 10 000 Euro brutto für die Personalberaterin

Vivien hat eine Ausbildung zur Versicherungsfachfrau gemacht, bevor sie in die Personalberatung ging.
Foto: Privat

Teile diesen Beitrag mit Anderen:

Was eine Personalberaterin macht

Ich bin bei einem Münchner Personalberatungsunternehmen als Junior Consultant für die IT-Branche angestellt. Dort vermittle ich zwischen Firmen, die Stellen besetzen wollen, und Kandidaten, die auf diese Stellen passen könnten. Um Aufträge zu bekommen, suche ich auf Jobplattformen nach offenen Ausschreibungen und frage die Unternehmen, meine Kunden, ob ich sie bei der Suche unterstützen kann. Bekomme ich die Zusage, überarbeite ich erst mal die Stellenanzeige und erstelle eine Suche für die Position. Danach führe ich Qualifikationsgespräche mit den Kandidaten, vereinbare Termine fürs erste oder zweite Interview beim Kunden und führe Feedbackgespräche sowohl auf Kandidaten- als auch auf Kundenseite. Am Ende folgen Vertragsbesprechung und Abschluss. Während des Prozesses gebe ich den Firmen auch Rückmeldung, ob sie zu langsam sind oder zu viele Bewerbungsgespräche führen. 

Wie mein Arbeitsalltag aussieht

Mein Arbeitsalltag ist meist zweigeteilt: Vormittags pflege ich mein Netzwerk und kontaktiere Kandidaten. Nachmittags habe ich dann meist Videotelefonate für Vermittlungen. Als ich den Job angefangen habe, musste ich mir erst mal ein Netz an Firmen und Kandidaten aufbauen. Die ersten Abschlüsse hat man in der Regel innerhalb der ersten sechs Monate. Gerade am Anfang ist der Druck groß, möglichst schnell jemanden zu vermitteln. Den mache ich mir allerdings vor allem selbst. Klar erwartet mein Chef, dass ich Umsatz mache, aber strikte Ansagen gibt es bei uns nicht. Es ist eine sehr selbständige Arbeit, trotz Festanstellung. Mein Netzwerk pflege ich auch heute noch kontinuierlich. Ich recherchiere dafür auf Jobplattformen und in unseren internen Datenbanken und hinterlege alles, was ich finde, in Excel-Tabellen. So baue ich mir für die Zukunft ein immer größeres Netz an möglichen Kandidaten und auch Firmenkunden auf. 

Wie ich zu dem Job gekommen bin

Ursprünglich habe ich eine Ausbildung zur Versicherungsfachfrau gemacht. Ich wusste gar nicht, dass es die Personalberatung als eigene Branche überhaupt gibt, bis ich online eine Stellenausschreibung gefunden habe. Darüber habe ich mich beworben und festgestellt, dass es zu mir passt. Der Job hat viel mit Vertrieb und Kundenkontakt zu tun und damit kannte ich mich aus. Ich war davor selbständig in der Finanzbranche tätig und konnte mir nie vorstellen, wieder angestellt zu sein. Aber hier kann ich fast genau so frei arbeiten. 

Was der Job mit dem Privatleben macht

Es kommt vor, dass ich beim Abendessen noch Telefonate führe, weil die Kandidaten nicht früher können. Oder dass mich jemand anruft, um einen Tipp für das Vorstellungsgespräch am nächsten Morgen zu bekommen. Ich bin oft abends noch mit dem Kopf bei den Kandidaten, drücke ihnen die Daumen und hoffe, dass der Kunde zufrieden ist. Meistens arbeite ich etwa 45 Stunden und gleiche die Überstunden an Tagen im Homeoffice aus. Manche Beziehungen belastet der Job: Ein paar Freunde haben wenig Verständnis, wenn ich abends kaputt bin oder nicht mehr viel reden möchte. Der Job hat seine Vor- und Nachteile. Je mehr ich arbeite, desto mehr verdiene ich auch. Dafür bin ich selbst verantwortlich.  

Welche Fragen ich auf Partys gestellt bekomme

Kannst du mich vermitteln? Verschaff mir mal einen Job! Viele Leute fragen auch, wie gut sie im Vergleich mit anderen aus ihrer Branche verdienen. Im Alltag fragen Freunde und auch mein Partner ab und zu, ob ich über ihre Bewerbungsunterlagen schauen kann. Das mache ich gerne, das ist für mich fast ein Hobby. 

Wie mich ein Kandidat überzeugt

Mich überzeugt ein gut ausgefüllter Lebenslauf. Darin sollte nicht nur die Position stehen, sondern auch beschrieben sein, welche Tätigkeiten dabei konkret anfielen und welche Kompetenzen man gewonnen hat. Ebenfalls mag ich Skill-Tabellen, in denen man auflistet, welche Fähigkeiten man wie gut beherrscht. Mir fällt auch positiv auf, wenn jemand seine Jobs nicht allzu oft gewechselt hat. Vor dem Lebenslauf kann man sich auch in einem kleinen Profil kurz vorstellen. Darin steht, was der Kandidat gerade macht, warum er sucht und warum er zum angestrebten Unternehmen passt. Ansonsten überzeugen mich Kandidaten vor allem im direkten Gespräch. Neben den nötigen Kompetenzen für den jeweiligen Job will ich sehen, dass der Kandidat Lust auf Neues mitbringt – und nicht nur das Geld möchte. Das ist entscheidender als der Lebenslauf. Für den Lebenslauf gebe ich natürlich auch ein paar Tipps. 

Welche Eigenschaften man für den Job braucht

Ein Studienabschluss ist zwar die Regel. Aber es gibt auch Ausnahmen wie mich, die es mit Ausbildung und Berufserfahrung schaffen. Wichtig sind Disziplin und Hartnäckigkeit. Es läuft nicht immer gut und das muss man aushalten. Da helfen mir auch meine Kollegen. Wir haben ein familiäres Verhältnis untereinander. Außerdem sollte man Erfahrung im Kundenkontakt mitbringen, gerne telefonieren, akquirieren und kommunikativ sein, damit man auch mit schweigsamen Kandidaten ein Gespräch in Gang bringen kann. Man muss sich in der Branche auskennen, in der man berät. Und es ist wichtig, organisiert zu sein, damit man jederzeit auf alle Optionen und Kontakte zugreifen kann. Manchmal braucht es auch Mitgefühl. Wir arbeiten mit Menschen, die Rückschläge erleben, und müssen ihnen auch gelegentlich den Rücken stärken, den Jobwechsel zu wagen. 

Vorstellung vs. Realität

Ich habe anfangs gedacht, dass die Kandidaten von selbst auf mich zukommen und ich sie dann abklopfe. Aber heute können meist die Kandidaten die Bedingungen vorgeben. Die Guten muss ich suchen und aktiv ansprechen. Manche haben, wenn sie von meinem Job hören, auch diesen „Wolf of Wallstreet“-Lifestyle im Kopf: Also unter Höchstgeschwindigkeit Verträge abschließen und sich dann feiern lassen. Doch ein Vertragsabschluss dauert lang und da steckt Arbeit hinter. 

Was mir gefällt

Ich arbeite gerne selbständig. Durch meinen Job baue ich meinen eigenen Markt auf und muss nicht nach Vorgaben arbeiten. Ich muss up-to-date bleiben, lerne nie aus. Und am Ende ist es eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten. Du verkaufst den Leuten nicht einfach irgendetwas, sondern ermöglichst ihnen neue Perspektiven. 

Was man als Personalberaterin verdient

Im Durchschnitt verdiene ich etwa 6000 Euro brutto pro Monat als Junior Consultant. Es gibt auch Monate, in denen es 10 000 Euro brutto sind. Neben Junior Consultants haben wir auch Consultants, Senior Consultants und Principals. Die verdienen bis zu 17 000 Euro brutto. Der Verdienst setzt sich zusammen aus einem fixen Gehalt und Provision. Fest bekomme ich im Monat 3500 Euro brutto. Die Provision berechnet sich so: Unsere Firma kriegt 30 Prozent des ersten Jahresgehalts des vermittelten Kandidaten, davon bekomme ich 15 Prozent. Wer mehr Umsatz erwirtschaftet, dessen Provision steigt auf bis zu 25 Prozent. Das Modell verleitet natürlich dazu, immer weiter machen zu wollen. Aber es ist ein gutes Gefühl, dass ich mir Dinge gönnen kann. Und dass auch Menschen wie ich, mit einer Ausbildung, es schaffen können, gut zu verdienen.

  • teilen
  • schließen