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Frauen, wie ist es für euch, sehr groß zu sein?

Größer zu sein als die Durchschnittsfrau war für unsere Autorin besonders als Teenagerin schwer.
Illustration: Daniela Rudolf-Lübke

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Liebe große Frauen, 

für uns Männer gilt im Datingleben meist die einfache Formel: Je größer, desto besser. Nicht was ihr jetzt denkt! Es geht hier um die Körpergröße. 70 Prozent aller heterosexuellen Frauen gaben in einer Studie an, dass ihr Partner größer sein sollte als sie. Darum ging es auch in einer der letzten Querfragen. Laut der selben Studie ist für heterosexuelle Männer die Größe ihrer Partnerin deutlich unwichtiger. Nur 39 Prozent gaben an, dass es ihnen wichtig sei, eine kleinere Partnerin zu haben. Und der meistgenannte Grund von denen, die diese Antwort gaben, ist nicht etwa, dass sie große Frauen unattraktiv fänden, nein: Über 40 Prozent gaben an, dass sie Angst vor Ablehnung durch große Frauen hätten. 

Bin ich als Partner für euch sofort raus?

Ich bin knapp über 1,80 und damit exakt im deutschen Durchschnitt. Wie ich mich fühlen würde, wenn ich händchenhaltend durch die Stadt spazieren würde, mit einer Frau, die mich um einen Kopf überragt? Vielleicht würde die Freude überwiegen, dass ich endlich eine Frau an meiner Seite habe, die selbst an die höchsten Regale in der Hosenabteilung kommt. Vielleicht würden mich aber verwirrte Blicke in der Fußgängerzone doch abschrecken. Keine Ahnung – wahrscheinlich wäre es anfangs ungewohnt, aber ein Ausschlusskriterium wäre die Körpergröße eher nicht. Zumindest hatte ich in meiner Studentenzeit im Club keinerlei Berührungsängste.

Aber wie ist das für euch, große Hetero-Frauen? Bin ich als Partner für euch sofort raus? Und wenn euch größere Partner wichtig sind: Wie findet ihr die? Welches Feedback bekommt ihr von kleineren Männern? Nehmt ihr denen ab, wenn sie sagen, sie hätten nur Angst vor Ablehnung durch größere Frauen? Oder begegnet euch eher der Typ Mann, der in jeder Frau jenseits der 1,80 Meter eine Brienne von Tarth sieht, die sie mit bloßen Händen zerquetschen würde? 

Und überhaupt: Habt ihr außerhalb des Datinglebens mit Vorurteilen zu kämpfen, die uns anderen nicht so bewusst sind – ich kenne zumindest kein Äquivalent zum Napoleon-Komplex der kleinen Männer. 

Erzählt doch mal!

Eure Männer

Die Antwort:

Liebe Männer,

zuerst mal: Als 1,87 Meter große Frau wurde ich schon deutlich öfter von kleinen Männern angemacht, als manche vielleicht erwarten. Aber: Uns großen Frauen fliegen die Männer trotzdem nicht gerade zu. Manchmal fühlt es sich an, als ob es für uns nur zwei Optionen gibt: Supermodel oder Sportlerin. Beides nicht gerade leicht zu erreichen, obwohl ich als Sportlerin zugegebenermaßen ins Klischee passe.

In Deutschland liegt die Durchschnittsgröße bei Frauen bei 1,66 – was wahrscheinlich meiner Schulterhöhe gleichkommt. Ich glaube schon, dass ich mit meinen 1,87 Metern beim Dating teilweise kategorisch aussortiert werde. Damit habe ich mich aber abgefunden – mir geht es da ja ähnlich mit Männern, die zum Beispiel viel dünner als ich sind. An sich wären eure durchschnittlichen 1,80 Meter nämlich kein Problem für mich. Es kommt mir nicht auf die genaue Körpergröße an, aber ich achte darauf, ob unsere allgemeinen Maße zusammenpassen. Wenn ein Mann nur der Hälfte meines Körpervolumens entspricht, wäre ich schon zögerlich. Bisher waren die meisten meiner bisherigen Partner allerdings etwas größer als ich – manche aber auch etwas kleiner. 

Das war vor allem in meiner Jugend ein Problem. Die meisten Jungs erleben ihren pubertären Wachstumsschub etwas später als Mädchen. Ich war also schon damals deutlich größer als der Durchschnitt bei allen Geschlechtern. Außerdem bedeutet Größe oft auch mehr Gewicht – das ist mir heute egal, als Teenagerin aber nicht. Wenn man zehn bis zwanzig Zentimeter größer ist, wiegt man eben auch locker mal zehn bis zwanzig Kilo mehr. Neben Freundinnen, die 50 Kilo wogen und von Jungs quasi mit einer Hand hochgehoben wurden, fühlte ich mich früher immer weniger feminin. Also machte ich das, was viele große Mädchen und Frauen machen: Bloß keine hohen Schuhe anziehen, um nicht an den zwei Metern zu kratzen, ständig krumm stehen, um doch noch ein paar Zentimeter abziehen zu können. Jahrelang trug ich meine Haare sehr lang – um die vermeintlich unweibliche Größe auszugleichen.

Doch je älter man wird, desto weniger ist die Größe ein Thema

Als Teenagerin dachte ich, jede Ablehnung hätte was mit meiner Größe zu tun. Doch je älter man wird, desto weniger ist die Größe ein Thema. Zum Glück. Auch heute fühle ich mich ab und zu noch wie ein Trampeltier, wenn ich nicht in Kleidung oder Flugzeugsitze passe. Doch den Männern, die mir genau das vermitteln, trauere ich schon lange nicht mehr hinterher. Meiner Erfahrung nach gibt es genug von euch, denen meine Größe egal ist – oder die sie sogar wertschätzen. Und an die von euch, die noch nie mit einer größeren Frau zusammen waren: Frauen können auch gute große Löffel sein. 

Mittlerweile nutze ich meine Größe sogar absichtlich, um gesehen zu werden. Das würde ich allen großen Mädchen raten, deren Automatismus es ist, sich zu verstecken. Wir werden sowieso angeschaut, ob wir es wollen oder nicht. Dann soll man sich gefälligst an uns erinnern. Auch im Job kann das praktisch sein. Sagen wir mal so: Manchmal ist es schön, wenn Chef*innen zu dir hochschauen müssen.

Ciao!

Eure Giraffen

Hinweis: Die große Frau, die hier spricht, ist keine Journalistin und wurde von unserer Autorin Lillith protokolliert. Sie möchte anonym bleiben, ist der Redaktion aber bekannt. 

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