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Wie zwei Münchner FFP2-Masken für Obdachlose beschaffen

Adi (links) und Philipp (rechts) in ihrer Hood, dem Münchner Stadtteil Sendling.
Foto: privat

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Im Sommer haben sie noch Wein an Menschen ausgeliefert, die keine Ahnung von Wein haben. „Vino Infernale“ hieß ihr aus der Corona-Situation entstandener Lieferdienst. Jetzt haben die beiden Münchner Adi Sadija, 33, und Philipp Hanrieder, 36, eine Spendenkampagne gestartet: Sie wollen FFP2-Masken an Obdachlose und Bedürftige verteilen. Denn seit dieser Woche gilt in ganz Bayern die FFP2-Maskenpflicht im Einzelhandel und in öffentlichen Verkehrsmitteln. Aber die Masken sind teuer, um die vier Euro pro Stück. „Diese Ausgrenzung von Menschen, die sich das nicht leisten können, wollen wir nicht hinnehmen“, sagt Adi im Gespräch mit jetzt

Adi als selbstständiger E-Commerce-Berater, und Philipp, Gastronom und Betreiber der „Spezlwirtschaft“, kommen günstiger an FFP2-Masken als im Einzelhandel: Sie können sie zu Großhandelspreisen kaufen. Ein Vorteil, den sie sich zunutze machen. In ihrem Spendenaufruf appellieren sie an andere Gewerbetreibende, es ihnen gleichzutun: „Kauf die Masken lieber direkt selbst und verteile sie an Menschen, von denen du denkst, dass sie eventuell darauf angewiesen sind, mit einer gewissen Sensibilität.“ Der Aufruf ist erst zwei Tage alt, aber schon jetzt sind über 9000 Euro zusammengekommen.

Adi und Philipp wollen eine unbürokratische, schnellere Maskenversorgung anbieten

Die Abstandsregelungen und Hygienemaßnahmen verschärfen die soziale Isolation vieler Obdachloser. Wärmestuben und Notschlafstätten waren wochenlang geschlossen oder wurden eingeschränkt betrieben. Damit stehen auch Beratungsangebote, warme Duschen und Essen begrenzt zur Verfügung. Jetzt, mitten im Winter, ist das besonders fatal. Die Situation erschwert auch die Arbeit der Obdachlosen-Dienste und Hilfsorganisationen. 

Zwar hat der Freistaat Bayern versprochen, Bedürftigen jeweils fünf kostenlose Masken zur Verfügung zu stellen, was insgesamt mehr als 500 000 Stück sind. Aber es dauert, bis die vom Sozialreferat verteilt werden können. „Für unsere Verwaltung ist die Verteilung ein beispielloser Kraftakt“, erklärte Sozialreferentin Dorothee Schiwy gegenüber der Süddeutschen Zeitung. Die Zusage für die Versorgung sei zu kurzfristig getroffen worden. Und der Verteilungsprozess ist logistisch aufwendig. Die Masken wurden am Dienstag an Sozialbürgerhäuser ausgeliefert, wo die Mitarbeiter*innen sie erst einmal in Briefumschläge verpacken müssen. Dann erst können sie an die Menschen und Einrichtungen geliefert werden, die sie eigentlich schon am Montag, zu Beginn der verschärften Maskenpflicht, gebraucht hätten. 

Adi und Philipp wollten mit ihrer Spendenaktion eine unbürokratische, schnellere Maskenversorgung anbieten: „Wir können einfach schneller agieren und direkt Obdachlose und Leute in Wohnheimen versorgen“, sagt Adi. Die beiden beteuern aber, dass es ihnen mit der Aktion nicht darum geht, Kritik an der Landesregierung zu üben. „Schimpfen ist immer einfacher, als etwas zu tun. Lieber trägt man seinen Teil dazu bei, dass sich etwas verbessert“, so Philipp. Schließlich sei es auch im Sinne der gesamten Pandemie-Bekämpfung, dass alle Menschen Masken tragen können, die sie und andere schützen. Für Obdachlose sei zum Beispiel der Zugang zu U-Bahnstationen besonders bei der Kälte wichtig. Und den hat man wegen der neuen Regelungen nur mit FFP2-Maske. 

Die beiden Münchner hoffen, dass ihre Aktion auch andere inspiriert

Auf die Idee zur Spendenaktion sind Adi und Philipp in ihrem Stadtteil Sendling gekommen. Die beiden kennen sich schon seit der Schulzeit, und sind dort aufgewachsen. Mittlerweile haben sie in Sendling ein gemeinsames Büro, gegenüber der Münchner Tafel. Sie konnten in den vergangenen Wochen dabei zusehen, wie die Warteschlangen dort länger und länger wurden. 

Die erste FFP2-Masken-Lieferung bekommen sie am Mittwoch: 10 000 Stück, von denen sie einen großen Teil sofort und eigenständig ausliefern werden. Ob sie damit schneller sein werden als die Lieferung des Freistaats, ist im Einzelnen nicht klar. In jedem Fall können sie diese aber ergänzen und für einen nachhaltigeren Vorrat sorgen.

Verteilt werden sollen die Masken von der Münchner Tafel, der Obdachlosenhilfe St. Bonifaz, der Männerfürsorge in der Kyreinstraße, einem Frauenhaus und dem Münchner Kältebus. Außerdem wollen Adi und Philipp auch selbst immer Masken dabei haben, falls sie Obdachlosen begegnen. Die beiden Münchner hoffen, dass ihre Aktion auch andere inspiriert, ähnliche Aktionen zu starten – und zwar möglichst bald. Sie haben den Eindruck: Schärfere Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung werden hier umgesetzt, bevor es in anderen Bundesländern passiert. Falls die FFP2-Maskenpflicht also auch andernorts verhängt wird, solle man lieber jetzt schon an Bedürftige und Obdachlose denken. 

fsk

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