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Das Hashtag #dichterdran zeigt, wie sexistisch Literaturkritik ist

Das Gemälde zeigt eine Geschichte von Johann Wolfgang von Goethe. Seine Frau Christiane Vulpius schrieb auch – man kennt sie trotzdem vor allem als Goethes Frau, nicht als Schriftstellerin.
Foto: Süddeutsche Zeitung Photo

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Sexismus ist ein bunter Blumenstrauß von gesellschaftlichen Problemen. Da gibt es die vollen Blüten der strukturellen Benachteiligung, (etwa Einkommensunterschiede zwischen den Geschlechtern), die zarten Knospen des sprachlichen Sexismus' (die ausschießliche Benutzung des generischen Maskulinums etwa) und – neben anderen Ausprägungen – den sozialen Sexismus: Dinge, die wir denken und sagen, ohne überhaupt zu checken, dass sie sexistisch sein könnten. Antrainiert durch Sozialisation, oft beruhend auf einem Frauenbild, das gesellschaftlich eigentlich schon lange passé ist.

                         

Eine Ansammlung von Beispielen hierfür findet sich unter dem Hashtag #dichterdran. Hier sammelten Twitter-User und -Userinnen Beispiele, wie es klingen würde, wenn in Buch-Kritiken über Autoren im gleichen Stil geschrieben werden würde, wie das oft bei Autorinnen der Fall ist. Warum das irgendwie lustig ist, versteht man, wenn man sich allein nur eine dieser Spaß-Rezensionen anschaut:

Gestartet war der Trend mit einem  Tweet der Schweizerin Nadia Brügger. Der 28-jährigen Doktorandin der Literaturwissenschaft war beim Lesen einer Literaturkritik aus dem Tagesanzeiger, eine Schweizer Tageszeitung, der Kragen geplatzt. Besonders die Beschreibung der Äußerlichkeiten der Autorin Sally Rooney fiel Brügger auf: Sie sehe aus „wie ein aufgeschrecktes Reh mit sinnlichen Lippen“, schrieb der Buchkritiker.

 „Es ist eigentlich so gewöhnlich, die Empörung darüber ist schon lange da. Der Sexismus im Literaturbetrieb ist alltäglich, er gehört zur Berichterstattung“, sagt Brügger gegenüber jetzt. Das Problem sei, dass das Schreiben und Wirken von Frauen immer noch nicht mit der gleichen Selbstverständlichkeit in die Öffentlichkeit getragen werde, wie das der männlichen Kollegen.

Als Antwort auf ihren Tweet machte die Journalistin Simone Meier sich darüber lustig, wie es klingen würde, wenn man Gleiches über männliche Autoren schreiben würde. Und es fällt auf: Selbst wenn einem der „sinnliche Schmollmund“ keine echte Wut, sondern nur ein Augenrollen abverlangt, so fühlen sich ähnliche Beschreibungen über männliche Autoren schlicht falsch an – oder zumindest sehr sehr ungewohnt.

Es gibt wohl tatsächlich einige Menschen, bei denen sich über das Thema schon eine ordentliche Portion Frust angestaut hat. Und so wird anhand bekannter und angesehener Schriftsteller wie Thomas Mann, Berthold Brecht oder Nick Hornby exemplarisch gezeigt, wie herablassend und sexualisiert sonst über Autorinnen geschrieben wird.

Aber nicht alle Hoffnung ist verloren: Als eine mögliche Maßnahme gegen Sexismus im Literaturbetrieb schlägt Nadia Brügger vor, dass es mehr weibliche Buchkitikerinnen geben solle. So könne man zumindest die männliche Monoperspektive auf Literatur und Literaturschaffende durchbrechen und vielfältigere Ansichten darstellen.

mpu

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