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Lady Gaga distanziert sich von R. Kelly

R. Kelly und Lady Gaga im November 2013 bei den American Music Awards.
Bild: Reuters / Lucy Nicholson

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Am vergangenen Wochenende lief auf dem amerikanischen TV-Sender „Lifetime“ eine sechsteilige Doku-Serie mit dem Titel „Surviving R. Kelly“ der Produzentin, Regisseurin und Aktivistin Dream Hampton.

In der Dokumentation kommen zahlreiche Opfer des R`n`B-Sängers zu Wort und berichten sehr detailliert, welche psychischen und körperlichen Torturen sie durch R. Kelly erlebt haben. Die Vorwürfe gegen den Musiker sind nicht neu, dennoch sind die Details des Missbrauchs, die die vielen Opfer in der Dokumentation berichten, schockierend. So schockierend, dass inzwischen auch die Staatsanwaltschaft in Chicago den Fall R. Kelly wieder ins Visier genommen hat und Opfer dringend aufforderte, sich bei den entsprechenden Stellen zu melden.

Berichte über R. Kelly  gibt es schon seit mehr als 20 Jahren: 1994 heiratete der damals 27-Jährige die 15-jährige Sängerin Aaliyah, bis 2002 wurde er insgesamt viermal von Frauen verklagt, die ihm vorwarfen, dass er sie als Minderjährige sexuell missbraucht, geschwängert oder gefügig gemacht hatte. 

2002 wurde Kelly dann erstmals vor Gericht wegen Produktion von Kinderpornografie gestellt, nachdem ein Video aufgetaucht war, in dem er sexuelle Handlungen an einem damals 14-jährigen Mädchen vorgenommen hatte. Damals wurde Kelly freigesprochen, weil der Richter feststellte, die Polizei habe nicht genug Beweise gehabt, die eine Durchsuchung gerechtfertigt hätten.

Als Lady Gaga zehn Jahre später den Song „Do What U Want (With My Body)“ mit R. Kelly aufnahm und dafür ein verstörendes Video unter der Regie des umstrittenen Fotografen Terry Richardson filmte, waren ihre Fans dementsprechend entsetzt. In dem Video liegt Gaga auf einem OP-Tisch und bittet ihren Arzt R. Kelly darum, alles zu versuchen, damit sie wieder laufen könne. Kelly beruhigt sie daraufhin und verspricht ihr, nach der Narkose könne sie wieder laufen – und sei dann auch schwanger.

Gaga verteidigte damals ihre Kollaboration mit Kelly mit den Worten, über ihn und sie selbst sei schon sehr viel Unwahres geschrieben worden – eine Tatsache, die die beiden Künstler verbinde.

Erst am vergangenen Mittwoch hat sie sich erstmals über Instagram und Twitter zu dem Thema geäußert. Und Reue für ihr damaliges Verhalten gezeigt.

In einem längeren Text schreibt sie: „Ich stehe zu 1000 Prozent hinter diesen Frauen, glaube ihnen, weiß, dass sie leiden und Schmerzen empfinden, und ich bin davon überzeugt, dass ihre Stimmen gehört und ernst genommen werden sollten. Was ich über die Anschuldigungen gegen R. Kelly höre, ist absolut grauenvoll und nicht zu rechtfertigen. Als Opfer einer Vergewaltigung habe ich den Song und das Video in einer sehr dunklen Zeit meines Lebens aufgenommen. Meine Absicht war damals, etwas extrem Rebellisches und Provokatives zu schaffen, weil ich so wütend war und das Trauma noch nicht verarbeitet hatte, das mir selbst wiederfahren war. Der Song heißt „Do What U Want (With My Body)“ – ich denke, es ist klar, wie offensichtlich verdreht meine Denken zu der Zeit war. Wenn ich zurückgehen könnte in der Zeit, würde ich mit meinem jüngeren Ich sprechen und ihr sagen, dass sie eine Therapie machen muss, so wie ich es seitdem getan habe, damit sie überhaupt verstehen kann, in was für einem konfusen, posttraumatischen Zustand ich damals war. Und wenn mir oder jemandem in einer ähnlichen Situationen Therapie damals nicht zur Verfügung gestanden hätte, dann Hilfe suchen und so offen und ehrlich wie möglich auszusprechen, was ich durchgemacht hatte.

Ich kann nicht zurückgehen, aber ich kann vorwärtsgehen und weiter Frauen, Männer und Menschen aller sexuellen Identitäten, aller Rassen zu unterstützen, die Opfer sexueller Gewalt sind. Ich habe sehr oft in meiner Karriere meine Haltung bei diesem und anderen Themen klargemacht. Ich teile das nicht, um Ausreden für mich selbst zu finden, sondern um zu erklären. Bis es dir passiert, weißt du nicht, wie es sich anfühlt. Aber ich weiß heute, was ich fühle. Ich habe die Absicht, den Song von iTunes und anderen Streaming-Diensten zu entfernen und werde nicht wieder mit (R. Kelly) arbeiten. Es tut mir leid – mein schlechtes Urteilsvermögen damals, und die Tatsache, dass ich mich nicht früher dazu geäußert habe. Ich liebe euch.“

Dream Hampton, die in ihrer Doku-Serie mehr als 50 Interviews mit Opfern, deren Angehörigen und Angehörigen von R. Kelly sprach, erzählte in einem Interview, dass es unglaublich schwer gewesen sei, Künstler zu finden, die bereit waren, sich vor der Kamera zu dem Fall zu äußern. Sie hätte alle Musiker und Produzenten angefragt, die jemals mit Kelly zusammen gearbeitet hatten – unter anderem auch Lady Gaga – doch nur Stephanie „Sparkles“ Edwards, Kellys Background-Sängerin, deren 14-jährige Nichte in dem Video zu sehen gewesen war, das 2002 zu Kellys Verhaftung wegen Kindesmissbrauch geführt hatte, war bereit, sich vor der Kamera zu äußern. Und John Legend. Der Musiker schrieb auf Twitter allerdings, dass all das Lob, das er infolgedessen dafür erhalten habe, völlig überflüssig sei. Er habe es nie als mutig empfunden, in dem Film aufzutreten, sondern als eine Selbstverständlichkeit.

Bereits 2017 hatte Buzzfeed in einer ausführlichen Recherche aufgedeckt, dass R. Kelly auf seinen Anwesen in Georgia und Chicago anscheinend mehrere Frauen teilweise gegen ihren Willen festhielt und sexuell gefügig gemacht hatte. 

chwae

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