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2500 Euro brutto für den Bierbrauer

Bevor Julian die Ausbildung zum Bierbrauer absolvierte, hatte er studiert.
Foto: Privat / Grafik: jetzt

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Was ein:e Bierbrauer:in macht

Ich arbeite in einer kleinen Handwerksbrauerei und mache viel von Hand. Ich bediene zum Beispiel die Brauanlage. Die läuft zwar überwiegend automatisch, aber ich wähle das Braurezept aus und gebe die passende Sorte Malz dazu. Ich überprüfe regelmäßig die Temperatur, entnehme Proben und werfe den Hopfen in die Würze – so nennt man das noch unvergorene Bier. Dann muss ich die Stammwürze anpassen, das ist die Messgröße für die Stoffe, die sich aus dem Malz lösen. Sie beeinflusst, wie viel Alkohol das Bier am Ende hat. Je mehr Wasser ich hinzufüge, desto geringer wird die Stammwürze – das muss ich genau berechnen. Dann gebe ich die Hefe dazu und lege eine Schlauchleitung, die die Würze von der Brauanlage zu den Gärtanks führt.

Im Gärkeller überprüfe ich dann, ob die Biere in den Tanks richtig gären. Der letzte Arbeitsschritt vor der Abfüllung besteht darin, das Bier mit einer Zentrifuge zu klären, damit es in der Flasche nicht so trüb ist. Ab und zu muss ich auch mal die Flaschen- oder Dosen-Abfüllanlage bedienen, Bierfässer abfüllen oder Gabelstapler fahren. In einer kleinen Brauerei muss man also ein Allrounder sein.  

Der Arbeitsalltag

Es gibt bei uns eine Früh- und eine Spätschicht. Die Frühschicht beginnt um sechs Uhr und geht bis 14.30 Uhr. Die Spätschicht geht von 14.30 bis 22.30 Uhr. Das Brauen ist in beiden Schichten immer die Hauptaufgabe. Da ich seit Februar Brauergeselle bin, betreue ich nun auch Azubis und kontrolliere ihre Arbeit.   

Man muss allerdings zwischen dem Arbeitsalltag in einer kleinen und einer großen Brauerei unterscheiden. Einen Schichtdienst gibt es in großen Brauereien zwar meistens auch, doch dort überwacht man den Brauvorgang von einem Computer aus. Ich habe dagegen direkten Kontakt mit den Zutaten: dem Malz, der Hefe, dem Hopfen. Das gefällt mir sehr.

Wie man Bierbrauer:in wird 

In der Regel macht man eine dreijährige Ausbildung. Ich habe die Ausbildung auf zweieinhalb Jahre verkürzt. Das kann man machen, wenn man Abitur hat. Bevor ich auf den Beruf gekommen bin, habe ich studiert und zwei Semester in Mexiko verbracht. Dort bin ich das erste Mal mit der Craft-Bier-Szene in Kontakt gekommen. Ausgefallenere Biere wie IPAs und Pale Ales, die in der Regel mit amerikanischem Hopfen gebraut werden und ein ausgeprägtes Hopfenaroma haben, kannte ich aus Bayern nicht. So habe ich die große Geschmacksvielfalt von Bier erst kennengelernt. Daraufhin habe ich mich bei Craft-Brauereien für eine Ausbildung beworben und in Berlin hat es geklappt. Die Ausbildung verläuft dual. Das heißt, man arbeitet vier Tage die Woche in der Brauerei und an einem Tag in der Woche geht man mit anderen Brau-Azubis in die Berufsschule. So lernt man das Brauen von Anfang an.

Vorstellung vs. Realität

Ich glaube, viele denken, als Brauer trinkt man den ganzen Tag nur Bier. Das ist aber nicht der Fall. Klar verkostet man die Biere, das gehört zum Herstellungsprozess dazu. Während des Brauens und der Gärung können sogenannte Bierfehler entstehen. Das Bier schmeckt dann nicht so, wie es schmecken sollte. Bei einem dieser Bierfehler entsteht zum Beispiel ein buttriger Geschmack. Das muss man herausschmecken können. Aber es geht eben nicht nur ums Biertrinken – dahinter steckt viel Arbeit.

Diese Eigenschaften braucht man als Bierbrauer:in

In einer kleinen Brauerei muss man körperlich belastbar sein und überall mit anpacken. Vor allem wenn du in der Abfüllung arbeitest, ist das körperlich sehr anstrengend – man muss viel mit vollen Bierkisten und Fässern hantieren.

Es ist auch wichtig, einen Sinn für Hygiene zu haben, denn alles muss sauber gehalten werden. Aber hauptsächlich braucht man natürlich Interesse an Bier und daran, wie es entsteht. Handwerkliche Skills sind von Vorteil, die lernt man aber auch während der Ausbildung. Außerdem sollte man rechnen können, was man aber auch in der Berufsschule lernt.  

Was der Job mit dem Privatleben macht

Der Schichtdienst macht den Job ebenfalls anstrengend. Wenn man zwischen Frühschicht und Spätschicht wechselt, kommt man nicht so richtig in einen regelmäßigen Schlafrhythmus. Wir haben zwar keine Nachtschicht wie in den großen Brauereien, aber ich merke die Belastung trotzdem. Wenn ich nach Hause komme, habe ich nicht mehr so viel Energie wie Freunde, die studieren oder im Büro arbeiten. Die wollen dann noch etwas unternehmen, aber ich muss mich oft einfach ausruhen.  Manchmal passen Arbeit und Freizeit aber auch gut zusammen. Wenn ich in meiner Freizeit in Bars gehe, macht es Spaß, dort die Biere auszuprobieren und zu vergleichen.   

 Die größten Herausforderungen

Es ist als Brauer wichtig, exakt zu arbeiten. Klar, Fehler passieren natürlich. Aber man sollte so gewissenhaft wie möglich arbeiten. Denn wenn ein Fehler passiert, muss das Bier im schlimmsten Fall weggeschüttet werden, was natürlich sehr unangenehm ist. Und das kann schon bei den kleinsten Fehlern passieren.  

Außerdem arbeitet man in einer Brauerei während der Reinigung viel mit Chemikalien. Dabei muss man wirklich aufpassen, dass man sich nicht verletzt, und immer eine Schutzausrüstung tragen.    

Was man als Bierbrauer:in verdient 

Ich bekomme 2500 Euro brutto, was für eine kleinere Brauerei normal ist. Während der Ausbildung zum Gesellen verdient man allerdings deutlich weniger Geld. Im ersten Lehrjahr habe ich knapp 700 Euro netto bekommen. In Berlin ist es fast unmöglich, davon zu leben. Als Braumeister bekommt man ein höheres Gehalt. Die Ausbildung dazu dauert in der Regel ein bis zwei Jahre. Normalerweise sieht dann auch der Arbeitsalltag anders aus. Man ist zum Beispiel für die Produktionsplanung und die Beschaffung der Rohstoffe zuständig, das ist schon eher ein Bürojob.

Wenn ich einige Jahre Berufserfahrung habe, will ich die Ausbildung zum Braumeister machen. Mein Traum ist es, eine eigene Brauerei zu eröffnen, am liebsten irgendwo im Ausland, zum Beispiel in Südamerika. 

Was ich auf Partys immer gefragt werde

Ich werde immer gefragt, ob ich den ganzen Tag Bier trinke, was – wie gesagt – nicht stimmt. Außerdem fragen mich Leute oft nach den Preisen in Craft-Brauereien. Viele finden es unverständlich, dass das Bier von kleinen Brauereien nicht so günstig ist wie die Industrie-Biere. Unser Bier kann schon mal zwei bis drei Euro pro Flasche kosten. Dabei ist es teuer, Bier herzustellen: Die Zutaten sind teuer, die Anlagen sind teuer. Ich glaube, den meisten ist einfach nicht bewusst, wie viel dahintersteckt. 

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