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Hetero-Männer, reizt euch Reizwäsche?

Beim Wort „Reizunterwäsche“ schüttelt es unseren Autor zwar – für schöne Unterwäsche ist er aber dennoch zu haben.
Illustration: Daniela Rudolf-Lübke

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Liebe Hetero-Männer,

ich hatte mal einen Freund, der war gegenüber eines Sexshops aufgewachsen. Das gefiel ihm, denn ihm gefiel, was er darin sah. Er mochte es auch als Erwachsener noch, daran vorbei zu schlendern, einen Katalog mitzunehmen und ihn dann daheim durchzublättern. An seinem Beispiel lernte ich früh: Egal ob Negligé, Strapsen oder einfach ein simpler Spitzen-BH – Männer erregt wohl, wenn Frauen sich in „sexy“ Stoffe hüllen. Aber kann man das so pauschal sagen? Das frage ich mich inzwischen.

Seither ist nämlich viel Zeit vergangen. Und während meine Vorliebe für schöne Wäsche geblieben ist, sind mir inzwischen noch ganz andere Exemplare von Sexpartnern begegnet. Vor allem solche, bei denen ich nicht das Gefühl hatte, dass es etwas ändert, ob ich nun einen XXL-Schlüpper, einen knappen Tanga oder einen Spitzen-Slip trage. Kommentiert hat meine Wäsche jedenfalls schon lange mehr niemand. 

Ist das Wichtigste an Unterwäsche, dass sie schnell auszuziehen ist? 

Nicht, dass die fehlende Bestätigung mich abhalten würde, schöne Wäsche zu tragen. Ich trage sie zwar nicht nur, aber vor allem für mich selbst. Wenn man erstmal die richtige für sich gefunden hat, kann sie sehr bequem sein – und schön finde ich sie eben auch. Trotzdem frage ich mich manchmal, ob ihr überhaupt merkt, wenn euer Gegenüber sich die Mühe macht, auch halb ausgezogen noch schön verpackt zu sein.  

Also wie seht ihr das nun: Ist das Wichtigste an Unterwäsche, dass sie schnell auszuziehen ist, wenn es hitzig wird? Stört euch dann sogar, wenn gerade die besonders spannenden Körperstellen noch von Negligé oder Satin-Höschen bedeckt sind? Oder wünscht ihr euch durchaus textile Hingucker, wenn wir mit euch intim werden? Wenn ja: Was reizt euch daran? Und warum tragt ihr selbst keine? 

Eure Hetero-Frauen

Die Antwort:

Liebe Hetero-Frauen,

als ich das Wort Reizwäsche gelesen habe, habe ich erstmal ein bisschen die Nase gerümpft. Vor meinen inneren Auge zündeten des Abends in einem Vorstadt-Reihenhaus eine Sabine und ein Clemens Vanille-Duftkerzen an und legten Bon Jovi auf, bevor dann mit viel Augenbrauengewackel unter dem Bademantel das spitzenbestickte Stoff-Pendant einer Schwarzwälder Kirschtorte zum Vorschein gebracht und mit einem kennerhaften „Boah, Mensch, das ist ja scharf du!“ kommentiert wurde. Während beide ahnten, dass ihre Ehe nicht mehr zu retten ist.

Eieiei. Nein, bei „Reizunterwäsche“ graust’s mich. „Reizunterwäsche“ fällt in die gleiche Kategorie wie Schunkelrunde und Schampus. Wer sie sieht, den plärrt sie dummdreist an: „Achtung, jetzt wird’s seksie!“ 

Nach einer hochernsten Recherche habe ich Reizwäsche gefunden, die ziemlich gut aussah

Aber vielleicht habe ich da auch nur veraltete Vorstellungen. Geprägt von einer Kindheit, in der es in Videotheken Sonderabteilungen für Schmuddelfilmchen gab. Nach einer hochernsten, schwer journalistischen Recherche habe ich jedenfalls tatsächlich irgendwann Reizwäsche gefunden, die ziemlich gut aussah. Die heißt aber nicht mehr Reizwäsche, sondern Lingerie, Dessous oder einfach Unterwäsche. Subtile, lässig-ironische, weird-entspannte, rattenhotte Unterwäsche.

Dazu rufen wir Männer (zumindest die mit meinem hervorragenden Modegeschmack) schunkelnd und im Chor: Jawohl! Jawohl! Jawohl! Und solche Lingerie kann man dann auch durchaus in einem Kontext zeigen, in dem es nicht unmittelbar um GV geht. Zum Beispiel wenn ihr euch, als ob nichts wäre, in einem Nichts aus Neon ein Bier aus dem Kühlschrank holt oder gedankenverloren im Berghain-Bänder-Harnisch am Fenster eine Zigarette dreht. Mmhh … 

Aber ja, unter anderen Umständen, wenn man mal richtig Bock hat, jetzt ganz, ganz dringend die Geschlechtsorgane in- und miteinander zu verwurschteln, dann ist diese zweite, frivolere Schicht Klamotten unter der ersten nicht unbedingt ein Grund, ehrfürchtig innezuhalten und wie ein Bub mit großen Augen vorm Beate-Uhse-Laden zu staunen. Andererseits habe ich aber schon von Männern gehört, die sich wünschen, dass ihre Partnerin auch beim eigentlichen Akt Strapse und Mieder anhat. Und wenn ich so drüber nachdenke – ja, kann man schon machen. Grundsätzlich kann man aber ja auch schon vor der Unterwäsche ganz gut einschätzen, ob man einen Menschen nackt heiß findet. Das fällt einem nicht erst bei einer bestimmten Art von Schlüpfer urplötzlich ein. 

Mal ganz abgesehen davon macht ein guter, durchdachter Modegeschmack (also in Bezug auf die erste Klamotten-Schicht) an sich ja meist schon attraktiv. Wenn dann unter einem schlichten Vintage-Hemd und legeren Culottes noch ein bestickter, superwilder Tanga wartet, kann das aufgesetzt und unglaubwürdig wirken. Vielleicht aber auch nicht. Macht doch mal.

Wenn ihr wollt, dass wir reizende Wäsche tragen, schenkt uns doch welche

Selbst tragen tun wir übrigens keine, weil sich das wohl irgendwie so etabliert hat – die Frau ist der aufwendig garnierte Leckerbissen, bereit für den Konsum durch den Mann. Patriarchat und so. Wenn ihr wollt, dass wir sowas tragen, schenkt uns doch was – ich bin mir sicher, den meisten Männern würde es schmeicheln, wenn ihr Körper es wert ist, ein bisschen verziert zu werden.

Fazit: Reizunterwäsche im klassischen Sabine-Clemens-Style zum Beziehung aufpeppen bringen uns zum Erschaudern. Ansonsten: Reizwäsche immer und überall! Vor allem, wenn ihr euch darin wohl fühlt. Dann wirkt sie nämlich mittels signalisiertem Selbstbewusstsein umso verheißungsvoller und verruchter. Und wenn ihr euch nicht sicher seid und einen kinky Spaß plant – fragt uns einfach. Oder geht mit uns zusammen shoppen. Vorspiel in der Umkleidekabine und so.

Augenbrauenwackelnd,

eure Hetero-Männer

Unsere Autor*innen wollen nicht, dass alle Leser*innen wissen, welche Wäsche sie tragen oder mögen – deswegen bleiben sie hier anonym. 

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