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3300 Euro brutto für die Anlagenmechanikerin

Isabelle mag an ihrem Job, viele Orte und Menschen kennenzulernen.
Foto: Privat / Grafik: jetzt

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Was ein:e Anlagenmechaniker:in macht 

„Als Anlagenmechanikerin für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik (SHK) kümmert man sich hauptsächlich um die Installation von Sanitär- und Heizungsanlagen. Insgesamt umfasst dieser Beruf ziemlich viele Tätigkeiten und man kann in verschiedene Richtungen gehen. Mein Spezialgebiet ist zum Beispiel der Heizungsbau. Die Firma, in der ich aktuell arbeite, saniert Heizungsanlagen in Neu- oder Umbauten. Wir beseitigen aber auch Rohrbrüche und überprüfen, ob die Anlagen funktionieren. Als Teamleiterin bin ich für alle Abläufe auf der Baustelle verantwortlich. Das heißt: Ich muss mich zum Beispiel darum kümmern, dass das Material, das wir brauchen, zum Kunden geliefert wird. 

Arbeitsalltag 

Meine Firma hat zwar einen Hauptsitz, arbeitet aber deutschlandweit. Deshalb habe ich das Glück, dass ich morgens nicht erst in die Firma fahren muss, sondern direkt von Zuhause aus starten kann. Auf einem Tablet erhalte ich dann den aktuellen Auftrag für den Tag, mit den Informationen zu meinem Einsatzort. Die Werkzeuge, die ich brauche, transportiere ich direkt in meinem Auto zur Baustelle. Auf der Baustelle angekommen, verschaffe ich mir erst einmal einen Überblick und bereite den Heizungswechsel vor. Das bedeutet, vereinfacht gesagt, dass ich gemeinsam mit meinem Teampartner die alte Heizung abmontiere und eine neue installiere. Wenn ich damit fertig bin, erkläre ich dem Kunden, wie die Heizungsanlage funktioniert. Wir haben hauptsächlich Privatkunden, die uns für Einfamilienhäuser oder kleine Mehrfamilienhäuser beauftragen.

Meistens arbeiten wir im Heizungskeller. Manchmal müssen wir aber auch aufs Dach steigen. Zum Beispiel, wenn wir für die Heizung eine Solaranlage installieren oder die Abgasanlage erneuern. Dabei ist es wichtig, den kompletten Abgasweg von der Heizungsanlage bis zum Schornstein abzudichten, weil sonst beim Heizen giftige Gase ins Haus gelangen könnten. Mein Teamkollege und ich haben zwar ein bisschen Höhenangst, aber wir sichern uns immer gut ab, sodass nichts passieren kann. Am Anfang stand ich noch mit zittrigen Knien auf dem Dach, mittlerweile macht mir die Höhe aber nichts mehr aus.  

Das Besondere an dem Job 

Der Heizungsbau reizt mich besonders deshalb, weil der Job sehr komplex ist und man sich viel Wissen dafür aneignen muss. Dadurch, dass wir nicht nur Heizungsanlagen installieren, sondern auch Rohrleitungen legen und auf dem Dach arbeiten, ist der Job ziemlich abwechslungsreich. Außerdem bin ich oft unterwegs und meistens nur ein oder zwei Tage auf der gleichen Baustelle. Dadurch konnte ich schon viele verschiedene Orte und Menschen kennenlernen. 

Der Weg dorthin 

In der weiterführenden Schule stand für mich von Anfang an fest, dass ich etwas Handwerkliches machen will. Aber was es konkret sein soll, habe ich im Rahmen des sogenannten Girls Days, ein bundesweiter Berufsorientierungstag für Mädchen, herausgefunden. Ich habe mir in einem Betrieb in meiner Nähe die Arbeit als Anlagenmechanikerin SHK angeschaut und danach mehrere Praktika absolviert. Weil mir die Arbeit ziemlich viel Spaß gemacht hat, habe ich mich nach der Schule für die Ausbildung entschieden. 

Insgesamt dauert die Ausbildung dreieinhalb Jahre, mit Abitur allerdings nur zweieinhalb. Weil ich sehr gute Noten in der Berufsschule hatte, konnte ich die Ausbildung ohne Abitur auf drei Jahre verkürzen. Nach der Ausbildung habe ich fast zwei Jahre in einer Firma gearbeitet, die sich auf den Heizungsbau spezialisiert ist. Leider war dort keine Teamleiterposition für mich in Sicht. Also habe ich mich woanders beworben, um mich beruflich weiterzuentwickeln. In meiner jetzigen Firma konnte ich direkt als Teamleiterin einsteigen. Inzwischen arbeite ich seit etwa eineinhalb Jahren in dieser Position. 

Herausforderungen im Job 

Insgesamt ist Sexismus immer noch ein großes Problem in der handwerklichen Branche. Nach meinem ersten Ausbildungsjahr musste ich zum Beispiel den Betrieb wechseln, weil sich mein Chef oder Kollegen immer wieder sexistisch mir gegenüber geäußert haben. Das war psychisch sehr belastend für mich, oft bin ich mit Bauchschmerzen zur Arbeit gegangen. Auch in anderen Firmen, in denen ich gearbeitet habe, ist das schon passiert. 

Weil ich solche Erfahrungen nicht wieder machen wollte, habe ich bei meinem letzten Vorstellungsgespräch direkt nachgefragt, wie die Firma mit Sexismus umgeht und ob dort schon einmal mit weiblichen Monteurinnen gearbeitet wurde. Die Firma hat mir dann zugesichert, dass sie sexistisches Verhalten nicht tolerieren würde. Ich solle direkt Bescheid sagen, wenn es Probleme gibt. Generell habe ich das Gefühl, dass man im Team darauf achtet, dass niemand diskriminiert wird. Manchmal kommt es aber vor, dass mich ein Kunde nicht ernst nimmt und meine Kompetenz anzweifelt, wenn er sieht, dass ich eine Frau bin. Meistens ignoriere ich sowas oder drücke einen Spruch zurück, wenn es sein muss. Mittlerweile habe ich zwar ein dickes Fell entwickelt, manchmal gehen mir solche Situationen trotzdem nah. Bis jetzt war ich auch immer die einzige Frau, die auf der Baustelle als Monteurin gearbeitet hat. 

Ich bin der festen Überzeugung, dass es mehr Frauen im Handwerk geben sollte und dass über die Probleme gesprechen werden muss. Aber man muss sich auch klar darüber sein, worauf man sich einlässt und ob man sich dem aussetzen will. Mit dem Wissen, wie der Berufsstart bei mir ablief, würde ich die Ausbildung deshalb heute nicht noch einmal machen. 

Eine weitere Herausforderung in dem Job ist die körperliche Anstrengung. Man muss zum Beispiel oft auf den Knien arbeiten und schwere Materialien oder Heizungskörper herumtragen. Ich habe deshalb oft Rücken- oder Knieschmerzen. Deshalb habe ich auch einen Plan B, falls es irgendwann mal gesundheitlich nicht mehr gehen sollte. Ich habe eine Technikerausbildung angefangen. Das ist eine Zusatzausbildung, mit der man beispielsweise in der Planung arbeiten kann. 

Vorstellung vs. Realität 

Dass es wirklich noch so viele Vorurteile gegenüber Frauen im Handwerk gibt, hätte ich früher nicht gedacht. Auch dass ich in der Berufsschule das einzige Mädchen war, hat mich wirklich überrascht. 

Was der Job mit dem Privatleben macht 

Weil die Arbeitszeiten oft unregelmäßig sind, ist es schwer, sich unter der Woche mit Freunden zu verabreden. Viele meiner Freunde sind aber in der gleichen Branche tätig und haben deshalb Verständnis dafür. Die Schwierigkeiten, die ich im Job hatte, haben außerdem dazu geführt, dass ich heute viel selbstbewusster und ehrgeiziger bin. Ich lasse mir nichts mehr gefallen. 

Was ich auf Partys immer wieder gefragt werde 

Auf Partys lasse ich die Leute immer gerne raten, was ich beruflich mache. Ich finde es interessant, in welche Berufssparte man so gesteckt wird, bloß aufgrund des äußeren Erscheinungsbildes. Die meisten denken zum Beispiel, ich würde als Arzthelferin oder Krankenschwester arbeiten. Wenn ich dann erzähle, dass ich Anlagenmechanikerin SHK bin, reagieren die meisten sehr offen und cool. Den Satz „als Frau ist das aber selten“, kriege ich trotzdem oft zu hören. 

Verdienst 

Als Anlagenmechanikerin SHK in der Teamleiterposition verdient man in unserer Firma durchschnittlich 3300 Euro brutto im Monat.“ 

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