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„Da waren Schwarze, die gewählt haben. Ist das legal?“

Foto: Susan Walsh / dpa, Twitter @NickLutsko; Bearbeitung: jetzt

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Es werden zwar noch Stimmen ausgezählt, aber: Die US-Wahl 2020 ist entschieden. Wie in jeder toxischen Beziehung folgt nun eine lange hässliche Trennungsphase, in diesem Fall zwischen Donald Trump und dem Präsidentschaftsamt. Bei den fünf Phasen der Trauer scheint der 74-Jährige aber noch bei Phase eins zu sein: Leugnen. Die Wahl sei von den Demokrat*innen gestohlen worden, und bei der Stimmenauszählung sei es zu Betrug gekommen. Belege dafür: keine.

Wie es sich in einem ordentlichen Rosenkrieg gehört, will er das Ganze nun vor Gericht klären. Erstmal gilt es aber noch, Beweise für den unbelegten Vorwurf des Wahlbetrugs zu finden. Bislang sieht es da nämlich eher dünn aus. Die Wahlbehörden wiesen Trumps Vorwürfe bisher zurück. Deswegen richtete sich Trumps Wahlkampfteam mit einem Aufruf an die Bevölkerung: Man solle helfen, Unterdrückung, Unregelmäßigkeiten und Betrug bei der Wahl zu stoppen. „Erzählt uns, was ihr seht.“ Dazu eine Hotline, bei der man sich melden kann.

Generell ist es ja mit einem nicht zu unterschätzenden Risiko verbunden, eine Telefonnummer öffentlich ins Netz zu stellen – schließlich kann einen dann jede und jeder einfach anrufen und volllabern. Dieses Risiko steigt natürlich noch beträchtlich, wenn das Potential der Schadenfreude so hoch ist wie in dieser Angelegenheit. Immerhin freuen sich viele, die Biden unterstützt haben, über Trumps Niederlage. Am Ende ist offenbar genau das passiert: Ein Haufen Leute nutzte die Nummer, um sich einen Spaß zu erlauben – und stellten Aufnahmen ihrer Anrufe in den sozialen Medien online. 

Die Tiktok-Userin jennyjenjen lud ein Video hoch, in dem sie ihr Handy während eines solchen Anrufs abfilmte. Sie würde anrufen, um eine „Einmischung in die Wahl“ zu melden: „Da ist eine übergewichtige Schildkröte, die sich auf den Rücken gerollt hat“ – eine Anspielung auf eine Äußerung des CNN-Journalisten Anderson Cooper, der Trump im Live-Fernsehen mit einer „übergewichtigen Schildkröte, die zappelnd auf dem Rücken in der heißen Sonne liegt, realisierend, dass ihre Zeit vorbei ist“ verglich. Ein Satz, der später viel zitiert wurde, den der 53-jährige Journalist allerdings im Nachhinein bereute

Das Tiktok wurde bereits mehr als 27 000 Mal geliket. Und es ist längst nicht das einzige seiner Art. Wie der US-amerikanische Sender ABC berichtet, sei die Hotline „ein Albtraum“ für die Mitarbeiter*innen, die mit Telefonstreichen „bombardiert“ würden. Auch ein Reporter, der für die Webseite Axios arbeitet, berichtet, dass vor allem „lefty Teenagers“ die Hotline anrufen würden.

Auch prominentere Menschen zeigten auf Twitter, dass sie sich für einen solchen Telefonstreich hergeben, etwa der Comedian Alex Hirsch. Er behauptete, jemanden von der „Antifa“ in ein Wahllokal gehen gesehen zu haben. Manche nutzen auch einfach nur lustige Sounddesigns, seltsame Namen, etwa „Pipi Poopoo“, Ein Nutzer rief außerdem an, um zu melden: „Da waren Schwarze, die gewählt haben. Ist das legal?“

Im Normalfall führten die Anrufe dazu, dass die Mitarbeiter*innen der Hotline aufgaben und einfach auflegten. Wie viele dieser kindischen Anrufe tatsächlich stattfanden und -finden, lässt sich derweil schwer sagen. Ein paar werden es aber wohl schon sein: Eric Trump behauptete zumindest auf Twitter, dass es sich bei den Streichen um eine orchestrierte Aktion der Demokrat*innen handele. 

Ein Sprecher von Trump sagte gegenüber der Nachrichtenseite The Hill, die Hotline sei sehr effektiv. So oder so – die Nummer ist nicht der einzige Ansatzpunkt des Wahlkampfteams von Trump, nach Beweisen zu suchen: Die bislang unbegründeten Vorwürfe des Wahlbetrugs wolle er mit Todesanzeigen Verstorbener belegen, deren Stimme dennoch gezählt worden sei. Außerdem kündigte Trumps Wahlkampfsprecher an, dass sie weiter Veranstaltungen abhalten werden, um zur Unterstützung bei den angestrebten Rechtsstreitigkeiten aufzurufen. 

mpu

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