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Haushalt als Familie: Wie faire Aufteilung gelingen kann
In dieser Kolumne geht es um Schwangerschaft und Eltern-Sein, um die Hürden, das Glück, die Mythen rund ums Thema Baby. Unsere Autorin ist Mutter einer dreijährigen und einer einjährigen Tochter. Folge neunzehn: Wie man den Haushalt fair aufteilt.
Vergangenes Wochenende habe ich mit den Kindern für ein paar Stunden einen Ausflug gemacht. Mein Mann blieb allein zuhause. Ich hatte ihm eine Zeitinsel verschaffen wollen: So nennen wir Stunden, in denen der eine etwas mit den Kindern unternimmt, während der andere etwas für sich machen kann. Ein Buch lesen zum Beispiel, Sport, oder einfach mal nichts.
Am Abend sagte mein Mann aber, er habe den ganzen Tag über keine Pause gehabt und sei ziemlich platt. Daraufhin begann zwischen uns der folgende Dialog:
Ich: „Was hast du denn gemacht, als ich mit den Kindern unterwegs war?“
Er: „Die Wäsche gemacht und das Bad geputzt.“
Ich: „Warum hast du die Zeit nicht genutzt, um eine Pause zu machen?“
Er: „Das musste gemacht werden, und wenn ich es nicht mache, dann macht es keiner.“
Gestritten haben wir deswegen nicht. Aber ich habe begonnen, über Chore Blindness nachzudenken, so wird es bezeichnet, wenn man sich so sehr nicht zuständig für eine Haushaltsaufgabe (englisch: Chore) fühlt, dass man sie regelrecht übersieht. Der Begriff ist nicht wissenschaftlich etabliert, ich kenne ihn vor allem aus Mom-Blogs. Viele Frauen, die sich im Internet dazu austauschen, erkennen darin das Verhalten ihrer Männer wieder. Tatsächlich kann ich mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal die Wäsche gewaschen oder das Bad geputzt hätte. Mein Mann und ich haben uns die meisten Aufgaben im Haushalt aufgeteilt – nach persönlicher Präferenz und Praktikabilität.
Zum Beispiel koche ich nicht gerne und auch nicht sonderlich gut, er hingegen macht es gerne und sein Essen ist absolut köstlich. Weil ich in Vollzeit arbeite und er in Teilzeit, übernimmt er außerdem die meisten unter der Woche anfallenden Haushaltsaufgaben. Er geht morgens mit dem Hund, ich mache das Frühstück. Ich bringe die Kinder in die Kita, er holt sie ab, geht mit ihnen einkaufen und kocht das Abendessen.
Man wird blind für die Aufgaben des anderen
Und ja, ein Stapel frisch gewaschener Wäsche und ein geputztes Bad gehen für gewöhnlich ebenfalls auf sein Konto. Dafür kümmere ich mich unter anderem um Termine, die Ausstattung der Kinder, aktuell auch um die Planung unseres Umzugs. Weil ich mehr arbeite, bringe ich außerdem mehr Geld in das Familienkonto ein. Und wenn die Liste meiner Haushaltsaufgaben gerade leer ist und ich frei habe? Habe ich scheinbar Chore Blindness in Bezug auf die To Dos, um die sich normalerweise mein Mann kümmert.
Ein Beispiel: Während ich diesen Text schreibe, steht ein Korb gewaschener Wäsche neben mir, der dort schon seit gut einer Woche stehen dürfte. Mindestens am Wochenende hätte ich Zeit dafür gehabt. Was hat mich davon abgehalten, die Wäsche zu falten und wegzuräumen? Habe ich den Wäscheberg gesehen, keine Lust gehabt, mich darum zu kümmern, und aktiv gedacht: „Ach, das macht schon mein Mann“? Dann wäre das nicht Chore Blindness, sondern Faulheit und auch einfach ziemlich dreist.
Nein, tatsächlich habe ich den Wäscheberg zwar irgendwie gesehen, aber gar nicht wirklich registriert, dass ich mich ihm annehmen könnte – weil ich mich eigentlich nie um die Wäsche kümmere und dieser Task deshalb nicht auf meiner Mental Load Liste vorkommt. Ich habe Chore Blindness in Bezug auf die Wäsche: Weil ich für gewöhnlich nicht für die Wäsche verantwortlich bin, nehme ich den vollen Wäschekorb nicht als eines meiner To Dos wahr. Ich fühle mich nicht verantwortlich, es stresst mich nicht, ihn zu sehen. Also kümmere ich mich eher um andere Sachen. Anders mein Mann: Jedes Mal, wenn er an dem vollen Korb vorbeigeht, registriert er ihn und erinnert sich daran, dass er sich noch darum kümmern muss. Diese Dynamik führt zwangsläufig zu dem, was er am Wochenende gesagt hat: Wenn er die Wäsche nicht macht, macht es keiner.
Eine klare Aufgabenverteilung im Haushalt ist praktisch, weil so Missverständnisse seltener vorkommen als beispielsweise bei rotierenden Zuständigkeiten (Wer war nochmal diese Woche mit saugen dran?). Die Aufteilung der Aufgaben muss nicht einmal Fifty-Fifty sein, solange alle Beteiligten damit zufrieden sind. Zum Beispiel, weil individuelle Präferenzen und Auslastungen berücksichtigt werden.
Und doch fördert eine klare Aufteilung Chore Blindness, die zu Konflikten und ungleich verteiltem Mental Load führen kann. Zum Beispiel, wenn Partner:innen Haushaltsaufgaben auch dann nicht wahrnehmen, wenn sie eigentlich gerade mehr Kapazitäten haben als der:die andere. Wenn zu der Blindheit dann noch eine Erwartungshaltung dazu kommt, wird es brenzlig. Das wäre der Fall, wenn ich genervt von meinem Mann wäre, sobald ich keine sauberen Sachen mehr im Schrank habe, obwohl ich mich selbst um die Wäsche hätte kümmern können.
Wie immer kann eine offene Kommunikation dabei helfen, Konflikten vorzubeugen. Indem Partner:innen die Aufteilung regelmäßig evaluieren und gegebenenfalls anpassen. Indem sie sich gegenseitig um Unterstützung bitten, aber auch ungefragt die anstehenden Aufgaben übernehmen, wenn es die Kapazitäten zulassen. Man muss aktiv gegen die Chore Blindness arbeiten. Denn wenn eine Person gerade mehr Zeit hat als die andere, ist es nur fair, den:die Partner:in in ihren Aufgaben etwas zu entlasten.
Um keine Blindheit für die Aufgaben des anderen zu entwickeln, kann es helfen, die Aufteilung nicht zu streng zu sehen. Weil mein Mann im Alltag mehr Zeit zuhause verbringt als ich, ergibt es Sinn, dass er unter der Woche die Wäsche macht. Am Wochenende werde ich mich aber nun um diese Aufgabe kümmern. Und sobald ich den Laptop zugeklappt habe, werde ich auch endlich diesen Wäscheberg neben mir falten! Und keine Dankbarkeit von meinem Mann dafür erwarten. Denn egal, wie man sich im Alltag aus praktischen Gründen aufteilt: Der Haushalt ist und bleibt eine gemeinsame Aufgabe.