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6640 Euro brutto für die Mathematikprofessorin

Foto: Privat / Bearbeitung: jetzt

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Wie hast du deine Begeisterung für Mathematik festgestellt?

Schon in der Schulzeit habe ich gemerkt, dass mir Mathematik im Gegensatz zu anderen Fächern sehr leichtfällt. Jedoch war ich von dem Schulstoff eher gelangweilt. Wirklich Interesse für Mathematik habe ich erst entwickelt, als ich im Teenageralter an Mathematikwettbewerben, wie dem Bundeswettbewerb für Mathematik oder der Mathematik-Olympiade, teilgenommen habe. Die Aufgaben, die dort gestellt wurden, waren herausfordernder für mich. Besonders fasziniert hat mich, dass man in der Mathematik immer ein logisches Problem hinterfragen muss, um die Lösung dahinter zu finden. Mit 14 Jahren habe ich dann neben der Schule an einem Förderprogramm der Universität Bonn teilgenommen und ein Juniorstudium im Bereich Mathematik begonnen. In der Regel lief das so ab, dass ich vormittags die Vorlesungen an der Uni besucht habe und im Anschluss in die Schule gegangen bin. Nachmittags habe ich Übungsaufgaben – in der Mathematik spricht man von Tutorien - erledigt. Natürlich war meine Woche dann schon recht voll, aber da ich mich davor in der Schule eher gelangweilt habe, war ich froh, etwas zu lernen, was mir dann auch wirklich großen Spaß bereitet. Das zusätzliche Juniorstudium war also mehr ein Hobby für mich, einen Leistungsdruck habe ich dagegen nie verspürt. Außerdem haben mich meine Eltern, die beide auch Mathematiker sind, sehr unterstützt. Als ich dann schließlich mein Abitur absolviert habe, hatte ich gleichzeitig auch mein Vordiplom in der Tasche.

Wie wurdest du Mathematik-Professorin?

Während meiner Zeit an der Uni habe ich selbst andere Schüler in Vorbereitung für Mathematikwettbewerbe unterrichtet und großen Gefallen an der Lehrtätigkeit gefunden. Mir erschien es eine gute Idee, Professorin zu werden und so nicht nur lehren, sondern auch selbst forschen zu können. In der Regel gibt es zwei Optionen, um Professor werden zu können. Entweder man schlägt den längsten akademischen Werdegang ein, den man mit der Habilitation abschließt. Damit darf man an deutschen Hochschulen den Titel Privatdozent tragen und selbstständig lehren und forschen. Für diesen Weg entscheiden sich allerdings eher wenige: 2018 haben zum Beispiel nur 1529 Akademiker ihre Laufbahn mit einer Habilitation abgeschlossen. Das Mindestalter der Absolventen liegt übrigens bei etwa 40 Jahren. Eine etwas leichtere und schnellere Alternative, um den Beruf ausüben zu dürfen gibt es seit 2002: Die Stelle als Juniorprofessor. Diesen Weg habe auch ich eingeschlagen. Dafür muss man auch zumindest promoviert haben und dann noch ein paar Jahre Berufserfahrung als Post Doc sammeln, um sich dann zunächst auf eine Stelle als Juniorprofessor bewerben zu können. Ich war nach meiner Doktorarbeit als Post Doc an der New York University tätig. 2019 habe ich dann schließlich meine erste Stelle als Juniorprofessorin an der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz angetreten. Ein knappes Jahr später habe ich meine W2-Professur erhalten. In der Regel wird nämlich man erst als Juniorprofessor eingestellt, bevor man sich für eine W2-oder W3-Professur bewerben kann und dann verbeamtet wird. Es ist außerdem üblich, dass Juniorprofessoren sich erst auf eine W2-Professur bewerben können, wenn der Vorgänger dieser Professur in Ruhestand geht. Ob man dann aber tatsächlich eine Professur bekommt, entscheidet nochmal eine zehnköpfige Berufungskommission.

Wie ist dein Verhältnis zu den Studenten, die ungefähr im gleichen Alter sind wie du?

Tatsächlich kommt es vor, dass ich hin und wieder von Studenten für eine Kommilitonin gehalten werde. Mein Empfinden ist aber, dass die Studierenden es in der Regel ganz gut finden, so eine junge Professorin zu haben. Ich denke, das liegt daran, dass ich weniger angsteinflößend wirke und auch mehr Verständnis für ihre Situation und ihre Probleme aufbringen kann. Trotzdem werde ich aber natürlich gesiezt und als Lehrende betrachtet. Es ist auch gar nicht mein Ziel, Freundschaften mit Studenten aufzubauen. Ich bin ja auch diejenige, die die Noten verteilt und damit eine gewisse Objektivität wahren muss.

Wie viel verdienst du im Monat brutto?

Mein monatliches Bruttogehalt als Mathematikprofessorin mit W2 Besoldung beträgt aktuell 6640  Euro und besteht aus einem fixen Grundgehalt von 5980 Euro und Leistungszulagen in Höhe von 660 Euro. In das Grundgehalt fließen verschiedene Faktoren mit ein. So verdienen Juniorprofessoren beispielsweise weniger als verbeamtete Professoren mit einer W2- oder W3-Besoldung. Aber auch je nach Bundesland fällt das Gehalt unterschiedlich aus. Am meisten verdient man zum Beispiel als Professor in Bayern oder Hessen. Ich lehre und forsche an der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz und werde demnach nach der W-Besoldung des Bundeslandes Rheinland-Pfalz bezahlt. Von meinem Bruttogehalt bliebt mir nach den Abzügen dann ein Nettolohn von 4600 Euro.

Welche Nachteile sind mit deinem Job verbunden?

Ein Nachteil mag sein, dass man auch örtlich sehr flexibel sein muss, wenn man Professor an einer Uni oder Fachhochschule werden möchte. Schließlich sind die Professur-Stellen sehr begrenzt und es ist nicht immer möglich, einen Job in der Stadt seiner Wahl zu bekommen. In der Regel gibt es nur freie Stellen, wenn der Vorgänger in dem Fachgebiet die Universität wechselt oder in Ruhestand geht. Man muss also flexibel sein und auch Ortswechsel in Kauf nehmen. Außerdem kommt es vor, dass man gelegentlich reisen muss, zum Beispiel, wenn man Vorträge besucht oder selbst Seminare hält. Ich selbst sehe es jedoch als Bereicherung, auch andere Orte kennenzulernen und nicht als Nachteil.

Wie reagieren Leute darauf, wenn du erzählst, dass du Professorin an der Uni bist?

Meistens werde ich dann erst einmal gefragt, in welchem Fach ich unterrichte. Viele reagieren dann erstaunt und sagen, dass ich gar nicht wie eine Mathematikerin aussehe. Einige sind außerdem auch sehr überrascht, dass man als junge Frau Mathe macht. Ich lache dann nur, aber ein Stück weit finde ich es auch traurig, dass es gesellschaftlich immer noch nicht als etwas ganz Normales betrachtet wird, wenn man als Frau gut in Mathematik ist. Leider sprechen die Zahlen aber auch für sich. Denn obwohl im Durchschnitt etwa acht von zehn Studenten für Mathematik auf Lehramt weiblich sind, sind Frauen in reinen Mathematikstudiengängen noch deutlich unterrepräsentiert.So gibt es auch eher wenige Frauen, die tatsächlich in Mathematik promovieren und sogar als Professorinnen arbeiten. Das finde ich sehr schade. Insgesamt merke ich aber, dass die Leute auch in gewisser Weise beeindruckt sind, wenn man eine junge Professorin ist. Dahinter steckt neben einem gewissen Talent aber auch jede Menge Arbeit, Durchhaltevermögen, eine hohe Frustrationstoleranz und vielleicht auch ein wenig Glück. Ich hatte insbesondere zu Beginn der Promotion und während des Post Docs öfter das Gefühl, dass es am Ende nicht genug sein wird und habe meine Entscheidung, diesen Karriereweg zu verfolgen, auch in Frage gestellt. Zum Glück haben mir immer wieder Personen in meinem Umfeld, insbesondere der Betreuer meiner Doktorarbeit, Mut zugesprochen und mir vermittelt, dass solche Phasen ganz normal sind. Offen darüber sprechen zu können und zu wissen das es ganz normal ist, hat mir sehr dabei geholfen damit zurecht zu kommen und weiter eine Forschungskarriere zu verfolgen.

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