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4000 Euro brutto für die Produktfotografin

Anna-Maria arbeitet mit ihrem Partner zusammen.
Foto: Christoph Kronseder/Light And Day Studio

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Wie ich Produktfotografin geworden bin 

Ich fand den Beruf von Fotograf:innen schon immer cool – nur irgendwie nicht für mich. Denn bis zum Master dachte ich, man müsse den gesellschaftlichen Vorstellungen entsprechen und einen Nine-to-Five-Job haben. Ich habe aber sehr schnell gemerkt, dass klassische Arbeitszeitmodelle für mich nicht funktionieren und ich besser projektbasiert und selbständig arbeiten kann. Parallel zu Social-Media-Teilzeitjobs habe ich mir mit kleinen Porträt-Shootings langsam etwas Eigenes aufgebaut. Irgendwann lief das sehr gut und ich wollte am liebsten nur noch fotografieren. Die Entscheidung wurde mir erleichtert, als ich von einer Teilzeitstelle gefeuert wurde.   

Passend zum ersten Lockdown habe ich mich selbständig gemacht. 2021 haben mein Partner Chris und ich ein Studio für Produktfotografie eröffnet. Seitdem laufe ich nur noch durch Geschäfte und möchte jedes toll designte Teil, das ich sehe, fotografieren. Was die Produktfotografie so spannend macht, sind die vielen Möglichkeiten: Man kann mit Glitzer, bunten Steinen und einer Astronautenfigur Miniaturwelten in ausgedachten Galaxien erschaffen. Oder sich bei aufwendigen Lifestyle-Sets austoben: Mit aufblasbarem Pool, Campingstuhl und einem gut gelaunten Model, das die zu fotografierenden Süßigkeiten nascht.    

Natürlich kann man Fotografie auch studieren oder im Rahmen einer Ausbildung erlernen. Ich bin aber ganz froh, dass ich das nicht gemacht habe. Ich glaube, das kann einen sehr festlegen. In unserer Branche haben sich viele alles selbst beigebracht. Es ist daher üblich, sich ständig weiterzuentwickeln - wie bei mir von Porträt zu Produkt. Man möchte zwar auch kein Bauchladen sein und von Architektur bis Hochzeit alles machen, aber man kann sich schon immer wieder neu in andere Themenbereiche einarbeiten.

Vorstellung vs. Realität 

Viele denken, ich lege eine Blume neben das Produkt, mache ein Foto und fertig. Dabei besteht mein Job aus drei Schritten: der Pre-Production, dem Shooting und der Post-Production. Dadurch sind Projekte oft größer, komplexer und herausfordernder als man denkt. Es wird unterschätzt, wie viele Komponenten zusammenkommen müssen, damit ein gutes Foto entsteht. Sich zu melden und zu sagen „Hey, ich habe ein Produkt und hätte gerne schöne Fotos“ funktioniert nicht. Viele Menschen rechnen mit weniger Aufwand und sind dann von den Kosten überrascht: Unsere Projekte starten ab 5000 Euro. Das ist meistens der Punkt, an dem die Kund:innen einen Rückzieher machen. Das ist auch okay. Ich arbeite schon lange als Fotografin und habe gelernt, mit welchen Kund:innen die Zusammenarbeit sonst nicht auf Augenhöhe funktioniert. 

Welche Eigenschaften man für den Job braucht 

Man muss gut organisiert sein, um die vielfältigen Aufgabenbereiche von der Akquise neuer Projekte, über die Planung der Shootings, bis zur Büroarbeit im Blick zu behalten. Obwohl wir zu zweit sind, sind wir schon gut ausgelastet. Es ist zudem wichtig, sich in Kund:innen hineinversetzen zu können: Was wird gebraucht, was gewünscht und was wäre vielleicht noch besser? Und es braucht Kreativität. Gerade wenn mal etwas schief geht, muss man spontan alles ummodeln und über das Planbare hinaus arbeiten können. 

Wie der Arbeitsalltag aussieht 

Der Joballtag reicht von Tagen, an denen man viel Zeit mit Kund:innen verbringt, bis hin zu welchen, an denen man im Keller sitzt und für ein Shooting am nächsten Tag die Dekoration sägt, zusammenschraubt und besprüht. Das Praktische ist, dass ich keine One-Woman-Show bin und mir alle Aufgaben und Bürosachen mit meinem Partner teilen kann. Prinzipiell bin ich eher für die Pre-Production zuständig, kümmere mich um den Kontakt zu den Kund:innen und organisiere die weiteren Dienstleister wie zum Beispiel Foodstylist:innen. Das Shooting an sich machen wir dann immer gemeinsam. Chris ist zudem für den Teil danach verantwortlich, er macht das Editing, die Post-Production und putzt alles hübsch raus. Gerade shooten wir viel im Snack- und Beauty-Bereich.

Bevor die Produkte vor unseren Kameras landen, muss in Gesprächen einiges geklärt werden. Unsere erste Frage ist immer: Wofür werden die Fotos gebraucht? Denn Fotoshootings für Kampagnenfotos sehen anders aus als ein Social-Media-Shoot oder Videos, die das Produkt erklären sollen. Im nächsten Schritt geht es darum, wie wir die Farbwelt, die Typografie und das Storytelling der Marke mit dem Produkt in Szene setzen. Manchmal kommen Kund:innen mit konkreten Ideen und manchmal ist es komplett offen.

Wie viel Freizeit noch bleibt 

Mein Job und Privatleben sind eins. Der Job inspiriert das Privatleben und andersherum. Alles geht ineinander über. Ich bin aber in der privilegierten Position, jede einzelne Facette meines Lebens selbst gestalten zu können. Die große Herausforderung ist dabei, Kreativität nicht nur als Side-Hustle und Job zu sehen, sondern auch als etwas, dass einfach nur Spaß machen darf. Privat mache ich eher wenig Fotos und versuche bewusst den Moment zu genießen. 

Die Frage, die auf Partys immer gestellt wird

Generell werde ich selten etwas zu meinem Job gefragt. Ich habe das Gefühl, die meisten Menschen können nicht so viel damit anfangen. Das ist anders, wenn die Leute auch aus dem kreativen Bereich sind. Dann tauscht man Kundenstories und Kontakte aus, redet über Shootings und zeigt Portfolios.

Wie viel ich als Produktfotografin verdiene

Auch wenn mein Fokus mittlerweile klar auf Produktfotografie liegt, verdiene ich mit Porträtfotos und sogenannten Personal Branding Shoots viel dazu. Das sind Bilder, mit denen Unternehmer:innen für sich und ihre Marke werben können. Insgesamt verdiene ich monatlich etwa 4000 Euro brutto. Dabei gibt es eine gewisse Spannweite, je nachdem, wie viele Aufträge und Projekte wir umsetzen. Jetzt gerade haben wir einen Auftrag für 20 000 Euro, nächste Woche ist dann wieder eine kleinere Marke dran. Hört man diese Summen, ist es wichtig zu wissen, dass Produktfotografie sehr teuer ist. Man braucht meterlange Rollen an Hintergründen und noch mehr Hocker, Unterlagen und Dekoartikel, mit denen die Produkte gestylt werden. Dazu kommen das Licht, die Technik und alles, was man auf den Fotos später nicht sieht, wie die Bearbeitungsprogramme. Wegen der Selbständigkeit müssen auch noch Rücklagen geschaffen werden, also kann man die Preise nicht einfach als Gehalt umrechnen.

Mein Tipp für das perfekte Sommer-Foto 

Oft sehe ich auf Instagram Bilder, bei denen gar nicht auf das Licht geachtet wurde. Man sollte immer überlegen, wie man die Sonne in das Bild integrieren kann. Sollten Menschen mit auf dem Foto sein, ist Schatten für die Haut meistens sehr vorteilhaft. Das gilt auch für bewölkte Tage. Ansonsten kann man sich auch ein herumliegendes Blatt schnappen und einen coolen Schatten erzeugen. Dann ist es wichtig, dass man insbesondere bei Handyfotos einmal die Belichtung checkt. Und: Nicht nur einmal auf den Auslöser drücken, sondern verschiedene Winkel ausprobieren. Das nächste Foto vom Aperol kann man ja mal von unten knipsen.

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